Sozialer Wohnungsbau heißt solarer Wohnungsbau

In Ballungsräumen wie Frankfurt am Main mit seinem Umland steigen die Mieten rapide. Für einkommensschwächere Haushalte kommen oft nur Wohnungen mit niedriger Kaltmiete in Frage. Schlecht gedämmt und mit veralteter Heizung wird es dann jedoch bei den Betriebskosten umso teurer, weil die Ausgaben für Energie durch die Decke gehen. Neben der energetischen Sanierung von Altbauten sind darum sparsame Neubauten gefragt. In der Parkstadt Unterliederbach macht eine kommunale Wohnungsgesellschaft vor, dass sich der anspruchsvolle Plusenergiehaus-Standard und kostengünstiges Bauen nicht ausschließen. Dank der cleveren Kombination von Wärmenetz, Solarthermie und Speichern genießen die Mieter dauerhaft niedrige Nebenkosten.

Am Rand der Parkstadt Unterliederbach sind die Plusenergiehäuser an den Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen zu erkennen. Im Hintergrund steht die Heizzentrale für das Wärmenetz (Quelle: Buck/B&O Wohnungswirtschaft GmbH).

Auf einen Blick

Warum ist das ein gutes Beispiel für das notwendige Update unserer Energieversorgung?

Wärme aus Holzpellets gleicht sich mit der wetterabhängigen Solarthermie im Wärmenetz aus, ergänzt durch Wärme- und Eisspeicher.

Gründung/Inbetriebnahme: 2012-2015

So werden Erneuerbare Energien genutzt:

1 Holzpelletkessel (1.200 kW th.),

1 Photovoltaik-Anlage (44 kW el.),

1 Solarthermie-Anlage (120 kW th.),

4 Wärmepumpen (je 30 kW th.)

Erneuerbare Stromerzeugung:

47.000 kWh jährlich

Das deckt den durchschnittlichen Verbrauch von 19 Haushalten.

Erneuerbare Wärmeerzeugung:

1.835.000 kWh jährlich (Holzpelletkessel)

Das deckt den Verbrauch von über 200 Abnehmern.

182.000 + 73.000 kWh jährlich (Solarthermie + Wärmepumpen der Plusenergiehäuser)

Das deckt den Verbrauch von 56 Haushalten in den Plusenergiehäusern.

So trägt die Anlage zum Update bei:

1. Flexibilität

  • Koppelung: Strom/Wärme

2. Netze

  • Stabilisierung Stromnetz: Eigenverbrauch
  • Nutzung eines Wärmenetzes: Wärmenetz, 1,5 km, 200 Abnehmer

3. Speicher

  • Wärmespeicher: 150 m3 (Eisspeicher), 52 m3 (Plusenergiehäuser),  12 m3 (Holzpelletkessel), Wärmenetz
  • Wasserstoff: Erzeugung geplant in benachbartem Neubau

4. Marktintegration

  • Vermarktung von Wärme: lokaler Wärmetarif, Einspeisung in Wärmenetz

Wie es dazu kam

Seit 2010 begannen im Frankfurter Westen die Planungen für die Parkstadt Unterliederbach. Das Neubaugebiet sollte der stark steigenden Nachfrage nach Wohnraum mit Reihen- und Mehrfamilienhäusern begegnen. Der neue Stadtteil bietet 2017 über 1.000 Menschen in rund 300 Haushalten eine neue Heimat. Die Parkstadt könnte in den kommenden Jahren auf rund 450 bis 500 Haushalte anwachsen. Angrenzend an alte Wohngebiete im Stadtteil Höchst, erschloss die kommunale Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft (KEG) das Gebiet. Von Beginn an sollte hier auf der grünen Wiese am Stadtrand kostensparend geplant werden. Den privaten und öffentlichen Wohnungsbauunternehmen sollten langfristig stabile Nebenkosten geboten werden.

