"Ich gebe mein Bestes, ein Stück zumindest" - Wie Schornsteinfegermeisterin Maria Speck zur Energiewende beiträgt

Maria Speck ist Schornsteinfegermeisterin und Energieberaterin in Bad Langensalza – und sieht sich als wichtige Vermittlerin zwischen Politik und Bürger*innen. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen der Wärmewende, Fehlinformationen rund ums Heizen und warum ihr Beruf mehr ist als bloßes Glücksbringen.

Können Sie uns ein wenig über sich erzählen? Was hat Sie dazu inspiriert, Schornsteinfegermeisterin zu werden?

Foto: Maria SpeckMein Papa ist Schornsteinfegermeister mit eigenem Bezirk in Bad Langensalza und hat immer, als ich klein war, davon geschwärmt, wie toll der Beruf ist. Er war immer total happy in dem, was er tut und natürlich wollte ich genau das Gleiche machen wie er. Deswegen habe ich zwei Jahre nach meiner Ausbildung zur Zahnarzthelferin beschlossen, noch mal eine Umschulung zu zur Schornsteinfegerin durchzuziehen und wirklich das zu tun, was ich schon immer machen wollte.  

Und wie erleben Sie Ihre Arbeit als Frau in diesem traditionell eher männlich geprägten Beruf?

In der Region, wo ich tätig bin, sind sehr, sehr viele Schornsteinfegerinnen unterwegs und dadurch ist das hier etabliert. Ich habe keine negativen Erfahrungen gemacht.

Das Berufsbild Schornsteinfeger*in hat sich in den letzten Jahren verändert und verändert sich weiter. Was würden Sie sagen, welche Rolle die Schornsteinfeger*innen in der Energiewende einnehmen?

Ich bin der Meinung, dass wir eine Schlüsselrolle zwischen der Politik und den Bürgern haben. Wir sind direkt beim Kunden. Wir kennen die Häuser, wir kennen die Leute, wir kennen das Heizverhalten von den Leuten und wir können ganz, ganz individuell jeden Einzelnen beraten. Nicht zu jedem Haus passt eine Wärmepumpe, nicht zu jedem Haus passt ein Holzvergaserkessel.

Wie läuft denn eine Energieberatung genau ab?

Ich lasse mir immer vorab von den Kunden, wenn vorhanden, Pläne vom Haus schicken und wann was saniert wurde, dann die Rechnungen oder Angaben dazu. Dann mache ich mit ihnen einen Termin aus und fahre zu ihnen nach Hause. Dort gehen wir zusammen durchs Gebäude. Ich messe alle Fenster und das Gebäude aus, gucke mir die Wände an - mache eine richtige Datenaufnahme. Zurück im Büro bearbeite ich das Projekt im PC und erstelle ein 3D-Modell. Die virtuelle Sanierung des Gebäudes zeigt deutlich, wo die größten Einsparpotenziale liegen. Dann erstelle ich einen Sanierungsfahrplan mit den fünf Sanierungsschritten und fahre nochmal zu den Kunden hin oder sie kommen zu mir ins Büro. Dann stelle ich ihnen den Plan vor und erkläre, was man am Gebäude machen kann, was sinnvoll ist, wie so eine Sanierung ablaufen könnte und welche Fördermittel es gibt.

Mit welchen konkreten Anliegen kommen die Kund*innen am häufigsten zu Ihnen?


Viele kommen und sagen: „Ich habe gelesen, eine Wärmepumpe ist ganz super und ich will mir die jetzt einbauen. Kann ich das einfach so machen?“  

Auch ein großes Thema ist, dass die Leute uns fragen, was wir Schornsteinfeger in fünf Jahren tun, wenn alle eine Wärmepumpe haben. Sie sorgen sich also auch so ein bisschen um uns. Da unser großartiges Handwerk so vielfältig ist und sich stets weiterentwickelt, wachsen wir mit der Technik mit.

Da kommen ja auch neue Themen auf den Plan, Energieberatung eben und Lüftung z.B. Welche Fehlinformationen begegnen Ihnen häufig in Bezug auf Heizung und Energieeffizienz?

