Bordelum
April 2019
Die Gemeinde Bordelum liegt im idyllischen Nordfriesland zwischen Stollberg und dem weiten Marsch, einem Schwemmland in Schleswig-Holstein. Eine Brise weht immer und gehört zum Alltag der rund 2.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das nutzt die Energie-Kommune für sich und hat schon 1993 Windenergieparks installiert. „Bürgerbeteiligung, demokratische Prozesse und ein nachhaltiges Management der Windenergie durch Repowering sind in Bordelum keine Seltenheit, sondern Standard”, sagt Nils Boenigk, stellvertretender Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE).
Repowering ist ein Nachnutzungskonzept von Erneuerbaren Energien nachdem Auslauf der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Windenergieanlagen, die rund 20 Jahre in Betrieb waren, werden durch neue und leistungsstärkere Windenergieanlagen getauscht. Aber zurück zum Anfang der Energiewende in Bordelum. Die Gemeinde hat bereits im Jahr 1993 den Schritt gewagt und Flächen für die Erneuerbaren Energien zur Verfügung gestellt. Damals haben sich einige hundert Anwohnerinnen und Anwohner für die Idee eines Windparks begeistert und wollten dies auch finanziell unterstützen. Die Planung haben die Bürgerinnen und Bürger gleich selbst in die Hand genommen und sich bei wöchentlichen Treffen über Konzept, Installation und Betrieb ausgetauscht. Nach kurzer Zeit ist klar geworden, dass es ein Investitionsvermögen von ungefähr 11,5 Millionen Euro bedarf, um einen Windpark zu bauen. Dann ging alles ganz schnell – 750 Bürgerinnen und Bürger konnten sich mit einem Mindestbetrag von 1000 Euro beziehungsweise maximal 21.000 Euro beteiligen. Die Bürgerinnen und Bürger haben besonderes Augenmerk daraufgelegt, alle zu beteiligen und nicht nur wenige Großinvestoren. „Die Energiewende schaffen wir gemeinsam. Die Bordelumer leben den Wind tagtäglich.“, erinnert sich Karen Hoff, Geschäftsführerin der Bürgerwindparks. Die Gesellschaft wurde gegründet, Bürgerinnen und Bürger zu Investoren und Gesellschaftern und nur kurze Zeit später hat der erste Windenergiepark mit insgesamt 14 Anlagen Strom in das öffentliche Netz gespeist.
Und heute?
Seitdem hat sich viel getan, die Kommune ist schon seit langem bilanziell CO2- frei und erzeugt mehr Strom als die Anwohnenden verbrauchen. Dazu tragen auch die zusätzlichen drei Windenergieparks bei. Alle Parks sind ausschließlich unter Bürgerbeteiligung entstanden. Darunter ist auch der Windpark in Dörpum, einem Ortsteil der Gemeinde mit 500 Einwohnerinnen und Einwohnern. Strom wird hier seit 2002 in das öffentliche Netz gespeist. Im Jahr 2012 haben die Gesellschafter dann entschieden: Aus Alt mach Neu. Standard bleibt, dass Gesellschafterinnen am Prozess beteiligt sind und auch die Öffentlichkeit weiter in Veranstaltungen informiert wird. Acht Windenergieanlagen konnten in einem Repowering-Projekt durch neue und leistungsstärkere Windenergieanlagen ersetzt werden.
Eine der ersten, älteren Windenergieanlagen bleibt jedoch bestehen und wird Teil des neuen Projekts „Schaufenster Dörpum“. Im Quartierskonzept für den Ortsteil Dörpum ist geplant, die Windenergie in der Wärmeversorgung zu nutzen. Hierzu soll die Windenergieanlage Strom in einen Elektrolyseur speisen. Durch die Zugabe von Wasserstoff entsteht Erneuerbares Gas für die Wärmeversorgung. Dazu soll der Strom durch die Direktvermarktung auch nach dem Auslauf des EEGs genutzt werden. Bordelum zeigt eindrucksvoll, dass Nachnutzungskonzepte wie Repowering und Direktvermarktung möglich sind.
Wind, und was noch?
Die Windenergie spielt eine große Rolle in Bordelum. Trotzdem stehen auch andere Technologien und Sektoren auf der Agenda. Ziel ist es, die Energieversorgung in Bordelum zu 100 Prozent auf Erneuerbare Energien umzustellen. Das „Schaufenster Dörpum“ ist das Innovationsprojekt für den ganzheitlichen Ansatz der Kommune. „Der Wille der Kommune ist da“, sagt Projektverantwortlicher Lukas Schmeling von ALTEC Energie, „so funktioniert die Energiewende“. In Dörpum soll nicht rein bilanziell, sondern zu jedem Zeitpunkt des Tages Erneuerbare Energie zur Verfügung stehen. Deshalb wird auch der Verkehrssektor mitgedacht, wo bereits Elektor-Carsharing umgesetzt wird. Der Wärmesektor kommt keineswegs zu kurz, denn die Biogasanlage, die in Bürgerhand ist, wird flexibilisiert. Das bedeutet, dass mit Hilfe eines Wärmespeichers bedarfsorientiert Wärme in die Haushalte geliefert wird. Durch mehrere Flexmotoren kann die Biogasanlage kontinuierlich arbeiten und Wärme in das Netz speisen. Im Winter hilft der Wärmespeicher, um auch die Spitzenlast zu tragen. Im Sommer versorgt die Biogasanlage das öffentliche Schwimmbad mit Wärme - deshalb bezahlen Bürgerinnen und Bürger weniger Eintritt und können gleichzeitig bei angenehmer Wassertemperatur die Sonne genießen.
Das Schlüsselwort der Energiewende lautet nach wie vor Bürgerbeteiligung. „Wir sind stolz auf das langjährige Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger und stehen voll und ganz hinter der Energiewende“, erklärt der Bürgermeister Peter Reinhold Petersen anlässlich der Auszeichnung zur Energie-Kommune des Monats.
Fotos: ALTEC ENERGIE; Bürgerwindpark III GmbH & Co. KG.
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