Ökostrom zieht IT nach Skandinavien

Viele internationale Abnehmer zieht es derzeit zum grünen Strom in den Norden. IT-Firmen errichten in Dänemark und Norwegen Datenzentren, die Unmengen Strom und eine sehr gute Kühlung benötigen. Beides bieten die Skandinavier. Einer Geschäftsidee, die auch im Norden Deutschlands funktionieren könnte. 

Windpark und PhotovoltaikIT-Firmen wie Apple, Google und Amazon stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Ihre Geschäftsgrundlage basiert zu großen Teilen auf Daten und Datentransfer. Hierfür benötigen sie viel Strom. „Apple, Facebook und Google hoffen, dass sie im Land der Offshore-Windkraftpioniere ihr vollmundiges, an das Pariser Klimaabkommen angelehnte Versprechen halten können, bald nur noch Strom aus erneuerbaren Energien einzusetzen“, heißt es in einem Artikel aus dem Wirtschaftsmagazin bizz energy. Und so baut beispielsweise Apple in der dänischen Stadt Viborg ein etwa 900 Millionen Euro teures Datenzentrum, aber auch in der Gemeinde Aabenraa soll eine „Daten-Megafabrik auf 285 Hektar Land“ entstehen. Letztere werde zu „einer der größten Datendrehscheiben Europas“, wird Aabenraas oberster Wirtschaftsförderer, Jesper Kjærgård, zitiert. Schweden und Norwegen sind ebenfalls bei den IT-Firmen beliebt. Insgesamt seien aber allein in Dänemark acht Hyperscale Data Centers geplant.

Der mehrwertsteuerbereinigte Strompreis lag 2017 der europäischen Statistikbehörde Eurostat zufolge in Dänemark bei 90 Cent pro Megawattstunde, in Deutschland betrug er 1,52 Euro. Neben den Erneuerbaren Energien ziehen die niedrigen Strompreise, das Meer zum Kühlen der Rechenzentren und die gute digitale Anbindung die Unternehmen an. Von der Halbinsel Jütland führen Glasfaserkabel unter dem Meer in die Niederlande, in die USA, nach Norwegen, Deutschland und Island. Weitere sollen folgen. Da der Rechenbedarf mit zunehmender Digitalisierung steigt, wird auch die Nachfrage nach Datenzentren, wie sie in Skandinavien entstehen bzw. bereits gebaut sind, steigen. Etwa 100 Vertreter deutscher Firmen nahmen Martine Kildeby (Invest in Denmark) zufolge im März an der ersten Datenzentren-Schnuppertour der Außenwirtschaftsförderer teil. „Streaming-Angebote, Clouddienste, automatisiertes und autonomes Fahren, Robotik, das Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz und das Schürfen von Kryptowährungen – all diese digitalen Geschäftsfelder werden den Datenzentrenmarkt boomen lassen und enorme Rechenleistungskapazitäten erfordern“, so der Autor Christian Schaudwet von bizz energy. Das IT-Marktforschungsunternehmen IDC rechnet mit einer Welt eine Vervielfachung der Datenproduktion von zehn Zettabyte im Jahr 2015 auf 180 Zettabyte im Jahr 2025.

Schottland beginnt ebenfalls, sich mit IT-Firmen stärker zusammenzuarbeiten. So hat Microsoft vor den schottischen Orkney-Inseln ein Datenzentrum zu Versuchszwecken ins Meer gesetzt. „Wir gehen davon aus, dass wir unter Wasser eine viel bessere Kühlung erreichen als an Land“, zitiert die BBC Ben Cutler von Microsoft. Die geografische Lage und das große Angebot an Erneuerbaren Energien aus Windenergieanlagen könnte auch Schleswig-Holstein für IT-Firmen interessant machen. Hier gehen die Meinungen jedoch auseinander. „Das ist für uns zurzeit kein Thema“, wird ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Kiel zitiert. Dennoch - so ganz ist man dem Interesse von IT-Firmen an grünem Strom jedoch nicht abgeneigt. Anfang September eröffnete im Silicon Valley in San Franciso das „Northern Germany Innovation Office“ (NGIO)“. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister, Dr. Bernd Buchholz, sieht darin die größten „Chancen dafür, dass Innovationen aus den USA auch in Schleswig-Holstein zünden und hier langfristig Wirtschaftskraft entfalten“. Vielleicht werden hier irgendwann auch zukünftige Kontakte für Datenzentren geknüpft.

Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht.