Hybridkraftwerk speist Wasserstoff in Wärmeversorgung
Seit 2011 ist im brandenburgischen Prenzlau ein einzigartiges Hybridkraftwerk in Betrieb. Dieses soll den praktischen Nachweis erbringen, dass eine sichere und nachhaltige Energieversorgung auf Basis von erneuerbaren Energien möglich ist.
Das Kraftwerk erzeugt Wasserstoff klimaneutral mit Hilfe von Windenergie und setzt ihn bei Bedarf wieder zur Stromerzeugung ein. Hierdurch kann erneuerbare Energie bedarfsorientiert in das Stromnetz eingespeist werden. Der Windstrom stammt aus drei Windturbinen (je mit einer Nennleistung von 2,3 MW). Ist das Netz ausgelastet, fließt die elektrische Energie über ein Mittelspannungskabel in eine Elektrolyseanlage, die Wasser in Wasser- und Sauerstoff spaltet. Der Sauerstoff wird an die Umwelt abgegeben, der Wasserstoff in Drucktanks gespeichert, die eine örtliche Tankstelle versorgen. Das Mittelspannungskabel ist zudem in das Mittelspannungsnetz eingebunden, das über das Umspannwerk Bertikow direkt in das Höchstspannungsnetz der 50Hertz Transmission GmbH einspeist.
Seit Ende 2014 wird der Wasserstoff ins öffentliche Erdgasnetz eingespeist. Als „Windgas“ bietet ihn der Energieversorger Greenpeace Energy seinen Kundinnen und Kunden zum Heizen und Kochen an. Dem Erdgas darf Wasserstoff allerdings nur bis zu einem Anteil von drei, maximal fünf Prozent beigemischt werden. Der Wasserstoff könnte, falls Abnahmegeräte fehlen, auch in den beiden Blockheizkraftwerken (BHKW) am Standort verbrannt werden. Die BHKW werden mit Biogas versorgt, das ebenfalls vor Ort produziert wird. Rohstoffe sind vor allem Gülle und Bioabfälle. Die Abwärme der Motoren wird in ein Fernwärmenetz eingespeist. Überschüssiges Biogas fließt in Drucktanks, um das BHKW ständig einsatzbereit zu halten, falls Regelenergie zur Stabilisierung des Stromnetzes benötigt wird.
Harald Jahnke von den Stadtwerken Prenzlau erklärt, wie mit einem Hybridkraftwerk die Energieziele der Kommune verfolgt werden und warum mit diesem Vorhaben Neuland betreten wurde.
Was ist der Nutzen des Projektes für den Klimaschutz?
Die Verbesserung unseres Primärenergiefaktors in der Wärmeversorgung durch die Nutzung Erneuerbarer Energien. Anstelle der Verbrennung von Erdgas nutzen die Stadtwerke Prenzlau das aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugte Biogas und den durch Windkraft und Elektrolyse im Hybridkraftwerk der ENERTRAG AG erzeugten Wasserstoff. In 2017 konnten wir so ca. 180 t CO2 Emissionen einsparen.
Welche Akteure waren an der Umsetzung beteiligt?
Das Projekt hat die ENERTRAG AG aus Dauerthal entwickelt. Darüber hinaus haben sich auch Total, Vattenfall und die Deutsche Bahn beteiligt.
Wie hoch waren die Kosten und wurde das Vorhaben gefördert?
Die Gesamtinvestition lag bei 21 Mio Euro. Das Hybridkraftwerk wurde mit Fördermitteln im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Ost und nach dem 7. Rahmenplan für Forschung und Entwicklung Brandenburg gefördert.
Welche Herausforderungen gingen mit der Umsetzung Ihres Projektes einher?
Das Hybridkraftwerk der ENERTRAG AG befindet sich in der Peripherie von Prenzlau. Die Wärme wird aber im Wohngebiet „Georg-Dreke-Ring“ in Prenzlau benötigt. Daher mussten die erforderlichen Verbindungen (Gasleitung für Wasserstoff / Biogasgemisch) zwischen dem Hybridkraftwerk und der BHKW-Anlage im Wohngebiet geschaffen werden.
Welchen Anpassungsbedarf der regulatorischen Rahmenbedingungen sehen Sie, um die Sektorenkopplung in Deutschland stärker zu fördern?
Es sollte vom Gesetzgeber ermöglicht werden, den überschüssigen Strom, der im Rahmen des EEG-Einspeisemanagements abgeregelt wird, ohne Netznutzungsentgelte und Umlagen direkt in der Wärmeerzeugung zu verwenden.
Wodurch entstand die Initiative zum Sektorenkopplungsprojekt? Wer waren die entscheidenden Treiber?
Durch die Suche der Stadtwerke Prenzlau nach Alternativen zur Verwendung fossiler Brennstoffe in der Wärmeerzeugung und die Initiative der Enertrag AG zur Verwendung des überschüssigen Windstroms.
War dieses Projekt das erste seiner Art oder gab es schon Erfahrungen aus anderen Regionen und Projekten?
Mit der Errichtung des Hybridkraftwerks hat die Enertrag AG nach unserem Kenntnisstand Neuland betreten.
Welchen Stellenwert spielt ein guter Informationsfluss und ein gutes Netzwerk für die Umsetzung von Projekten? Kann ein Netzwerk zur Sektorenkopplung die Anwendung innovativer Energiewende-Ansätze beschleunigen?
Es ist immer gut, wenn man die Erfahrungen anderer Akteure aus Pilotprojekten nutzen kann. Dazu sind Netzwerke bestens geeignet. Wenn die Politik die Rahmenbedingungen für die Verwendung von ansonsten abgeregeltem Windstrom zur Nutzung im Wärmesektor schafft, werden sich die Akteure mit dem Thema der Sektorenkopplung intensiver auseinandersetzen. Ein Netzwerk kann dann die Interessen bündeln und Erfahrungen vermitteln.
Ihr Fazit zur Sektorenkopplung?
Ein sinnvoller Weg zur Einsparung von Primärenergie, der unbedingt weiterverfolgt werden sollte.
Kontaktperson
Harald Jahnke
Geschäftsführer der Stadtwerke Prenzlau
info@stadtwerke-prenzlau.de
Tel.: 03984 853 0
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