Nicht zuletzt ist die KEG aber auch der städtischen Klima- und Energiepolitik verpflichtet. Frankfurt am Main verfolgt seit über 25 Jahren ehrgeizige Klimaschutzziele. Der Masterplan Klimaschutz sieht für den Regionalverband Frankfurt-Rhein-Main mit insgesamt 2,2 Millionen Menschen eine vollständige Versorgung aus Erneuerbaren Energien bis 2050 vor. Kommunale Liegenschaften und Unternehmen sind schon seit 2007 auf den Passivhausstandard verpflichtet.

Die Entscheidung für ein mit Holzpellets befeuertes Wärmenetz fiel nicht schwer. Der Frankfurter Energieversorger Mainova ermöglicht damit nicht nur eine annähernd CO2-freie Versorgung. So können sich die Neubauten durch den erneuerbaren Wärmenetzanschluss auch einen niedrigen Primärenergiefaktor für die Energieeinsparverordnung (EnEV) anrechnen lassen. Mit überschaubarem Aufwand erreichen die Architekten so relativ günstig den Passiv- oder gar Plusenergiehausstandard. Bei letzterem liegt der jährliche Energiebedarf bei höchstens 15 Kilowattstunden je Quadratmeter, weniger als einem Zehntel des Durchschnitts im deutschen Wohnungsbestand.

Als Plusenergiehäuser sollten die Wohnhäuser in der Kamelienstraße rechnerisch sogar mehr Energie liefern als ihre Bewohner verbrauchen. Jürgen Ruth vom Planungsbüro BSMF, der für die KEG die Plusenergiehäuser in der Kamelienstraße entwickelte, wollte so zeigen, dass zukünftig auch ohne aufwändige Dämmmaßnahmen höchste Standards erreicht werden können. Als Vermieter im sozialen Wohnungsbau ging es der KEG darum, die Nebenkosten für Heizen und Gebäudetechnik langfristig niedrig zu halten.

Was hier passiert

Mit Bezug der letzten Neubauten in der Parkstadt gegen Jahresende 2016 waren insgesamt rund 200 Abnehmer an das Wärmenetz angeschlossen. Ein mit Holzpellets befeuerter Kessel mit 1.200 Kilowatt Leistung passt sich ganzjährig an den Wärmebedarf an. Von der Heizzentrale am Rande des Neubauviertels gelangt über 1,5 Kilometer Rohre rund 75 Grad Celsius warmes Wasser zu den Wohngebäuden, die es für ihren Warmwasserbedarf und ihre Raumheizung nutzen. Nur wenn der Holzpelletkessel bei Wartungsarbeiten vollständig heruntergefahren werden muss, springt gegebenenfalls ein Erdgaskessel ein, der bereits in den 1990er Jahren in einem benachbarten Mehrfamilienhaus installiert wurde. Im Jahr 2016 stammten aber rund 95 Prozent der Wärme im Wärmenetz aus Erneuerbaren Energien.

Martin Heuser vom kommunalen Frankfurter Energieversorger Mainova ist für die Heizzentrale der Parkstadt zuständig, die den Holzpelletkessel beherbergt (Quelle: AEE).

Neben dem Holzpelletkessel speisen auch die Plusenergiehäuser in der Kamelienstraße überschüssige Wärme ein – oder entnehmen notfalls Wärme. Wie die Zacken einer blauen Krone ragen die Solarkollektoren mit ihren Röhren auf den langgestreckten Flachdächern der Kamelienstraße empor. Deren ausgefeiltes Energiekonzept ist tatsächlich auch eine Art Krönung der Parkstadt: Das System besteht aus mehreren, miteinander korrespondierenden Komponenten. Ein Teil der 120 Kilowatt starken Solarthermie-Anlage ist als Hybridanlage mit Photovoltaikzellen kombiniert, so dass platzsparend sowohl Solarstrom als auch Solarwärme erzeugt werden.

Bilanziell stammt die gesamte Wärme für die 56 Wohnungen in den Plusenergiehäusern aus der Solarthermie-Anlage (Quelle: BSMF mbH).

