Verkehrswende jetzt: Innovation trifft Klimaschutz
Am 20. und 21. Januar versammelt sich der Fachkongress „Kraftstoffe der Zukunft“ in Berlin, um Lösungen für einen klimafreundlichen Verkehrssektor zu diskutieren. Von Biokraftstoffen über E-Fuels bis zu Wasserstoff stehen Innovationen, regulatorische Herausforderungen und die europäische Perspektive im Fokus.
„Klimaschutz tanken, zukunftsfähig unterwegs!“ ist das Motto des diesjährigen Fachkongresses. Die Bedeutung der Veranstaltung zeigt sich dabei nicht nur an den mehr als 600 teilnehmenden Fachleuten aus Industrie, Wissenschaft, Forschung und Politik, sondern auch an dem noch immer sehr hohen Anteil des Verkehrs an den CO₂-Emissionen. Dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr zufolge liegt der Treibhausgasausstoß in Deutschland derzeit im Pkw-Bereich bei 87,6 Millionen Tonnen CO2, kommen die schweren Nutzfahrzeuge zusammen auf 42,1 Millionen Tonnen und die leichten Nutzfahrzeuge auf 12,6 Millionen Tonnen CO2 (Stand 8/2024).
Knapp einen Monat vor der Bundestagswahl am 23. Februar richtet sich die Branche mit ihren Forderungen an die Politik. „Die Biokraftstoffpolitik braucht einen völlig neuen Ansatz, wir benötigen endlich wieder zuverlässige Rückendeckung durch die Politik (…)“, sagt Marlene Mortler, Vorsitzende des Bundesverbands Bioenergie e. V. (BBE), im Vorfeld des Kongresses. Seit mehr als zwei Jahren sei die Branche „mit betrügerischen Biodieselimporten aus China konfrontiert“. „Mit der am 13. November beschlossenen Änderung der 38. Bundesimmissionsschutzverordnung (38. BImSchV) hat das Bundesumweltministerium (BMUV) zwar versucht, auf die stark erodierenden Treibhausgas-Quotenpreise zu reagieren, um so zumindest mittelfristig eine Stabilisierung der Quotenpreise zu erreichen“, kommentierte auch Sandra Rostek (Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie) die aktuellen Herausforderungen. „Doch wesentliche Maßnahmen und vor allem die Bekämpfung der Ursache des Problems bleiben bis heute aus.“
Bereits Ende 2022 gab es erste Hinweise, dass fälschlich als „fortschrittlich“ deklarierter Biodiesel aus China den europäischen Markt überschwemmte. Diese Importe hatten sich von Januar bis April 2023 (674.000 t) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (324.000 t) mehr als verdoppelt. Zuletzt machte die „Initiative Klimabetrug Stoppen“ noch einmal auf gefälschte Upstream Emission Reduction (UER)-Zertifikate und den mutmaßlich falsch deklarierten fortschrittlichen Biokraftstoff aus Palmöl bei einer Demonstration vor dem Paul-Löbe-Haus aufmerksam. Die Falschdeklaration hat entlang der Wertschöpfungskette einen Milliardenschaden verursacht und gefährdet Klimaschutz im Verkehr, da Investitionen in erneuerbare Energien für den Sektor unmöglich gemacht werden.
Biokraftstoffe haben im Jahr 2023 12 Millionen Tonnen CO₂ vermieden. „Sie sind und bleiben damit die wichtigste Säule des Klimaschutzes im Straßenverkehr“, so Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), anlässlich des Ende 2024 veröffentlichten Evaluations- und Erfahrungsberichts der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Zusätzliche CO2-Minderungen durch Biokraftstoffe und E-Fuels sind zwingend erforderlich und realistisch möglich, wenn der Wert für Klimaschutz durch verbesserte Kontrollen der Zertifikate und ambitionierte Ziele wieder steigt.
So startet der Kongress mit der gleichnamigen Session 1 „Klimaschutz tanken – zukunftsfähig unterwegs!“, moderiert von Elmar Baumann (VDB). Gäste sind neben Marlene Mortler der Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Hartmut Höppner und Niels Anspach, Vice President Biofuels Value Chain (BP Europe SE), der beispielsweise einen Input dazu geben wird, wie Biokraftstoffe den Übergang zu Netto-Null in verschiedenen Branchen beschleunigen können.
Neben der Verwendung von Biodiesel und Biomethan vor allem im Bereich der Nutzfahrzeuge ist auch das Potenzial, mehr Klimaschutz zu tanken, im Pkw-Bestand noch nicht ausgeschöpft. Mehr als 90 Prozent fahren hier dem Umweltbundesamt zufolge weiterhin mit fossilem Diesel oder Benzin. Der gewünschte Hochlauf von Elektro- und Hybridfahrzeugen bleibt bisher hinter den Erwartungen zurück. 7,3 Prozent werden derzeit mit Erneuerbaren Energien betrieben, wobei Biokraftstoffe von diesen 7,3 Prozent mehr als 80 Prozent ausmachen. Ohnehin müssen alle technischen Lösungen genutzt werden – erneuerbare Kraftstoffe und E-Mobilität sind natürliche Partner.
Neben dem deutschen Markt zieht die erste Session zudem einen Bogen zum europäischen Verkehrssektor. Claire Couet, Business Development Manager (SGS Inspire), wird in der 1. Session beispielsweise einen Ausblick auf 2030 geben. Jörg Hübeler (Head of Market Development SAF & HVO der Neste Germany GmbH) und Dr. Lars Menger, Technischer Projektleiter (BMW Group), sprechen mit den Teilnehmern über Potenziale und Ambitionen für erneuerbare Energieträger mit Blick auf die RED-III-Umsetzung in Europa. Prof. Dr.-Ing. Christian Küchen (Hauptgeschäftsführer en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie e. V.) richtet den Blick auf „Regulatorische Hemmnisse für Investitionen in innovative Technologien für grüne Moleküle“.
Eine Session zur Qualitätskontrolle und Zertifizierung von erneuerbaren Kraftstoffen, eine Podiumsdiskussion, unter anderem mit Oliver Grundmann (MdB), ein Nachwuchsförderwettbewerb und der Abendempfang runden den ersten Tag des Kongresses ab. Tag zwei der Veranstaltung bietet 12 weitere Sessions zu Themen wie erneuerbare Treibstoffe in der Luftfahrt, Wasserstoff, Biokraftstoffe in der Schifffahrt und E-Fuels.
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