"Wir haben rund 25.000 nachhaltige Projekte finanziert"
Seit ihrer Gründung 1997 hat sich die UmweltBank der Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Anlagen und nachhaltigen Immobilien verschrieben. Anfangs belächelt, feierte das Finanzinstitut im vergangenen Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Ein Gespräch mit Heike Schmitz, Vorstandsmitglied, über Digitalisierung, Umwelt-Rating, eigene Ansprüche, Hingabe für den Klimaschutz und eine stetig wachsende Nachfrage.
Frau Schmitz, Sie sind seit fast drei Jahren bei der UmweltBank AG. Vorher arbeiteten Sie für die comdirect und die Commerzbank als Managing Director. Was führte Sie zur UmweltBank?
Heike Schmitz: Als es 2020 zur Verschmelzung der comdirect bank mit der Commerzbank AG kam, habe ich über meine berufliche Zukunft nachgedacht. In dieser Zeit wurde ich darauf angesprochen, ob ich Lust und Interesse hätte, zur UmweltBank zu kommen. Die UmweltBank war mir schon seit 1997 bekannt, als sie in Nürnberg gegründet wurde. Schon Ende der 90er fand ich das Geschäftsfeld hochinteressant. Eine Bank zu gründen, die auf den Zielen der Nachhaltigkeit und dem Schutz der Umwelt fußt, das ist für mich noch immer faszinierend. Außerdem sind wir heute trotz starken Wachstums immer noch eine Mittelstandsbank. Wir haben rund 400 Mitarbeiter*innen – das bedeutet, dass wir uns kennen und jede*r die Chance hat, sich einzubringen. Das finde ich sowohl in meiner heutigen Rolle als Mitglied des Vorstands sehr gut, aber auch für alle, die bei der UmweltBank arbeiten, sehr spannend: denn jede*r kann partizipieren, Impulse setzen und mitgestalten. Und als Drittes überzeugten mich einfach die tollen Menschen, die hier arbeiten.
In Ihrer Funktion als Vorständin, was möchten Sie mit der UmweltBank in den kommenden fünf Jahren erreichen?
Derzeit konzentrieren wir uns sehr stark auf das Thema Digitalisierung – insbesondere den Wechsel unseres Kernbanksystems, der am 7. Oktober stattfinden soll. Das ist schon eine Herausforderung für uns, denn das Projekt bindet in hohem Maße monetäre, aber auch personelle Ressourcen. Aber wir freuen uns auch darauf, weil wir durch das neue IT-System die Möglichkeit haben, weitere Produkte und Services anzubieten sowie unsere Kernkompetenzen zu stärken. Daneben können wir unsere Prozesse und Strukturen optimieren, sowohl in Richtung unserer Kund*innen aber auch intern.
Um all das zu schaffen, investieren wir im Moment stark in IT und Personal. Grundsätzlich müssen wir aber einfach auch ein attraktiver Arbeitgeber bleiben und unsere Bank mit ihrem Fokus auf Erneuerbare Energien sowie nachhaltige, soziale Wohnimmobilien noch bekannter machen.
2024 geht es dann darum, die Bank mit unseren Produkten im Privatkund*innenbereich breiter aufzustellen. Wir durchlaufen einen Transformationsprozess, der – und das ist auch mein ganz persönliches Ziel – bis 2026 Früchte tragen wird.
Planen Sie auch, Ihre Dienste und Produkte im Ausland anzubieten?
Die UmweltBank ist seit 25 Jahren ausschließlich in Deutschland aktiv. Das wird auch mittelfristig so bleiben, denn wir sind bestens mit den Rahmenbedingungen vor Ort vertraut. Es wird zwar oft von Europa als Wirtschaftsraum gesprochen, aber in den einzelnen Ländern sind natürlich die gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen höchst unterschiedlich. Hier jeweils eine Kernkompetenz aufzubauen, wäre eine große Herausforderung. Außerdem haben wir in Deutschland noch ein sehr großes Potenzial. Der Bedarf an Erneuerbaren Energien sowie ökologischem und bezahlbarem Wohnraum ist extrem groß und wird in Zukunft noch steigen. Selbst, wenn Politik und Wirtschaft richtig Fahrt aufnehmen – so munkelt man derzeit – sind die Kapazitäten der Banken gar nicht groß genug, um das gesamte Kreditgeschäft zu stemmen, das vor ihnen liegt. Bevor wir den Schritt in das Ausland erwägen, wollen wir erst einmal hier den Markt weiter erschließen und zum Klimaschutz in Deutschland beitragen.
Ihre Bank unterstützt seit ihrer Gründung nachhaltige Projekte und hier besonders auch Erneuerbare Energien. Gibt es Daten, wie viele Erneuerbare-Energien-Projekte Ihre Bank bisher finanziert hat?
Ja, die gibt es. Es sind rund 25.000 nachhaltige Projekte im Bereich Erneuerbare Energien und Immobilien, die wir seit unserer Gründung finanziert haben.