Im jährlichen Durchschnitt decken die Plusenergiehäuser in der Kamelienstraße bilanziell 110 Prozent des eigenen Wärmebedarfs. Eine Herausforderung sind dabei aber die jahreszeitlichen Schwankungen: Während der Wärmebedarf der Mieter im Sommer sehr niedrig ist, gibt es ein Überangebot von Solarwärme. Die Plusenergiehäuser nutzen darum das Erdreich zum Speichern von Solarwärme. Unter dem Spielplatz hinter den Reihenhäusern ist eine 140 Kubikmeter große Wasserzisterne mit Betonhülle vergraben. Durch das Wasser führen spiralförmig Röhren mit Sole. Überschüssige Solarwärme kann im Sommer in diesen Wärmespeicher geleitet werden.

Einbau des mit 44.000 Litern Wasser gefüllten Schichtenspeichers für die Plusenergiehäuser Kamelienstraße (Quelle: BSMF mbH).

Während der Heizperiode entziehen dann vier Wärmepumpen dem Wasser die gespeicherte Wärme. In den Wärmepumpen gibt die Sole ihre im Speicher gesammelte Wärme an eine schnell verdampfende Trägerflüssigkeit ab. Der Dampf wiederum wird in den Wärmepumpen unter Druck komprimiert. Beim Verdampfen und Komprimieren steigt die Temperatur, so dass die Trägerflüssigkeit ausreichend Wärme für Warmwasser oder zum Heizen abgeben kann. Die Betonhülle der Wasserzisterne nimmt aber nicht nur Solarwärme vom Dach auf, sondern gleichzeitig auch Erdwärme. Das Erdreich kühlt auch bei sinkenden Temperaturen auf der Erdoberfläche kaum ab und wärmt so zusätzlich den unterirdischen Wärmespeicher.

Die Wärme wird im Herbst und Winter so lange entnommen, bis das Wasser um die Röhren zu frieren beginnt. Der Wärmespeicher wird dann zum Eisspeicher. Physikalisch verbirgt sich in diesem Wandel des Aggregatzustands von flüssigem Wasser in Eis viel Energie. Wenn das null Grad Celsius warme Wasser zu Eis auskühlt, wird die größte Wärmeentnahme erreicht. Schmilzt das Eis bis zum Ende des Sommers, wird wiederum so viel Energie freigesetzt wie dem Wasser bis zum Frieren entnommen wurde. Solche Eis- bzw. Wärmespeicher, die auf dem Wechsel des Aggregatzustands beruhen, werden auch als latente Wärmespeicher bezeichnet (siehe Renews Spezial 80: Großwärmespeicher PDF).

Martin Heuser von der Mainova zeigt, wo die Wärme aus den Plusenergiehäusern in die Heizzentrale und damit in das Nahwärmenetz der Parkstadt abgegeben wird (Quelle: AEE).


Im Keller eines der Plusenergiehäuser steht zudem ein großer Schichtenspeicher, der zusammen mit vier kleineren Bereitschaftsspeichern überschüssige Solarwärme in Wassertanks speichert. Während der unterirdische Eisspeicher langfristig Wärme über die Jahreszeiten bringt, überbrückt der Schichtenspeicher kürzere Perioden mit geringer Sonneneinstrahlung. Der Schichtenspeicher ist mit den Wärmepumpen verbunden und speist in das Wärmenetz der Mainova ein. Zusammen sorgen diese Komponenten für eine effiziente Nutzung auch geringer erneuerbarer Wärmemengen.

Unabhängig vom unterirdischen Wärme- bzw. Eisspeicher nutzen die Plusenergiehäuser das Erdreich auch zum Kühlen. Das ist besonders hilfreich, weil über eine Belüftungsanlage laufend feuchte, verbrauchte Luft aus den Wohnungen transportiert wird. Bei hochsommerlichen Temperaturen würde dann aber auch warme Außenluft in die sich sowieso bereits aufwärmenden Gebäude gesogen. Um diese Zuluft abzukühlen, wurden in bis zu drei Meter Tiefe spiralförmige Erdsonden verlegt. In den Leitungen der Sonden zirkuliert Sole. Deren Temperaturniveau bleibt auch im Sommer deutlich unter den heißen Außentemperaturen. Eine einfache Zirkulationspumpe führt die verhältnismäßig kalte Sole dann zur Belüftungsanlage, so dass die zugeführte Außenluft vor der Verteilung in den Wohnungen abkühlt. Dadurch muss niemand in den Wohnungen schwitzen.

