"Die Mikroben halten immer noch Geheimnisse für uns bereit"

Frau Prof. Dr. Bühler, Sie sind im Januar in den Nationalen Wasserstoffrat berufen worden, ein die Bundesregierung unterstützendes Beratungsgremium. Waren Sie überrascht?

Die Berufung selber vielleicht nicht, aber dass ich überhaupt angefragt wurde, hat mich schon überrascht.

Wieso hat Sie dies überrascht?

Da die biologische H2-Produktion bislang eine untergeordnete Rolle spielt.

Wie kann man sich die Arbeit mit der Bundesregierung in diesem Zusammenhang vorstellen?

Der Rat ist sehr heterogen zusammengesetzt und vereint Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Gemeinsam diskutieren wir ganz unterschiedliche Problemfelder, die mit der Energiewende im Allgemeinen und dem Wasserstoff im Speziellen zusammenhängen. Ziel ist es, der Regierung konkrete Maßnahmen und Handlungsoptionen an die Hand zu geben, wie dieser Wechsel gelingen kann. Dazu findet auch ein direkter persönlicher Austausch zwischen verschiedenen Ministerinnen und Minister und dem Rat statt. Die Vertreter der Regierung sind immer sehr offen und interessiert. Inwieweit die Empfehlungen des Rats umgesetzt werden, wird sich zeigen. Vor der Wahl wird da wohl nicht mehr viel passieren – leider.

Sie sind zudem Professorin an der TU Dresden in einer gemeinsamen Berufung mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ. Ihre Forschung läuft über das UFZ und wird von dieser auch finanziert. Sie forschen unter anderem an weißem Wasserstoff. Im Gegensatz zum grünen Wasserstoff, der via Elektrolyse mittels Solar- und Windenergie gebildet wird, kommen beim weißen Wasserstoff fotosynthetisch-aktive Mikroben zum Einsatz, um mittels natürlicher Fotosynthese neue Wertprodukte zu schaffen. Wie weit ist Ihre Forschung dort?

Es handelt sich hier noch um reine Grundlagenforschung. Die prinzipielle Machbarkeit konnte gezeigt werden, aber es sind noch viele Herausforderungen zu lösen, bevor wir von einem ökonomisch interessanten Produktionssystem sprechen können.

Die Bundesregierung beschreibt in ihrer nationalen Wasserstoffstrategie, dass vor allem Importe von Wasserstoff den Großteil des Bedarfs zukünftig decken sollen. Glauben Sie, die inländische Forschung, wie auch Sie sie betreiben, kann den Anteil in Deutschland hergestellten Wasserstoffs für die Zukunft erhöhen?

Ja, natürlich, allerdings werden wir es niemals schaffen, unabhängig von Energieimporten zu sein, wie immer die aussehen werden. Dafür verbrauchen wir zu viel und produzieren zu wenig Energie. Im Hinblick auf die erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne liegt das vor allem an den klimatischen Gegebenheiten und der in Deutschland zur Verfügung stehenden Fläche.

Was begeistert Sie an Ihrer Arbeit?

Sie ist unglaublich vielfältig und abwechslungsreich. Und die Mikroben halten immer noch Geheimnisse für uns bereit.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen fünf Jahren verändert?

Das Wasserstoffthema ist sehr stark in den Fokus gerückt. Das ist auf der einen Seite gut, auf der anderen Seite steht man auch sehr unter Beobachtung und unter Druck zu „liefern“.

Was würden Sie jungen Schüler*innen mit auf dem Weg geben, wenn sie sich für Biologie interessieren?

Lasst euch nicht davon abbringen! Biologie ist ein faszinierendes Gebiet, egal in welche Richtung man gehen möchte. Als ich in den 90er Jahren mit meinem Studium begann, wurde uns in der Einführungsveranstaltung gesagt, dass jeder Dritte im Raum arbeitslos enden würde.... Heute haben die biologischen Kerndisziplinen wie Mikrobiologie, Genetik, Molekularbiologie weitreichenden Einfluss in wichtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen wie Medizin, Biotechnologie, und Landwirtschaft.

Wer inspiriert Sie?

Starke Frauenfiguren wie Jane Goodall oder Marie Curie.

Foto: Katja Bühler

Pressekontakt
Anika Schwalbe
Agentur für Erneuerbare Energien e.V.
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