Klimaschutz in der Landwirtschaft
URSACHE, BETROFFENE UND LÖSUNG ZUGLEICH
Der Klimawandel betrifft die Landwirtschaft in mehrfacher Hinsicht. 2020 trug sie rund neun Prozent zum deutschen Treibhausgasausstoß bei. Damit ist sie zwar nicht die größte, aber dennoch eine bedeutende und nur langsam schrumpfende Quelle für Klimagase. Den Hauptanteil der Treibhausgasemissionen machen CO₂-Emissionen aus entwässerten, als Acker und Grünland genutzten Moorböden sowie Methan und Lachgas aus, welche aus der Tierhaltung und stickstoffhaltig gedüngten Böden stammen. Diese sind um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO₂.
Andererseits leisten Landwirt*innen wertvolle Beiträge, um CO₂-Emissionen zu vermeiden: Mit Bioenergie ersetzen sie fossile Energieträger für Strom, Wärme und Kraftstoffe. Mit Böden, Wäldern und Mooren bewirtschaften sie natürliche Kohlenstoffsenken. Schließlich ist die Landwirtschaft betroffen vom Klimawandel wie kein weiterer Wirtschaftssektor. Steigende Temperaturen, Trockenheit und Überschwemmungen gefährden etablierte Formen von Ackerbau, Tierhaltung und Forstwirtschaft. Der Weltklimarat warnt in seinem neuen Sachstandsbericht genau vor diesen Starkwetterereignissen als Folge des Klimawandels.
Die Bundesregierung plant in ihrem Klimaschutzprogramm, bis 2030 die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft um 65 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Ab 2020 müssten diese dafür um zehn Millionen Tonnen zurückgehen.
STICKSTOFFEINTRÄGE SENKEN
Im Ackerbau fördern Stickstoffdünger das Pflanzenwachstum und sorgen für eine ertragreiche Ernte. Stickstoffüberschuss führt jedoch dazu, dass klima-, umwelt- und gesundheitsschädliche Stickstoffverbindungen wie Lachgas und Ammoniak in die Atmosphäre entweichen. Zudem können Nitrate das Grundwasser belasten, was mit den kommunalen Aufgaben des Gewässerschutzes und der Trinkwassergewinnung kollidieren kann.
Um Stickstoffemissionen zu vermeiden, gibt es mehrere Ansätze: Insbesondere die gasdichte Lagerung von Gülle und Mist sowie technische Verfahren, den Dünger bedarfsgerecht und direkt in den Boden einzuarbeiten (z.B. Schlitzverfahren, Strip Till-Verfahren).
WIRTSCHAFTSDÜNGER VERGAREN
Wirtschaftsdünger – also Exkremente aus der Tierhaltung – sind ein klassisches Beispiel für Kreislaufwirtschaft. So wird seit Jahrtausenden ein Teil der Nährstoffe, die die Tiere über das Futter aufgenommen haben, auf die Felder ausgebracht und an den Boden zurückgegeben. Allerdings entweichen aus Gülle und Mist auch große Mengen klimaschädlichen Methans. Durch Vergärung in einer Biogasanlage können die Emissionen um bis zu 60 Prozent verringert werden, während die Nährstoffe im Gärprodukt sogar noch besser verfügbar für die Pflanzen sind. Das gewonnene Biogas ist ein flexibler Alleskönner für die Erzeugung von klimafreundlichem Strom, Wärme oder Kraftstoff und wird je nach Zweck unterschiedlich gefördert.
KLIMAFREUNDLICHE TIERHALTUNG
Die Tierhaltung ist für fast 40 Prozent der landwirtschaftlichen Emissionen verantwortlich. Vor allem die Verdauung von Wiederkäuern wie Milchkühen und Rindern sowie die Lagerung ihrer Exkremente (⇒Wirtschaftsdünger) verursachen Methanemissionen. Während viel über Fleischverzicht für den Klimaschutz diskutiert wird, gibt es auch jenseits davon vielfältige Ansätze. Schon die effizientere Fütterung mit höherer Qualität und weniger Verlusten hilft, die Emissionen der Futterbereitstellung zu reduzieren. Futterzusätze und Vorfermentierung mindern die Methanentstehung im Pansen der Rinder. Auch eine höhere Lebensdauer von Milchkühen durch artgerechte Haltung und verbesserte Tiergesundheit sorgt für niedrigere Emissionen je Liter produzierter Milch. Die Beweidung durch Tiere hilft zudem, mehr Kohlenstoff im Dauergrünland zu speichern. In der Stallhaltung helfen Mistverarbeitungssysteme dabei, die tierischen Ausscheidungen zügig abzutransportieren sowie Urin und Festmist zu trennen, damit weniger Ammoniak entsteht.
