Von Kopf bis Fuß: Recycling von Windenergieanlagen

28. Juni 2019. Was passiert eigentlich mit Windenergieanlagen, wenn wir sie nicht mehr brauchen? Nachhaltigkeit und Klimaschutz spielen auch bei den Erneuerbaren Energien eine Rolle, wenn sie selbst nicht mehr direkt zur Strom- oder Wärmeerzeugung beitragen. Gerade im Fall von Windenergieanlagen geht es dann darum, die großen Mengen verwendeter Materialien wieder in den Wirtschaftskreislauf zu bringen. Mit dem Ende der EEG-Förderung wird der Recyclingmarkt diesbezüglich noch mehr Aufträge erhalten.

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Die durchschnittliche Lebensdauer von Windenergieanlagen liegt zwischen 20 und 25 Jahren. Und zu diesem Zeitpunkt haben die Anlagen wirklich viel geleistet: Geht man von einer Lebensdauer von 20 Jahren aus, erfordert die Herstellung einer Windenergieanlage (Verbrauch von Primärenergie) lediglich zwei bis drei Prozent der Nettoenergieerzeugung, den diese während ihres gesamten Lebenszyklus erzeugt. So liegt die Amortisationszeit zwischen fünf und zwölf Monaten. Bleibt die Windenergieanlage sogar länger als 20 Jahre in Betrieb wird ihre Ökobilanz sogar noch besser.

Nichtsdestotrotz kommt der Zeitpunkt, an dem sich die Frage stellt, was aus einer solchen Anlage nach dieser Zeit wird. Mit dem Auslaufen der EEG-Förderung 2021 wird sich diese Frage bis 2025 etwa 8.000 Mal allein in Deutschland stellen. Wie die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) auf der diesjährigen HUSUM Wind zeigen wird, gibt es hierauf mehrere Antworten: Entweder werden die Windenergieanlagen repowered, das bedeutet, sie werden abgebaut und andernorts– meist im Ausland – wieder aufgebaut (Second Life), sie laufen weiter und ihre Betreiber vermarkten den erzeugten Strom direkt oder sie werden recycelt.

Eine klassische Windenergieanlage besteht aus Fundament, Turm, Gondel mit Getriebe, Generator, Rotoren und Steuerungselektronik. Neben Beton und Stahl werden hier auch unter anderem Kupfer, Aluminium, PVC und Verbundwerkstoffe als Materialien verwendet. „Für fast alle in einer Windenergieanlage verwendeten Materialien existieren geeignete Entsorgungswege“, zitiert die Energieagentur NRW Elisa Seiler vom Fraunhofer Institut für Chemische Technologie (ICT), „[Dadurch kann] eine Recyclingquote von 80 bis 90 Prozent erreicht werden.“

Schwieriger ist der Prozess des Recycelns von Rotorblättern, die aus glasfaserverstärkten Verbundwerkstoffen wie GFK (Epoxidharz mit eingebetteten Glasfasern) oder aus CFK (kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff) bestehen. Um die Rotoren gleichzeitig nicht zu schwer werden zu lassen, kommen auch Holz und Kunststoffschaum zum Einsatz. Die Stabilität, die diese aufgrund des verwendeten Materials und des Verbindens mit Harz aufweisen, erschwert gleichzeitig jedoch deren Wiederverwertung. Sie bestehen zu ca. 30 Prozent aus organischen Anteilen und dürfen deswegen nicht deponiert werden. Oft macht man sich deshalb bisher den hohen Energiegehalt der Rotorblätter zunutze, indem man sie verbrennt. So liegt der Heizwert von Holz bei rund 15.000 Kilojoule pro Kilogramm – bei Rotorblättern sind es zwischen 18.000 und 25.000 Kilojoule pro Kilogramm.

Eine andere Art des Recycelns von Rotorblättern hat jetzt das Bremer Unternehmen Neocomp entwickelt. Hierbei werden Rotoren aus GFK gekauft, geschreddert und mit Reststoffen aus der Papierherstellung gemischt. Anschließend nutzen Zementwerke dieses Produkt, auch „Fluff“ genannt, zur Herstellung von Zement.

Eine weitere Nutzung zeigt das Forschungsprojekt ReRoBalsa des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung. Ziel ist es, mittels spezieller Recyclingtechnik die Rückgewinnung von Balsaholz und Kunststoffschaum voranzutreiben und diese beispielsweise zur Herstellung von Dämm- und Baustoffen zu nutzen. „Die Neuartigkeit unseres Lösungsansatzes besteht darin, dass bereits bei der Demontage des Rotorblattes vor Ort die werthaltigen Bereiche mit dem Füllstoff abgetrennt werden und so einer separaten Aufbereitung und hochwertigen Verwertung zugeführt werden können“, heißt es auf der Seite des Forschungsprojektes. Ein neu produziertes, 75 Meter langes Rotorblatt mit einer Fläche von 500 Quadratmetern hat ein Volumen von zehn Kubikmetern Balsaholz.

Das Thema Recycling ist – wie diese Beispiele zeigen – ein wichtiger Aspekt hinsichtlich der auslaufenden EEG-Förderung. Aus diesem Grund widmet sich die AEE diesem Thema auch auf ihrem Co-Working-Space im Rahmen der HUSUM Wind. Hierzu haben wir Expert*innen geladen, die den Teilnehmer*innen mit spannenden Vorträgen und Diskussionen zu ihrer Arbeit zur Verfügung stehen. So beschäftigt sich beispielsweise das Deutsch-Französische Büro für die Energiewende mit dem Thema „Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen in Frankreich“.

Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht.

Foto: Anika Schwalbe / Agentur für Erneuerbare Energien

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