Das Update für unser Energiesystem

Die Parkstadt Unterliederbach zeigt, wie ganzjährig eine kostengünstige erneuerbare Wärmeversorgung bereitgestellt werden kann. Gemeinschaftslösungen zahlen sich dabei aus, denn mit gut dimensionierten Wärmenetzen und ausreichend großen Wärmespeichern können Solarwärme, Erdwärme und Holzenergie effizienter zu den Verbrauchern gebracht werden als mit vielen kleinen Einzelanlagen.

Martin Heuser von der Mainova zeigt, wo die Wärme aus den Plusenergiehäusern in die Heizzentrale und damit in das Nahwärmenetz der Parkstadt abgegeben wird (Quelle: AEE).

Das Wärmenetz in der Parkstadt ist als verhältnismäßig kleines Inselkonzept nicht an das große flächendeckende Frankfurter Fernwärmenetz angeschlossen. In dessen Leitungen wird zwar auch ein steigender Anteil von Wärme aus Holzenergie genutzt, doch zirkuliert dort Heißwasser und Wasserdampf mit Temperaturen von bis zu 120 Grad Celsius. Für die Integration weiterer erneuerbarer Wärmequellen wie Solarthermie ist das ein Nachteil. Mit üblichen solarthermischen Kollektoren kann dieses Temperaturniveau kaum erreicht werden. Im Wärmenetz der Parkstadt herrscht dagegen eine niedrigere Temperatur. Hier strömt das Wasser im Wärmenetz nach Abgabe der Wärme für Raumwärme und Warmwasser in den Wohnhäusern bei nur noch 50 bis 55 Grad Celsius zum Holzpelletkessel in die Heizzentrale zurück. Wenn die Solarthermie-Anlage mindestens 60 Grad Celsius warmes Wasser bieten kann, darf sie in den Rücklauf einspeisen und das Temperaturniveau im Wärmenetz heben. Der Holzpelletkessel muss dann weniger nachheizen.

Dass der Frankfurter Versorger Mainova die Plusenergiehäuser der Kamelienstraße in das Wärmenetz einspeisen lässt, ist für eine ausgeglichene erneuerbare Versorgung die einfachste Lösung. Sonne, Erdwärme und Holz ergänzen sich perfekt mit den Wärmespeichern. Planer Jürgen Ruth wie auch Martin Heuser, Sachgebietsleiter Contracting bei der Mainova, zeigen sich beide zufrieden mit der konstruktiven Zusammenarbeit. Nicht jeder Wärmenetzbetreiber ist allerdings so offen gegenüber erneuerbarer Wärme von Dritten. Wärmenetzbetreiber können aus technischen und wirtschaftlichen Gründen den Anschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen verweigern. Schließlich würden diese auch eine Konkurrenz zum eigenen Wärmeabsatz schaffen – und im Gegensatz zum Stromsektor gibt es bei Wärmenetzen weder einen erneuerbaren Einspeisevorrang noch eine Trennung von Erzeugung und Netzbetrieb.