Wie lange dauert es bei Ihnen im Schnitt von der ersten Finanzierungsanfrage bis zur tatsächlichen Finanzierung?
Das kommt immer auf die Projekte an. Ich habe hier einen guten Einblick, denn neben den Bereichen Finanzen und Controlling verantworte ich auch die Marktfolge im Kreditgeschäft – bei uns gehen die großen Kredite über den Tisch. Viel hängt vom jeweiligen Stand des Projekts ab: Ist zum Beispiel der Grund und Boden schon gepachtet oder in Eigenbesitz? Sind Gutachten zum Naturschutz notwendig und falls ja, sind diese schon eingeholt? Viele Kund*innen haben aber bereits die notwendigen Projektunterlagen und wollen in die Finanzierungsphase gehen. Im Bereich Photovoltaik geht es mit zwei bis vier Monaten etwas schneller als bei Wind mit vier bis sechs Monaten von der Finanzierungsanfrage bis zur Auszahlungsphase. Die Zeiträume sind überschaubar, auch dank des Engagements unserer Spezialist*innen, die genau wissen, worauf es bei den Projekten und der Finanzierung ankommt. Das ist auch wichtig, da die Projekte so unterschiedlich sind, wie die Kund*innen. So finanzieren manche Partner ihr erstes Projekt mit uns und wieder andere können schon auf ein großes Portfolio zurückblicken.
Welche Vorteile, abgesehen vom Kredit, haben beispielsweise Interessenten, die einen Bürger*innen-Windpark finanzieren wollen, von Ihnen gegenüber anderen Finanzinstituten?
Wie gerade schon beschrieben ist die Beratung durch unsere Spezialist*innen unsere Kernkompetenz. Sie sind auf Photovoltaik oder Wind fokussiert und bringen einen riesigen Erfahrungsschatz aus den zurückliegenden Projekten mit. Unsere Bank ist daher nicht nur eine Geldgeberin, sondern eine Beraterin von A bis Z.
Darüber hinaus arbeiten wir mit der KfW zusammen und können den Kund*innen mit Fördermitteln und Krediten eine optimale Finanzierungsstruktur schaffen. Bei großen Projekten wird der Zins oft auf zehn Jahre festgelegt, die Finanzierung läuft aber durchaus 20 bis 30 Jahre. Hier ist es wichtig, dass die Kund*innen nicht in ein Zinsrisiko laufen. Daher beraten wir frühzeitig zu Anschlussfinanzierungen und Derivaten.
Außerdem gibt es immer eine*n feste*n Ansprechpartner*in, der beziehungsweise die das einzelne Projekt betreut. Bei uns landen Projektpartner nicht in der Warteschleife oder bei irgendeinem Computer und das soll auch nach der IT-Umstellung so bleiben. Bei uns ist auf der anderen Seite der Leitung ein Mensch, das macht uns aus.
Welche konkreten Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um für eine Finanzierung von Ihnen in Frage zu kommen – auch als Privatperson?
Wir finanzieren Projekte von Geschäfts- und Privatkund*innen. Letzteren bieten wir zum Beispiel eine Baufinanzierung für nachhaltige Immobilien an oder unterstützen sie bei der Anschaffung einer Photovoltaikanlage. Das Kerngeschäft sind aber die großen gewerblichen Finanzierungen. Voraussetzung für eine Finanzierung ist natürlich einerseits die wirtschaftliche Bonität der Projekte, schließlich dürfen wir das als Kreditinstitut nicht vernachlässigen. Andererseits schauen wir uns die Projekte in puncto Nachhaltigkeit sehr genau an. Wir haben ein seit 25 Jahren gereiftes UmweltRating, das wir zur Beurteilung der Nachhaltigkeit nutzen. Man kann sich das wie einen Punktekatalog vorstellen, den wir durchgehen. Ein Kriterium ist zum Beispiel der Boden, auf dem eine Photovoltaikanlage gebaut werden soll, sind es Brachflächen oder werthaltige Ackerböden. Wir wurden vor einiger Zeit gefragt, ob wir auch Projekte im Bereich der Atomkraft finanzieren würden. Es gibt hier zwar unterschiedliche Philosophien und unterschiedliche Bewertungen. Aber das schließen wir komplett aus. Es passt einfach nicht zu unserer Vorstellung von Nachhaltigkeit.
Inwiefern versuchen Sie mit Anlehnung an die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) auch als Institution nachhaltig zu sein?
Wie gesagt, verschreiben wir uns seit unserer Gründung 1997 der Nachhaltigkeit. Neben den Projekten, die wir finanzieren, und den nachhaltigen Wertpapieren, die man bei uns kaufen kann, gilt dies auch für unsere internen Prozesse und unser Zusammenarbeiten, wo wir einkaufen, unsere Personalpolitik etc. Entsprechende Regeln helfen uns dabei und werden stetig weiterentwickelt. Jede*r von uns ist bemüht, nachhaltig zu denken und zu arbeiten. Das zeigt sich auch in der Gremienstruktur, denn wir haben einen eigenen Umweltrat. Er setzt sich aus wirklich hochinteressanten Persönlichkeiten mit einem vielschichtigen beruflichen Background zusammen und überwacht und unterstützt uns in Themen der Nachhaltigkeit.
