Showlaufen oder echter Gestaltungswille?
Während in Großbritannien die Zahl der Corona-Infizierten wieder drastisch steigt, laufen die Vorkehrungen für die Klimaschutzkonferenz COP26 in Glasgow auf Hochtouren. Das ist kein unerheblicher Umstand, stellt sich doch die Frage, ob das Zusammenkommen von 25.000 Menschen derzeit nicht doch riskant ist. Sicher, beim Fußball spielt das natürlich keine Rolle, aber bei Konferenzen darf die Frage zumindest gestellt werden. Tatsächlich haben viele Entwicklungsländer darauf bestanden, dass die COP26 in Präsenz stattfindet, weil sie fürchten, dass ihre Stimmen aufgrund einer unbeständigen Zoom-Verbindung zu einfach „ignoriert“ werden könnten, so BBC-Korrespondent Matt McGrath.
Viele Entwicklungsländer sind bereits vom Klimawandel bedroht und damit auf ein schnelles Handeln angewiesen. Hier zeigt sich, wie auch bei den Überschwemmungen in Deutschland vom Sommer, welche Folgen der Klimawandel mit sich bringen kann. Und das ist erst der Anfang. Ein Weckruf war der IPCC-Klimasachstandsbericht vom August dieses Jahres. Eine der Kernaussagen war, dass die Erderwärmung um 1,5 Grad bereits 2030 droht und nicht, wie zuvor angenommen, „erst“ 2040. Die Zeit, die wir haben, um die Erwärmung abzumildern, ist also deutlich geringer geworden. Simone Peter, Präsidentin Bundesverband Erneuerbare Energie e.V., bezeichnet den IPCC-Bericht als „deutliche Warnung, dass einschneidende Wendepunkte für das Klima bevorstehen und jetzt dringend Maßnahmen ergriffen werden, um die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen“. Und die öffentliche Debatte und die Mobilisierung würden natürlich nicht völlig wirkungslos an den Verhandelnden vorbeigehen, so Peter der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). „Trotzdem sehe ich da eher eine graduelle als eine qualitative Bewegung.“
Ebenfalls nicht unerheblich dürfte auch der aktuelle Bericht der Weltwetterorganisation (WMO) sein. Dieser zeugt von einem neuen Rekord von CO2 in der Atmosphäre. Somit lag der neue Höchstwert 2020 bei 413,2 ppm (Teilchen pro Million Teilchen) – 149 Prozent des vorindustriellen Niveaus. 2019 waren es 410,7 ppm. Der Bericht enthalte „eine klare, wissenschaftliche Botschaft für die Verhandlungsführer des Klimawandels auf der COP26“, sagte WMO-Generalsekretär Prof Petteri Taalas. „Bei der gegenwärtigen Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen werden wir bis zum Ende dieses Jahrhunderts einen Temperaturanstieg erleben, der weit über den Zielen des Pariser Abkommens von 1,5 bis 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegt. Wir sind weit vom Weg abgekommen.“
Gründe und wissenschaftliche Rückendeckung gibt es anlässlich der Klimakonferenz für die Teilnehmenden also eigentlich in ausreichender Fülle. „Es ist gut, dass in einem ersten Schritt im Finanzierungsplan die Zusagen offenbar jetzt gesichert sind, aber die Mittel müssen global perspektivisch deutlich aufgestockt werden“, sagt Simone Peter auf die Frage, wie eine erfolgreiche Klimaschutzkonferenz aussehen könnte. „Auch müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die globalen Emissionen bis 2030 zu halbieren.“ Demnach müssten alle nationalen Klimaschutzpläne (NDCs) sofort aktualisiert und erhöht werden. Dies gelte insbesondere für den europäischen NDC, um eine Treibhausgasneutralität bis 2040 anzustreben. „Je mehr Staaten sich für ein Ende von fossilen Emissionen deutlich vor 2050 – vor allem von den Industriestaaten – öffnen, desto besser“, so Peter weiter. Deutschland kann sich hier nicht ausnehmen. „Deutschland muss auf dem Klimagipfel in Glasgow im November robuste Regeln für die Umsetzung von Paris verhandeln und selbst mit ehrgeizigem Klimaschutz und soliden Beiträgen zur internationalen Klimafinanzierung vorangehen“, fordert auch Rixa Schwarz, Teamleiterin für internationale Klimapolitik bei Germanwatch im Gespräch mit der AEE. Dies sei notwendig, um Entwicklungsländer beim Klimaschutz, der Anpassung an Klimafolgen und der Bewältigung von klimabedingten Verlusten und Schäden zu unterstützen.
Zwar schafft es die neue Regierungskoalition noch nicht, bei der Klimaschutzkonferenz als neue Vertreter Deutschlands zu agieren, doch die richtige Arbeit im Sinne der COP26 beginnt erst nach der Konferenz. „Die neue Bundesregierung sollte deshalb mit einem Sofortprogramm Klimaschutz zeigen, dass sie den Weg zur Klimaneutralität jetzt einschlagen will – mit Erneuerbaren Energien als zentralem Klimaschutzmotor“, erläutert Peter.
Uniting the world to tackle climate change – heißt es von Seiten der Klimaschutzkonferenz. In unser aller Sinn, bleibt zu hoffen, dass es gelingt.
Pressekontakt:
Agentur für Erneuerbare Energien e.V.
Anika Schwalbe
Tel: 030 200535 52
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