Energie-Kommune des Monats: Markt Indersdorf
August 2023
Keine fünfzig Bahnminuten nördlich von München liegt das ländlich geprägte Markt Indersdorf in Pendelnähe zur bayerischen Landeshauptstadt. Gleichzeitig bietet die Kommune ihren fast 11.000 Einwohner*innen Erholungsraum mit ihrer abwechslungsreichen Hügellandschaft im Glonntal. Während das Zentrum der Kommune Markt Indersdorf in den letzten Jahrzehnten immer weitergewachsen ist, hat es die Gemeinde geschafft, ihre dörflichen Strukturen in zahlreichen Weilern und umliegenden Höfen zu bewahren. Kommunalpolitik und Bürger*innen gestalten gemeinsam die Entwicklung des Ortes. Nichts anderes gilt für den kommunalen Klimaschutz und die kommunale Energiewende. Bereits seit 2016 besitzt der Markt einen kommunalen Energienutzungsplan. Dessen Zielsetzungen sollen durch die Nutzung der regionalen Ressourcen und eine effiziente Energie- und Wärmeplanung erreicht werden. Die Kommunalverwaltung hat mit ihren Bürger*innen und überkommunaler Zusammenarbeit starke Partner*innen zur Hand, die helfen, die Wende vor Ort umzusetzen und sie in die Köpfe der Markt Indersdorfer*innen zu tragen.
Die Energiewende kann nur durch den Einsatz verschiedener Technologien funktionieren. (Foto: Josef Götz/Agrardienst Götz GmbH)
Knapp 100 Prozent erneuerbarer Strom in der Kommune durch Solar- und Bioenergie
Laut Energienutzungsplan erzeugt der Markt bereits 2016 bilanziell etwa so viel erneuerbaren Strom, wie er selbst verbraucht. Dabei werden auch tatsächlich – laut Energienutzungsplan – lediglich 6.308 der 31.447 Megawattstunden pro Jahr durch konventionellen Energiemix gedeckt. Die Differenz von 25.138 Megawattstunden jährlich wird von Solarenergie und Biomasse getragen. Mittelfristig sollen auch Windräder im Landkreis Dachau, in dem Markt Indersdorf liegt, Strom produzieren. Wichtig ist aber auch hier, dass die Bürger*innen über die Prozesse und Erfahrungen von Windkraftprojekten informiert werden und so langfristig Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie in der Region gesichert wird. Hier engagiert sich der überparteiliche Arbeitskreis Windkraft im Landkreis Dachau mit Diskussionsrunden und zeigt den Markt Indersdorfer*innen mögliche Beteiligungsmodelle, Vorteile von Anlagen für die Bürger*innen sowie für die Kommune auf. In einer Veranstaltung im Mai 2023 informierte der Bürgermeister aus dem Nachbarlandkreis Gerolsbach über finanzielle Chancen der Windkraft für Kommunen. Im Anschluss gab der stellvertretende Landrat des Landkreises Dachau, Helmut Zech, einen Ausblick auf die geplanten Windkraft-Aktivitäten im Landkreis Dachau.
Neben dem Ausbau der Produktion von erneuerbarem Strom setzt die Verwaltung auch auf Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Kommune. Entsprechend eines Beschlusses des Marktgemeinderats und gefördert über das Förderprogramm Kommunalrichtlinie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz wird im Markt seit 2022 der Neubau eines Vorklärbeckens sowie einer Faulung mit angeschlossenem Blockheizkraftwerk realisiert. Das sich im Faulturm bildende Gas wird nach Abschluss der Arbeiten über das Blockheizkraftwerk mittels Kraft-Wärme zur Herstellung von erneuerbarem Strom sowie erneuerbarer Wärme genutzt. Das Vorklärbecken wurde bereits im Dezember 2022 fertiggestellt. Die Faulung sowie das Blockheizkraftwerk der Kläranlage von Markt Indersdorf befinden sich aktuell noch in der Umsetzung.
Kommunale Wärmewende als kommunales Gemeinschaftsprojekt
Während Markt Indersdorf im Stromsektor bereits beachtliche Erfolge erzielt hat, stellt die Dekarbonisierung des kommunalen Wärmesektors die Kommune vor eine ungleich größere Aufgabe. Mit gut einem Drittel entstehen in diesem Sektor nicht nur anteilig die meisten CO2-Emissionen in der Kommune – hier ist auch der Energiebedarf am größten. Eine Herausforderung, welche die Kommunalverwaltung jedoch nicht allein stemmen muss. Mit der Götz Agrardienst GmbH kann die Kommune auf einen starken Partner aus der Privatwirtschaft bauen, wenn es um die Umsetzung der Wärmewende geht. Auch Josef Götz, Inhaber und Geschäftsführer, beschreibt die Zusammenarbeit mit der Kommune als ausgezeichnet. Während die Wurzeln der Götz Agrardienst GmbH in der Landwirtschaft liegen, werden im Betrieb bereits seit über zwei Jahrzehnten die Möglichkeiten nachhaltiger Energieerzeugung genutzt. 2001 ging die erste Biogasanlage ans Netz. Diese ist aktuell in der Lage, rechnerisch 3.500 durchschnittliche Haushalte mit Strom und 1.500 mit Wärme zu versorgen.