Wie es sich rechnet

Als kommunaler Energieversorger hatte die Mainova bereits mit sieben größeren Holzpellet-Projekten im Frankfurter Stadtgebiet Erfahrungen gesammelt. Die Versorgung mit Holzpellets wird jährlich ausgeschrieben und im Umkreis von maximal rund 50 Kilometern um Frankfurt vergeben. Die 2017 in der Parkstadt verfeuerten Holzpellets stammen aus dem nahe gelegenen Odenwald. Als regionaler Großabnehmer kann die Mainova die Pellets zu einem festen Jahrespreis einkaufen. So wird eine dauerhafte Preisstabilität für die Wärmeabnehmer gewährleistet. Für eine Kilowattstunde Wärme zahlen Wärmenetzkunden in der Parkstadt rund 5,5 bis 6 Cent, zuzüglich eines jährlichen Grundpreises von 350 Euro und Messkosten. Sinkende Erdgaspreise sind keine unmittelbare Konkurrenz, da bei der Erschließung der Parkstadt bewusst auf eine Verlängerung des Erdgasnetzes verzichtet wurde. Allerdings herrscht für die Bauleute in der Parkstadt auch kein Anschlusszwang an das Wärmenetz der Mainova. Die Gesamtinvestitionen in das Wärmenetz und den Holzpelletkessel summieren sich auf rund eine Million Euro, wobei keinerlei öffentliche Förderung in Anspruch genommen wurde.

Greift die Mainova bei Wartungsarbeiten des Holzpelletkessels auf den alten Erdgaskessel des benachbarten Mehrfamilienhauses zurück, wird dieser Wärmeverbrauch von der dortigen Wohnungsgesellschaft wie bei einem normalen Mieter bepreist. Martin Heuser, der bei der Mainova für das Wärmenetz verantwortlich ist, versucht deshalb schon aus Kostengründen, den Rückfall auf Erdgas weitgehend zu vermeiden. Wartungsarbeiten werden so eingetaktet, dass der Pelletkessel kaum stillstehen muss. Statt eines großen Holzpelletkessels wäre vor diesem Hintergrund die Anschaffung von zwei kleinen Kesseln möglicherweise sinnvoller gewesen, meint er rückblickend. So könnte auch die Schwachlast besser abgedeckt werden.

Im Mehrfamilienhaus aus den 1990er Jahren heizt ein Erdgaskessel, der an das Nahwärmenetz angeschlossen ist, aber möglichst wenig einspeisen soll (Quelle: AEE).

Die Mainova hat mit der KEG für die Plusenergiehäuser einen Einspeise- und Entnahmevertrag abgeschlossen. Damit werden einerseits die Kosten für den Wärmebezug aus dem Wärmenetz geregelt, wenn während rund drei Wintermonaten der Solarwärmeertrag zurückgeht. Anderseits wird auch eine Vergütung für die Wärmeeinspeisung der Plusenergiehäuser in das Mainova-Wärmenetz festgelegt. Der Entnahmepreis liegt dabei höher als der Einspeisepreis. Im Jahr 2017 beschränkte sich die Einspeisung nur auf zwölf Tage mit rund 2.900 Kilowattstunden Wärme, aber immerhin mit 50 Kilowatt Wärmeleistung pro Stunde. Der Großteil der Wärme wurde noch in den Plusenergiehäusern gespeichert. Das Energiekonzept der Plusenergiehäuser ist so ausgelegt, dass bilanziell deutlich mehr Wärme ein- als ausgespeist wird. Bei durchschnittlicher Sonneneinstrahlung ist ein Überschuss von 20.000 bis 25.000 Kilowattstunden Wärme im Jahr möglich.

Hier wird gemessen, wie viel Wärme aus der Heizzentrale in das Wärmenetz der Mainova abgegeben wird (Quelle: AEE).

Die Wärme- und Zirkulationspumpen sowie das Lüftungssystem der Plusenergiehäuser benötigen während des gesamten Jahres verhältnismäßig viel Strom. Dieser wird jedoch vollständig von den Photovoltaik-Anlagen gedeckt. Durch den Eigenverbrauch des Solarstroms können die Betriebskosten für die Haustechnik in der Kamelienstraße weiter gesenkt werden. Von einem direkten Verkauf des Solarstroms über einen hausinternen Mieterstromtarif hat die KEG jedoch abgesehen. Der recht hohe Aufwand für Messung und Abrechnung ließ die Planer noch zurückschrecken. Für Frust sorgten auch die massiven Kürzungen der Einspeisevergütung für Solarstrom im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Laufe des Planungsprozesses. Die Einspeisung von überschüssigem Solarstrom ins Stromnetz wurde dadurch immer weniger attraktiv.