Insbesondere orientieren wir uns an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, den SDGs. Von den 17 Zielen haben wir sechs ausgewählt, die für uns besonders relevant sind. Eins dieser sechs ist nicht so offensichtlich, wie man es erwarten würde, aber es ist sehr wichtig für uns: hochwertige Bildung. Um den Nachhaltigkeitsgedanken weiterzutragen, kooperieren wir mit Schulen und Hochschulen. Geschlechtergleichheit ist für uns auch ein wesentlicher Punkt. Etwas unter 50 Prozent unserer Führungskräfte sind Frauen und wir haben eine relativ hohe Teilzeitquote bei Männern. Männer und Frauen nutzen unsere flexiblen Arbeitszeitmodelle um Beruf und Familie zu vereinbaren. Dabei spielt auch das Thema Vergütung eine wichtige Rolle, welches von uns regelmäßig kritisch geprüft wird. Bezahlbare und saubere Energie, das SDG Nummer sieben, ist uns ja quasi in die DNA geschrieben, denn wir finanzieren seit über 25 Jahren Erneuerbare-Energien-Projekte. Nachhaltige Städte und Gemeinden, SDG Nummer elf, ist ein wesentliches Kriterium, wenn wir gewerblichen Wohnraum oder Baugruppen finanzieren. Allein 2022 haben wir für 1.000 Menschen Wohnraum und über 350 Betreuungsplätze in Schulen, Kitas und Pflegeeinrichtungen geschaffen.
Fridays for Future, die Letzte Generation und auch die Ampel-Koalition haben das Thema Klimawandel wieder verstärkt in die öffentliche Debatte gebracht. Spiegelt sich dies auch in der Entwicklung Ihrer Unternehmenszahlen wider?
Auf jeden Fall. Ich persönlich bin ja auch ein älteres Kaliber, ich bin noch mit „Atomkraft - Nein, danke“ groß geworden. Ende der 90er Jahre spielte der Klimawandel ja überhaupt keine Rolle. Also, wenn man das mal vergleicht mit den Gründungsjahren der Bank, hat sich da in der Bevölkerung und in der Politik unglaublich viel verändert – und so wird auch der Druck größer. Es hat sich wahnsinnig viel verändert. Das merken wir zum Beispiel in der Nachfrage im Bereich der gewerblichen Finanzierung von Wind- und Solarparks. Wir haben sehr, sehr viele Projektanfragen, die wir in der Form gar nicht alle bewältigen können, zumindest nicht mit dem qualitativen Beratungsanspruch, den wir haben. Und wir gehen davon aus, dass die Finanzierungsanfragen noch weiter anziehen – gerade im Bereich der Photovoltaik. Bei Windparkanlagen sicherlich auch, aber Photovoltaik ist für Gemeinden, Kommunen und auch für Investoren etwas einfacher in der Realisierung.
Im Privatkund*innengeschäft merken wir aber auch ein Umdenken. Zunehmend mehr Kund*innen wollen eine Anlage bei einer Bank tätigen, die nicht einfach nur Zinsen zahlt, sondern die anvertrauten Gelder auch im positiven Sinne für die Gesellschaft einsetzt. Insofern ist es für uns sehr wichtig, dass wir ein attraktives digitales Banking anbieten, um diesem Bedarf auch gerecht zu werden. Mit dem anstehenden Wechsel unserer IT-Software sind wir dafür auf dem besten Wege.
Immer mehr herkömmliche Banken bieten mittlerweile „nachhaltige“ Finanzprodukte an. Sehen Sie hier Gefahren für Verbraucher*innen und/oder Ihr Geschäftsmodell?
Als Gefahr für unser Geschäftsmodell sehe ich das nicht. Wir sehen, dass der Bedarf an Finanzierungen enorm steigen wird und dass es eher einen Engpass geben könnte, weil die Kreditinstitute diesen Bedarf nicht in der Geschwindigkeit komplett abdecken können, in der die Nachfrage steigt.
Im Bereich der Wertpapiere müssen Verbraucher*innen schon bereit sein, sich mit dem Thema intensiver zu beschäftigen, einen gewissen kritischen Blick zu entwickeln. Also nicht nur nach dem grünen Logo zu schauen, sondern zu verstehen, was wirklich in dem jeweils verwendeten Begriff Nachhaltigkeit steckt. Zwar passiert in Sachen Transparenz eine ganze Menge und die Politik versucht auch, einen Rahmen für diese Bewertungen zu schaffen, aber am Ende müssen die Verbraucher*innen erkennen, was das bei dem einzelnen Produkt anderer Finanzinstitute bedeutet.
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