In die Haushalte kommt die Wärme über das unternehmenseigene Wärmenetz. „Die Wärmewende ist in aller Munde und wir setzen sie bereits seit zwölf Jahren um“, betont Geschäftsführer Josef Götz. Die engagierten Landwirt*innen handeln aus Überzeugung. Josef Götz erinnert sich: „Als wir im Jahr 2001 mit einer Biogasanlage in Betrieb gingen, galten wir noch als Pioniere. Und manch einer hat uns hierfür eher belächelt.“ Die Entwicklung gibt den Wärmepionier*innen aus dem Dachauer Land recht, so wurde das Wärmenetz bis heute bereits mehrfach erweitert. Heute profitieren die Kund*innen des Netzes von einer stabilen und sauberen Wärmeversorgung. Und noch immer ist der Bedarf in der Kommune nicht gedeckt. Momentan schafft Götz BioWärme ein weiteres Wärmenetz in den Ortsteilen Karpfhofen und Eisfeld, kann so weitere 120 Gebäude per Fernwärme versorgen und jährlich ungefähr 750 Tonnen CO2 einsparen. In den kommenden Jahren werden weitere Anschlüsse folgen, da das Netz darauf ausgelegt ist, mit der Nachfrage weiterzuwachsen und so immer mehr Bürger*innen die Möglichkeit zum Anschluss bietet. Auf dem Hof des Familienbetriebs Götz im Süden der Kommune steht dafür bereits ein Wärmepufferspeicher bereit, der eine Million Liter Warmwasser fasst.
Bioenergie ermöglicht die kommunale Wärmewende und stärkt die lokale Biodiversität
Die Durchwachsene Silphie bietet Insekten auch im Sommer Schutz und Nahrung. (Foto: Josef Götz/Agrardienst Götz GmbH)
Die bereitgestellte Wärme der Götz BioWärme wird mittels Kraft-Wärme-Kopplung in Blockheizkraftwerken gewonnen, die mit Biogas gespeist werden. „Das Biogas wiederum stammt vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen und Gülle aus unserer Region. Somit ist die Wärme komplett CO2-frei und weist einen Primärenergiefaktor von 0 auf“, erklärt Josef Götz. Das Familienunternehmen erzeugt aber nicht nur erneuerbare Wärme, sondern stärkt auch die Biodiversität auf den Äckern der Kommune. Zwar gibt das Erneuerbare-Energien-Gesetz bereits eine Obergrenze zum Anbau von Mais oder anderen Getreidekörnern zur Energieerzeugung vor, Josef Götz betont jedoch: „Auch ohne Maisdeckel säen wir als Landwirte bereits seit über zehn Jahren diverse Blühpflanzen an, um einen wichtigen Beitrag für die Artenvielfalt und die Ökologie zu leisten.“ Konkret heißt das, dass neben rund drei Hektar Blühstreifen entlang der Maisfelder des Betriebs auf weiteren 15 Hektar die Korbblütlerart Durchwachsene Silphie angebaut wird. Die gelb blühende Pflanze wächst in den blüharmen Zeiten von Juni bis Anfang September und steht Insekten als Nahrungsquelle und Rückzugsort zur Verfügung. So wird die heimische Artenvielfalt gestärkt. Im September können die Pflanzen dann geerntet, gehäckselt und siliert werden. Anschließend werden sie in der Biogasanlage eingesetzt und die verbleibenden Gärreste werden im darauffolgenden Jahr wieder als Dünger auf den Feldern ausgebracht.
Energie- und Wärmewende mitgestalten, dank neuer Bürger*innenenergiegenossenschaft
In den nächsten Jahren ist keine Trendwende dieser dynamischen Entwicklung in Sicht. Im März 2023 wurde etwa mit der Bürger*innenenergiegenossenschaft „Dachauer Land“ als Gemeinschaftsprojekt der Gemeinden Altomünster, Markt Indersdorf und Hilgertshausen das Fundament für eine noch größere Beteiligung an der Energie- und Wärmewende gelegt. Hier sind der Markt Indersdorfer Bürgermeister Franz Obesser als stellvertretender Vorsitzender und Josef Götz als Mitglied des Aufsichtsrates beteiligt. In Zukunft können Bürger*innen des Landkreises über den Erwerb von Geschäftsanteilen zum Stückpreis von lediglich 100 Euro die lokale Energiewende mitgestalten und von dieser profitieren. Auch das Familienunternehmen Götz stärkt seine beiden Wärmenetze aktuell durch die Errichtung zweier Blockheizkraftwerke. Über einen Solarpark soll zukünftig auch grüner Wasserstoff in der Kommune produziert werden. Aktuell befindet sich das Projekt jedoch noch in der Planungsphase.
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