Mit Mini-EEG-Novelle in die Sommerpause

Berlin, 28. Juni 2018. Bundestag und Bundesrat haben noch eine Sitzungswoche zu absolvieren, doch ist schon absehbar, dass die energiepolitische Bilanz der Parlamentssaison für die Erneuerbaren mager bleibt. Als einen der ganz wenigen Pluspunkte der bisherigen Wahlperiode kann die Erneuerbaren-Branche verbuchen, dass die Teilnahme an Ausschreibungen für Wind-Projekte an Land weitere zwei Jahre an eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) gebunden bleibt. Eine entsprechende Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verabschiedeten beide Parlamentskammern Anfang Juni. Damit kann die Bundesnetzagentur die nächste Ausschreibung für Wind an Land am 1. August nach den Spielregeln der letzten beiden Runden ablaufen lassen. Die Verlängerung der BImSchG-Pflicht gilt bis 1. Juni 2020 und greift eine EEG-Änderung aus der letzten Wahlperiode auf, die ein zentrales Privileg von Bürgerenergie-Projekten beendet hatte.

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Der Verzicht auf eine BImSchG-Pflicht für Bürgerenergieprojekte hatte dazu geführt, dass mehr als 90 Prozent der 2017 bezuschlagten Projekte als „Bürgerenergie“ deklariert wurden und damit erst bis 2022 realisiert werden müssen. Da die Projektierer dabei auf erst im nächsten Jahrzehnt verfügbare Technologie spekulierten, war der Zuschlagspreis stark eingebrochen - und zwar von 5,78 Cent/kWh im Mai auf nur noch 3,82 Cent/kWh im November 2017. Andererseits ist die Realisierung der Projekte ohne bisherige BImSchG-Genehmigung aber auch mit mehr Unsicherheiten behaftet als bei Projekten, die schon eine Genehmigung haben. In der Windbranche waren im Zuge der Ausschreibungen unfaire Wettbewerbsbedingungen und der Missbrauch der Bürgerenergie-Privilegien kritisiert worden. In Reaktion auf die Entwicklung hatte die Bundesnetzagentur den Höchstwert für die Ausschreibungsgebote bei den vier Wind an Land-Ausschreibungen in diesem Jahr auf 6,3 Cent pro Kilowattstunde festgesetzt.

Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßte, dass die Sonderregeln für Windparks nun bis Mitte 2020 ausgesetzt wurden. Der Verband erwartet nun mehr Planungssicherheit für die Unternehmen und eine schnellere Verwirklichung von Projekten. Wie es mit der Bürgerenergie als erfolgreichem Investitionsmodell weitergeht, ist indes ungeklärt. Deutschland hat die von der Europäischen Union eingeräumten Möglichkeiten für Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht ungenutzt gelassen, denn nur Windenergienlagen bis zu einer Leistung von 750 kW müssen hierzulande nicht an der Ausschreibung teilnehmen.

Wann und wie kommt die Sonderausschreibung?
In Berlin steht indes die im Koalitionsvertrag von Union und SPD zugesagte Sonderausschreibung im Fokus der energiepolitischen Akteure. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier wollte diese eigentlich in einem 100 Tage-Gesetz vor der Sommerpause unter Dach und Fach bringen. Daraus wird nichts mehr. Laut Koalitionsvertrag sollen „je vier Gigawatt Onshore-Windenergie und Photovoltaik sowie ein Offshore-Windenergiebeitrag zugebaut werden, je zur Hälfte wirksam 2019 und 2020“. Voraussetzung sei die Aufnahmefähigkeit der entsprechenden Netze, heißt es in der Vereinbarung vom März. Wann dieses Versprechen nach der Sommerpause eingelöst wird, ist unklar. Ein Thema wird dabei sein, wie der Ausbau der Windenergie südlich des Mains weiter vorangebracht werden kann. Denn auch der Südwesten, wo der weitere Ausbau der Windkraft politisch gewollt ist, ging bei den bisherigen Ausschreibungsrunden für Wind an Land bislang weitgehen leer aus. Das dürfte nach den bisherigen Spielregeln so bleiben – egal ob mit oder ohne BImSchG-Pflicht.

Deckel drohen
Doch auch die Bioenergie- und Solarenergiebranche stellen ihre Forderungen an das 100-Tage-Gesetz – das nun zu einem 200-Tage-Gesetz werden könnte, so zumindest die Hoffnung der Branche. Für die Solarwirtschaft haben ebenfalls die im Koalitionsvertrag zugesagten Sonderausschreibungen Priorität. Kompliziert ist die Lage aufgrund der Zweiteilung des Solarmarktes in sehr kostengünstige, große Freiflächenanlagen einerseits und meist relativ kleine Auf-Dach-Anlagen mit einer EEG-Fixvergütung von rd. 12 Cent/kWh andererseits. Trotz aller Widrigkeiten könnte Deutschland 2018 erstmals wieder an den politischen gesetzten Zubauwert von 2.500 Megawatt Solarstromleistung gelangen. Zur Erreichung der deutschen Klimaziele ist dies jedoch viel zu wenig. Die Branche fordert daher, die Abschaffung der Solar-Zubaudeckel. Der Förderstopp für Solarstrom gilt laut aktueller Gesetzeslage bereits, wenn 52 Gigawatt (GW) Solarstromleistung installiert sind. Das könnte beim aktuellen Zubautempo schon am Ende der Wahlperiode erreicht sein. Ende 2017 waren in Deutschland 42,4 GW an Solarstromleistung installiert. Zum Vergleich: In ihrer Studie „Die neue Stromwelt“ geht die Agentur für Erneuerbare Energien von einer installierten Solarstromleistung von 135 GW aus.

Tierseuche vor der Haustür
Andere Sorgen hat die Bioenergiebranche, in der der Zubau neuer Anlagen weitgehend zum Stillstand gekommen ist – bis auf das kleine Segment der Gülleanlagen. Ausgerechnet hier gibt es nun aber ein aktuelles Problem. Denn die Betreiber von Biogasanlagen, die tierische Exkremente einsetzen, sorgen sich, dass ein Ausbruch der schon bis nach Polen vorgedrungenen Afrikanischen Schweinepest den Nachschub ihrer Vergärer lahmlegen könnte und fordern über ihren Verband entsprechende Ausnahmen für ihre Anlagen im EEG. Für die Zukunft der Branche bleibt die Flexibilisierung der Stromerzeugung aus Biogasanlagen zentrales Thema, das über das EEG weiter abgesichert werden soll, sei es mit Anlagen, die mit Gülle oder mit Energiepflanzen laufen.

Bildquelle: Agentur für Erneuerbare Energien e.V.

- Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht. -