Elektromobilität statt Dieselskandal? IAA erweist sich als Ankündigungsmesse
Jährlich im Spätsommer findet in Frankfurt die IAA statt, jeweils abwechselnd werden dann für knapp zwei Wochen auf dem dortigen Messegelände die neuesten Trends aus der Pkw- bzw. der Nutzfahrzeugbranche gezeigt. 2017 ging es turnusgemäß um die Personenmobilität, die Werbegroßveranstaltung der Autoindustrie stand dabei allerdings unter keinen guten Vorzeichen: Dieselskandal, Kartellvorwürfe sowie mangelnde Klimaschutzerfolge im Verkehr belasteten die deutschen Autohersteller schwer, was auch in einer durchaus kritischen Medienberichterstattung resultierte:
Zeit Online gibt mit der Überschrift "Branche mit Ladehemmung" den Tenor vor. Der Beitrag bemängelt, dass die Branche zwar große Ankündigungen hinsichtlich einer zukünftigen Elektromobilitätsoffensive macht, dass sich die Akteure aber zu wenig um die ja durchaus problembehaftete Realität kümmere. Die Autokonzerne "hätten die Autoschau auch dazu nutzen können, um offen und ehrlich zu informieren. Sie könnten zum Beispiel demonstrieren, was nun mit aktuellen Dieselfahrzeugen passiert und wie das Softwareupdate funktionieren soll, zu dem sich die Branche jüngst auf dem Dieselgipfel durchgerungen hat. Das würde Millionen Autofahrer hierzulande sicher sehr interessieren. Oder welche Möglichkeiten der Hardwareumrüstung es darüber hinaus gibt. Diese Offenheit hätte sich mancher gewünscht. Leider vergeblich." Zudem erinnert der Beitrag daran, dass auch schon bei der IAA 2013 viel von der Elektromobilitätszukunft dargestellt wurde, den Worten aber nur wenig Taten folgten.
Die Süddeutsche Zeitung fasst ihren Eindruck zur Messe unter der Überschrift "Die IAA bietet ein diffuses Gesamtbild" zusammen. Dies hört sich zunächst nicht ganz so kritisch wie der Zeit-Beitrag an, im Text wird jedoch deutlich auf die aktuellen Herausforderungen eingegangen. So wäre die Branche zur Ankündigungskommunikation zurückgekehrt, Zukunftsfähigkeit sieht der Autor weder in den Ansprüchen des Publikums noch in den Angeboten der Hersteller. Der notwendige Paradigmenwechsel hin zu Elektromobilität, Digitalisierung und autonomem Fahren komme nur (zu) langsam. Neben den Betrachtungen zu den ausgestellten und angekündigten Innovationen spricht der Beitrag auch die Unklarheit über die zukünftigen Eigentümerschaften beim Pkw an - angesichts der aktuellen technischen Schwierigkeiten insbesondere mit Dieselmodellen und den daraus resultierenden Problemen beim Wiederverkauf gebrauchter Pkw sieht die SZ eine verstärkte Nutzen-statt-Besitzen-Debatte auf die Branche zukommen.
Im Gegensatz zu den Beiträgen aus Hamburg und München unternimmt die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine "Wattwanderung" über das Messegelände, hier werden explizit die elektromobilen Entwicklungen beleuchtet. Die FAZ ist sich sicher, dass das Elektroauto kommen wird - macht aber auch klar, dass das aktuelle Ziel der Bundesregierung von einer Million solcher Fahrzeuge bis 2020 deutlich verfehlt wird. Auch würden trotz der Dominanz des Themas kaum neue, marktreife Fahrzeuge mit alternativen Antrieben auf der Fahrzeugschau präsentiert. Die Brennstoffzelle sei trotz großer Potenziale in der allgemeinen Diskussion sogar etwas ins Abseits geraten, auch wenn ein paar der präsentierten Modelle diese Technologie nutzen. Auch der Ladeinfrastruktur widmet sich der Beitrag und porträtiert hier insbesondere die Möglichkeiten des induktiven Ladens. Auch die FAZ hört in der Messe jedoch noch viel Zukunftsmusik und wenig Alltagssound.
Ganz grundsätzlich widmen sich die ZDF heute-Nachrichten anlässlich der IAA dem Verkehrsthema. In einem Interview mit dem Mobilitätsforscher Dr. Konrad Götz vom Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung werden die generellen Probleme unseres heutigen Verkehrs thematisiert. Zwar sieht auch Dr. Götz in einem zunehmenden Angebot und in der absehbar verstärkten Nutzung von Elektroautos einen Fortschritt, er weist aber gleichzeitig darauf hin, dass für eine wirkliche und nicht nur lokale Emissionsfreiheit der Fahrstrom aus Erneuerbaren Energien kommen müsse. Generell sieht er die Bedeutung des Autos, zumindest des privaten Autobesitzes, insbesondere in Städten als zu hoch an. Stattdessen würde autofreien Städten die Zukunft gehören. Als gute Beispiele für eine zukunftsfähige Mobilitätsentwicklung nennt Dr. Götz insbesondere Kopenhagen, in Deutschland seien etwa Berlin und Freiburg auf einem guten Weg.
- Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht. -
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