Die Baukosten für die 56 Wohneinheiten der Plusenergiehäuser Kamelienstraße beliefen sich auf 8 Millionen Euro einschließlich Gebäudetechnik, was 2.000 Euro pro Quadratmeter entspricht und für ein Plusenergiehaus mit ambitioniertem Energiekonzept sehr günstig ist. Das Projekt wurde durch Mittel der Stadt Frankfurt am Main und durch das Land Hessen im Rahmen der Wohnungsbauförderung unterstützt. Die Kaltmiete beträgt 11 Euro pro Quadratmeter bzw. 5,50 Euro im geförderten Wohnungsbau für einkommensschwache Haushalte. In den Nebenkosten von 1 Euro je Quadratmeter sind Heizung und Warmwasser inbegriffen. Zwar ermöglicht der Plusenergiehausstandard sehr niedrige Verbrauchskosten, doch sind nach Einschätzung der Planer von der BSMF die Gebäudebetriebskosten aufgrund der aufwändigeren Wartung und Instandsetzungsarbeiten nicht zu vernachlässigen.

Wie es weitergeht

Das Wärmenetz der Mainova in der Parkstadt könnte 2018 einen neuen Einspeiser bekommen. Neben der Heizzentrale mit dem Holzpelletkessel planen BSMF und Bauherr KEG ein Mehrfamilienhaus, das es energetisch in sich hat. Wie in den benachbarten Plusenergiehäusern sollen Solarwärme und Solarstrom zusammen mit einer Wärmepumpe den Verbrauch vollständig decken. Planer Jürgen Ruth von der BSMF freut sich auf den „Lückenschluss“ auf dem noch freien Grundstück zwischen Plusenergiehäusern und Heizzentrale. Überschüssiger Solarstrom soll per Elektrolyse in das Speichermedium Wasserstoff umgewandelt werden. Bedarfsgerecht kann dann in einer Brennstoffzelle Strom und Wärme erzeugt werden. Strom und Wärme könnten mit den Nachbarn „getauscht“ werden. Auch eine intelligente Vernetzung der Elektrogeräte in den Wohnungen ist vorgesehen.

KEG und BSMF planen ein energieautarkes Mehrfamilienhaus am Rande der Parkstadt (Quelle: KEG mbH).

Ruth ist aber Realist und meint, dass zuerst die Bewohner mitgenommen werden müssen. Schließlich kann der Faktor Mensch auch dem besten Energiekonzept einen Strich durch die Rechnung machen. Kritisch bemerkt er, dass in den Plusenergiehäusern viele Mieter an Verhaltensweisen festhielten, welche die technisch möglichen Einsparungen teils wieder zunichtemachten. Durch bessere Aufklärung und Gespräche müsse immer wieder daran erinnert werden, dass langes Fensterlüften die automatische Lüftung konterkariere. Der Wärmeverlust könne oft erst nach mehreren Stunden wieder ausgeglichen werden. Angesichts der niedrigen Nebenkosten in den Plusenergiehäusern macht sich bei den Mietern ihr überdurchschnittlich hoher Verbrauch auch weniger stark auf ihrer Rechnung bemerkbar.

Die KEG als Bauherr als auch die Planer BSMF sind vom langfristigen Erfolg ihrer Projekte überzeugt. Mit gut durchdachten Energiekonzepten auf Basis immer günstigerer erneuerbarer Technologien bleibt Wohnen im Neubau bezahlbar. Die positive Entwicklung ist aber weiterhin abhängig von der Konkurrenz fossiler Energieträger.

Stand: Dezember 2017

Kontakt

Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung (BSMF) mbH

Ulrike Hollstein
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

info@bsmf.de

Mainova AG

Ulrike Schulz
Pressesprecherin

u.schulz@mainova.de