Energie-Kommune des Monats: Region Hannover
September 2023
Dass der Klimaschutz als Gemeinschaftsprojekt gedacht werden muss, an dem sich Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft beteiligen, zeigt die Region Hannover. Die 21 Städte und Gemeinden umfassende Gebietskörperschaft unterstützt regionale Kommunen, Organisationen und Privatpersonen bei erneuerbaren Vorhaben. Mit umfassenden Energiewende-Programmen möchte die Region als Vorreiterin auf diesem Gebiet ehrgeizige Ziele erreichen.
Bis zum Jahr 2035, statt wie ursprünglich geplant bis 2050, möchte die Region Hannover mit ihren 1,2 Millionen Einwohner*innen die Treibhausgasneutralität erreichen. In den Sektoren Strom und Wärme sollen erneuerbare Energieträger die fossilen bis dahin vollständig ersetzen – im Verkehrssektor perspektivisch ebenfalls. Die deutlich gesteigerten Ambitionen bedürfen moderner Strukturen und der Einbeziehung gesellschaftlicher Partner.
Um diesen An- und Herausforderungen gerecht werden zu können, bündelt und koordiniert die Regionsverwaltung mit ihren etwa 3.000 Mitarbeitenden ihre Klimaschutz- und Energiewende-Aktivitäten in dem seit Februar 2023 bestehenden Fachbereich Energie und Klima. Eine „Vorbildregion für nachhaltiges Handeln und Klimaschutz“ zu sein, ist eines ihrer sieben strategischen Ziele. Der Weg dahin führt über die Vermeidung und Verminderung des Treibhausgasausstoßes. Um Maßnahmen möglichst effizient zu planen und zügig umzusetzen, vernetzt der Fachbereich spezialisierte Akteure und kontrolliert gleichzeitig den Fortschritt durch regelmäßige CO2-Bilanzen der Region.
Gemeinsames Engagement für die Energiewende
Aktuell erarbeitet die Region Hannover mit dem Klimaplan 2035 eine neue Grundlage zur Klimaneutralität. „Hauptbestandteil ist die Erstellung regionaler Szenarien, welche die möglichen Entwicklungen der Endenergieverbräuche und Treibhausgasemissionen bis 2035 in der Region untersuchen“, erklärt Jens Palandt, Dezernent für Umwelt, Klima, Planung und Bauen der Region Hannover, und führt weiter aus: „Die Szenarienerstellung wird einerseits flankiert durch Sofortmaßnahmen – das sind kurzfristig umsetzbare Projekte, die schnell Treibhausgasemissionen einsparen beziehungsweise den regionalen Kommunen helfen, den lokalen Klimaschutz auf eine systematische Basis zu stellen. Andererseits verfügt die Verwaltung der Region Hannover auch über ein eigenständiges Klimaschutzkonzept.“ Dieses regelmäßig angepasste Klimaschutzkonzept für die Verwaltung der Region Hannover enthält einen Katalog von Klimaschutzmaßnahmen, welche den Einflussbereich der Regionsverwaltung abbilden.
Vorangetrieben wird der Klimaschutz außerdem vom Kuratorium Klimaschutzregion Hannover. Das Netzwerk besteht aktuell aus mehr als 50 Mitgliedern und Gästen. Zentrales Element zur Stärkung des Klimaschutzes ist eine umfassende Kommunikationsstrategie, um die Einwohner*innen der Region über die Vorteile erneuerbarer Energiequellen zu informieren und für die zukunftsweisenden Pläne zu begeistern. Verantwortlich für die Umsetzung ist die gemeinnützige Klimaschutzagentur Region Hannover, die über eine zentrale Klima-Webpräsenz zu Erneuerbaren Energien, Energieeffizienzstrategien für Unternehmen, energetischem Bauen sowie Stromspartipps und Förderangeboten für Privathaushalte informiert.
Doch nicht nur die Region Hannover unternimmt große Anstrengungen in der Gestaltung des Lebensraums. „Auch in den Städten und Gemeinden wurden Klimaschutzprogramme erarbeitet und befinden sich in der Umsetzung“, betont Palandt. So auch das Klimaschutzprogramm Hannover 2035 der Landeshauptstadt Hannover. Es enthält zehn zentrale Punkte, die mit 53 konkreten Maßnahmen aus den Bereichen nachhaltige Energieversorgung, Wärme, Mobilität, nachhaltiger Lebensstil, natürliche Kohlenstoffspeicher, Information und Beratung sowie Fördermittel hinterlegt sind.
Mit Erneuerbaren Energien zur Netto-Null
Erneuerbare-Energien-Anlagen sind das Rückgrat der Energiewende in der gesamten Region Hannover. 265 Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 448 Megawatt produzieren in der Region klimafreundlichen Strom. Nun sollen durch die Ausweisung von neuen Vorranggebieten im Regionalen Raumordnungsprogramm die Anzahl und Leistung steigen. Zudem soll mit einer Solaroffensive auch die Zahl der Photovoltaikanlagen auf allen infrage kommenden Dachflächen in der Region bis 2030 deutlich steigen. Über die Dach-Solar-Richtlinie werden beispielsweise Maßnahmen zur Dachdämmung gefördert, wenn gleichzeitig eine Solaranlage installiert wird. Dafür stehen jährlich 2,5 Millionen Euro Fördervolumen bereit. „Die regionseigenen Gebäude sollen – sofern noch nicht geschehen – energetisch saniert werden. Neubauten entstehen weiterhin im Regelfall im Passivhausstandard und damit nahezu klimaneutral. Vom Bau bis zum Abriss sollen möglichst wenig Ressourcen verbraucht und möglichst viele Materialien recycelt werden“, fasst Jens Palandt die weiteren Planungen zusammen.
Ein wichtiges Puzzlestück: das „Aktionsprogramm Verkehrswende“
Um bis zum Jahr 2035 etwa 70 Prozent des CO2-Ausstoßes in der Region einzusparen, verbindet der Verkehrsentwicklungsplan 2035+ sogenannte Pull- und Push-Maßnahmen. Damit werden nachhaltige Verkehrsmittel attraktiv gestaltet und gleichzeitig die Priorisierung des motorisierten Individualverkehrs aufgehoben. Durch die darüber hinauslaufende Nutzung fossil betriebener Fahrzeuge ist die angestrebte Netto-Null in diesem Sektor nur langfristig realistisch. Ebenso wichtig wie die Umweltziele sind dabei die Aufenthalts- und Lebensqualität – auch durch eine flexible, vernetzte und sichere Mobilität. Während der Pkw-Verkehr elektrifiziert und halbiert werden soll, ist die Verdopplung der Fahrrad- und ÖPNV-Leistung geplant. Eine gerechtere Straßenraumaufteilung mit weniger Flächenbedarf für den motorisierten Individualverkehr wird angestrebt.
Ein Umsetzungskonzept zur Elektromobilität in der Region legt neben Maßnahmen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur und kostenlosen Parkplätzen für Elektrofahrzeuge vor allem auch einen Schwerpunkt auf kommunikative und öffentlichkeitswirksame Zwecke. Die Verwaltung, deren Fuhrpark nach und nach auf Elektrofahrzeuge umgestellt wird, möchte dabei eine Vorbildrolle einnehmen. Zusätzlich werden Alternativen zu privaten Pkw gefördert: Carsharing, On-Demand-Services und Leihfahrräder mit und ohne Motor oder Lastenkiste erweitern das Verkehrsmittelangebot.
Praktischer Klimaschutz für Mensch und Natur
Neben der Gestaltung des vom Menschen genutzten Raums ist auch die Förderung der Biodiversität entscheidend für erfolgreichen Klimaschutz. Die Region umfasst mit vier Hochmooren in der Hannoverschen Moorgeest einen Teil des nordwestdeutschen Hochmoorbezirks, den der Mensch durch Entwässerung für sich nutzbar machte. Dabei sind intakte Moorgebiete nicht nur ein einzigartiger Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, sondern auch ein sehr effektiver Langzeitspeicher für Kohlenstoff. Als Projektpartnerin ist die Region Hannover für die Umsetzung einzelner Maßnahmen des EU-LIFE+-Projekts „Hannoversche Moorgeest“ verantwortlich. Das Projektgebiet wird mit europäischen Fördermitteln unter der Federführung des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) renaturiert. Die Revitalisierung leistet einerseits einen Beitrag zum Klimaschutz und wird andererseits zukünftigen Generationen eine nicht minder wichtige Grundlage für wertvolle und sichere Lebensräume.
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