NATÜRLICHE KOHLENSTOFFSENKEN
Rund 46 Prozent der Landesfläche Deutschlands wird heute landwirtschaftlich genutzt, weitere 32 Prozent sind Waldfläche. Diese enormen Flächen beinhalten großes Potenzial als natürliche Kohlenstoffsenke. Denn prinzipiell binden Pflanzen beim Wachstum Kohlenstoff aus der Luft. Landwirt*innen haben verschiedene Möglichkeiten, diesen langfristig in den Böden oder im Holz zu fixieren und so den Treibhauseffekt zu bremsen. Auch wiedervernässte Moore sind nicht für die Landwirtschaft verloren, denn Paludikulturen wie Schilf oder Seggen eignen sich als Brennstoff, Baustoff oder Futtermittel.
ENERGIEEFFIZIENZ
Landwirtschaftliche Betriebe sind Energieverbraucher. Höhere Energieeffizienz bedeutet nicht nur Klimaschutz, sondern vor allem auch geringere Betriebskosten. Energieintensiv ist vor allem die Tierhaltung mit ihren Ställen und Anlagen. Bei Stallklima, Beleuchtung und Milchkühlung sind durch Optimierung und effiziente Technik erhebliche Einsparungen möglich. Landmaschinen wie Ackerschlepper können allein durch optimierten Betrieb (z.B. Gangwahl, Ballastierung und Reifendruck) bis zu 30 Prozent Diesel einsparen, so das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
ERNEUERBARE ENERGIEN
Landwirtschaftliche Betriebe bieten hervorragende Bedingungen zum Einsatz Erneuerbarer Energien. Die Wärmeauskopplung aus Biogasanlagen (⇒Wirtschaftsdünger) kann zur Beheizung von Ställen und Gewächshäusern sowie für Trocknungsprozesse eingesetzt werden. Der Eigenverbrauch von Solarstrom entlastet die Stromrechnung. Die „Agri-PV“ ermöglicht sogar Lebensmittelanbau und Stromproduktion auf derselben Fläche und bietet nebenbei Sonnenschutz in Zeiten der Klimaerwärmung (siehe auch S. 45). Die Vermarktung von Strom und Wärme schafft zusätzliche Erlöse und ein weiteres Standbein für einen erfolgreichen Betrieb. Aber auch über den eigenen Hof hinaus bieten sich häufig Kooperationen an, etwa mit anderen Betrieben, Energiegenossenschaften oder der Kommune.
ÖKOLANDBAU
Der Ökolandbau verbindet verschiedene Ansätze extensiver Landwirtschaft zu einem Gesamtkonzept. Abgesehen von den positiven Effekten für die Umwelt helfen viele davon auch, das Klima zu schützen. Denn durch Verzicht auf synthetische Dünger sowie durch geschlossene Stoffkreisläufe, schonende Bodenbearbeitung mit vielgliedrigen Fruchtfolgen und Gründünger wird der Stickstoffeintrag reduziert und der Boden als natürliche Kohlenstoffsenke genutzt. Allerdings benötigt der Ökolandbau je nach Kultur, Standort und Bewirtschaftungsform mehr Fläche als die konventionelle Landwirtschaft für die gleichen Erträge, was den Klimavorteil relativieren kann. Klar vorteilhaft sind ökologisch bewirtschaftete Böden in Bezug auf die Klimaanpassung. Denn der höhere Humusgehalt und die verbesserte Bodenstruktur helfen, vor Erosion und Hochwasser zu schützen.
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