Viele wissen gar nicht, dass es für das bauliche Sanieren auch Fördermittel gibt - wenn sie zum Beispiel neue Fenster einbauen. Und das wird leider auch von den Medien nicht richtig dargestellt.  

Einige Kunden sagen auch, dass der Aufwand um etwas förderfähig zu sanieren, zu hoch sei, um die Förderung überhaupt zu beantragen. Das stimmt nicht. Es ist nicht so, dass die Mehrkosten die Förderung auffressen.

Manche Häuser können, beispielsweise wegen der Denkmalschutzrichtlinie, nicht ausreichend gedämmt werden. Hier kann die moderne Wärmepumpe mit ihren niedrigen Vorlauftemperaturen ggf. allein nicht ausreichen. 

Ich wünsche mir manchmal von den Medien, dass sie sagen:, „Mensch, hier die Technologie gibt es, aber lasst euch mal vor Ort beraten, ob das überhaupt für euer Haus sinnvoll ist.“

Das heißt, Sie wünschen sich, dass Energieberater*innen öfter konsultiert werden und nicht drauflos saniert wird?

Häufig erlebe ich, dass einzelne Maßnahmen durchgeführt werden, ohne das große Ganze zu betrachten. Beispielsweise muss beim Fenstertausch immer der Dämmwert der Wand beachtet werden. Sind die Fenster besser als die Wand, kommt es früher oder später zu Feuchteschäden durch Kondensation in der Wand.

Und so ist es am Ende auch bei der Wärmepumpe. Ich sehe es häufig: Hier steht jetzt eine Wärmepumpe und die ist total winzig mit Blick auf das Riesenhaus mit ungedämmten Wänden, in dem sie installiert ist. Das kann eigentlich nicht funktionieren, nicht wirtschaftlich sein. Das liegt dann aber nicht, wie häufig vom Kunden gedacht, an der Technologie. Vielmehr wurde hier entweder falsch oder gar nicht beraten. Eine größere Wärmepumpe wäre ggf. sinnvoller gewesen.

Die Leute sanieren und sanieren und auch die Handwerker, die geben ihr Bestes - keine Frage. Aber es ist auch manchmal so, dass ich mir denke, wenn da nochmal zwei andere Augen drüber geguckt hätten, dann wäre das nicht passiert. Da würde ich mir schon wünschen, dass wir mehr mit ins Boot geholt werden.

Was ist aus Ihrer Sicht noch entscheidend für eine gelingende Wärmewende? Welche regulatorischen Änderungen würden Sie sich wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass mehr Planungssicherheit da ist. Also dass die Politik wirklich Nägel mit Köpfen macht und sagt, wir behalten jetzt die Fördermittelstruktur, so wie sie ist, für die nächsten drei Jahre bei oder vier Jahre, damit die Leute einfach eine Planungssicherheit haben. Nicht, dass so wie aktuell, am Ende des Jahres nochmal Anträge gestellt werden, um bloß noch die Fördermittel mitzunehmen. 

Und die Bürokratie ist auch immens und müsste vereinfacht werden. Es gibt zu viele Richtlinien, Beiblätter, Listen und technische FAQs. Meine Kolleginnen und Kollegen, die sich tagtäglich mit den Förderstrukturen beschäftigen, haben das zwar immer im Blick, aber Heizungsmonteure, die einmal im Monat einen Festbrennstoffkessel einbauen, die wissen vieles einfach nicht und können das auch gar nicht wissen. Also es müsste einfacher gemacht werden.

Zum Abschluss: Was raten Sie jungen Frauen, die Schornsteinfegerin werden möchten?  

Na - auf jeden Fall machen! Neulich hat mein Sohn mich gefragt, was ich eigentlich bei der Arbeit mache. Da habe ich ihm erklärt, dass ich Leute berate, damit die weniger Energie verbrauchen, weil das gut für die Umwelt ist. Und dann guckt er mich mit großen Augen an und sagt: „Oh Mama, heißt das, du rettest die Welt? “ Ich habe gesagt: „Ich gebe mein Bestes, ein Stück zumindest.“