Subventionen: Statt Vierräder lieber Zweiräder fördern


auto_rad_kollage_72dpiDeutschlands Autokonzerne fahren Milliardengewinne ein, doch die Branche ist seit dem Bekanntwerden der Diesel-Manipulationen im permanenten Krisenmodus. Mit der Inhaftierung von Audi-Chef Rupert Stadler einerseits und den neuen Vorwürfen gegen Opel andererseits sorgte der Abgasskandal in den vergangenen Wochen weiterhin für ein starkes Medienecho. Zugleich rücken die fehlenden Fortschritte, die Energiewende auf die Straße zu bringen, zunehmend in den Fokus der Medien. Denn an staatlichen Fördermitteln für Pkw mit neuen Antrieben fehlt es nicht: Von den zum Kauf von reinen E-Autos und Hybrid-Pkw verfügbaren Bundeszuschüssen in Höhe von 600 Millionen (Mio.) Euro wurde laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis Ende Juni 2018 in den ersten zwei Jahren mit rund 100 Mio. Euro erst ein Sechstel abgerufen. Der Volksfreund aus Trier spricht angesichts dieser BAFA-Zwischenbilanz vom „Ladenhüter Elektroauto-Prämie“. Trotz des Abgas-Skandals und erster Fahrverbote für Diesel zünde die Prämie für Elektroautos auch zwei Jahre nach ihrer Einführung nicht richtig. Immerhin habe sich die Zahl der Anträge im zweiten Jahr des Umweltbonus gegenüber dem ersten Jahr verdoppelt. Im globalen Maßstab betrachtet das Handelsblatt die E-Auto-Subventionen. So kommentiert Matthias Streit unter dem Titel „Elektroantrieb mit Förderturbo“, dem Hype ums Elektroauto verschafften weltweite Subventionszahlungen einen ordentlichen Schub. Elektroautos seien den Verbrauchern schlicht zu teuer. Das zu ändern sei aber nicht Aufgabe der Politik. Von den Subventionen profitierten letztlich nur die Unternehmen – und vielleicht noch deren Aktionäre.

Kritik an Wasserstoffförderung

Ist bei der batterieelektrischen Pkw-Mobilität die bisher fehlende Breitenwirkung der Fördermittel in der Kritik, so monieren Martin Seiwert und Benedikt Becker in der Wirtschaftswoche unter dem Titel „Wie die Geisterfahrer“ die Unterstützung der Bundesregierung für die Wasserstoff-Technologie. Sie werten diese Unterstützung als Ablenkungsmanöver, „getreu dem Motto: Wenn alle über Wasserstoffautos reden, vergessen sie, dass Deutschland bei der Schlüsseltechnik des E-Autos - der Batteriezelle - den Anschluss verloren hat“. Für die Autoren ein „industriepolitisches Fiasko, das neben der Autoindustrie auch die Bundesregierung zu verantworten hat, weil sie seit Jahren die Weichen falsch stellt“. An einen Markthochlauf von Brennstoffzellenautos nach der Errichtung weiterer Dutzender Wasserstofftankstellen glauben die Wirtschaftswoche-Autoren nicht. Zudem haben sie umweltpolitische Bedenken. Die Herstellung des Wasserstoffs verschlinge Unmengen Energie. „Zu rechtfertigen wäre die Verschwendung nur, wenn dafür grüner Strom gebraucht und im Überfluss vorhanden wäre“, meinen Seiwert und Becker.

Berlin will Lastenräder

Während bereitstehende staatliche Fördermittel im Pkw-Bereich also nach Abnehmern suchen, finden viel bescheidenere Förderbudgets für Zweiräder reißenden Absatz. Wie der rbb berichtet, war der Förderetat des Berliner Senats für Investitionshilfen beim Kauf von Lastenrädern schon wenige Stunden nach dem Start Anfang Juli ausgeschöpft. „Wer jetzt leer ausgegangen ist, kann es im nächsten Jahr wieder versuchen“, so das lakonische Resumee des rbb. In dem neuen Programm können Interessenten – Privatleute wie Gewerbetreibende – rund ein Drittel ihres Kaufpreises erstattet bekommen, allerdings maximal 500 Euro für ein Lastenrad ohne Motor und 1.000 Euro für ein Elektro-Modell. Der Senat hatte angekündigt, dass bei der Förderung rund 90.000 Euro für private Antragsteller zur Verfügung gestellt würden, womit laut rbb etwa 90 Lastenräder und zusätzlich 45 E-Lastenräder bei Beantragung der vollen Fördersumme unterstützt würden. Weitere 40.000 Euro hatte die Berliner Regierung für Nutzergemeinschaften eingeplant sowie 70.000 Euro für gewerbliche oder freiberufliche Antragsteller.

Mehr als ein Pkw pro Haushalt in Deutschland

Während also gerade in Großstädten viele Menschen zum Umstieg auf Alternativen zum Auto bereit sind, prägt der Pkw nach wie vor die Mobilität der Deutschen. Denn mittlerweile gibt es statistisch gesehen mehr als einen Pkw pro Haushalt, wie erste Ergebnisse der großen Studie Mobilität in Deutschland ergeben haben, die infas vorgelegt hat. Das ist nicht ohne Folgen geblieben: Mittlerweile sind die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors in Deutschland 2017 auf 171 Millionen Tonnen gestiegen – das höchste Niveau seit 15 Jahren, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hervorgeht. Die Energiewende auf die Straße bringen, das bleibt Aufgabe und Herausforderung für Klimaschutz und Wirtschaft. Bei ihrer gleichnamigen Konferenz wird die Agentur für Erneuerbare Energien das Thema am 12. November 2018 in der Hessischen Landesvertretung in Berlin auf die Tagesordnung setzen.

Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht.