Energie-Kommune des Monats: Stadt Heidelberg
Januar 2024
Bereits im Februar 2015 zeichnete die Agentur für Erneuerbare Energien die Universitätsstadt Heidelberg als Energie-Kommune des Monats aus. Die 160.000 Einwohner*innen zählende Stadt am Neckar zeigt große Ambitionen bei der Umsetzung der Energiewende, etwa durch zahlreiche Förderprogramme, kostenlose Beratungsangebote, energetische Sanierungsmaßnahmen sowie den Einsatz vielfältiger Erneuerbarer-Energien-Anlagen, um das regionale Potenzial möglichst auszuschöpfen. Die zum damaligen Zeitpunkt noch im Bau befindliche weltweit größte Passivhaussiedlung Bahnstadt südlich des Heidelberger Hauptbahnhofs ist bis heute ein Vorzeigeprojekt für Stadtplanung und Energiekonzeption.
Dass Heidelberg den Klimaschutz kontinuierlich vorantreibt, zeigt eine kurze Chronologie: Von 2012 bis 2016 beteiligte sich die Neckarstadt am „Masterplan 100% Klimaschutz“ der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI). Eine Anschlussförderung über zwei weitere Jahre sicherte die anfänglichen Bestrebungen der Stadt, möglichst frühzeitig die Klimaneutralität zu erreichen. Weitere vier Jahre später zeichnete die EU Heidelberg im Jahr 2022 als Modellstadt für Klimaneutralität aus. Im November 2023 kam die Stadt schließlich schon einen Monat vor dem Gesetzesbeschluss ihrer Pflicht nach, einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen, der hier einsehbar ist: https://ww1.heidelberg.de/buergerinfo/vo0050.asp?__kvonr=34106
Die regelmäßig erstellten CO2-Bilanzen der Stadt Heidelberg bestätigen, dass mit dem gesamtstädtischen Endenergieverbrauch auch die CO2-Emissionen seit 20 Jahren kontinuierlich sinken, während gleichzeitig mit der Bevölkerungszahl auch die Wohnfläche privater Haushalte steigt. Dieser positive Trend zeigt: Das Maßnahmenpaket am Neckar wirkt und die Bevölkerung zieht mit. „Mein Eindruck ist, dass die Mehrheit der Heidelberger Bevölkerung den Themen und Projekten aufgeschlossen gegenübersteht“, sagt Heidelbergs Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain und fügt an: „Die massiv steigenden Energiekosten, die Abhängigkeit von Energieimporten und die Klimaerwärmung erfordern einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien – auch um die angestrebte Klimaneutralität noch vor dem Jahr 2040 zu erreichen.“
Auf den Erfolgen der vergangenen Jahre, die nicht nur den Heidelberger*innen, sondern langfristig auch dem Klima zugutekommen, ruhen sich die Stadtverwaltung und die Stadtwerke Heidelberg allerdings nicht aus. Zum ersten Mal verleiht die Agentur für Erneuerbare Energien die Auszeichnung Energie-Kommune des Monats daher erneut an dieselbe Kommune. Bei den Stadtwerken Heidelberg steht schon seit 2011 die regelmäßig fortgeschriebene Energiekonzeption 2030, damals noch Energiekonzeption 2020, für konkrete und immer neue Ziele, um die lokale Energiewende voranzutreiben. Zentraler Ort des Geschehens, sprich der Sektorenkopplung, ist der ENERGIEpark im Stadtteil Pfaffengrund. Dieser umfasst neben einem Holz-Heizkraftwerk, Biomethan-Blockheizkraftwerken (BHKW), Photovoltaikanlagen und einer Power-to-Heat-Anlage seit kurzem auch einen weithin sichtbaren Heißwasser-Energiespeicher mit Wahrzeichen-Charakter sowie Anlagen zur innovativen Kraft-Wärme-Kopplung (iKWK), die mit großen Luftwasserwärmepumpen Energie aus der Luft gewinnen und in das Wärmenetz einspeisen.
Wärmepumpen für Erde, Wasser und Luft
Im Wärmesektor setzen Stadtwerke und Stadtverwaltung bereits seit vielen Jahrzehnten auf das große Teile der Region umspannende Fernwärmenetz. In der Vergangenheit speiste primär das vom Heidelberger Schloss aus sichtbare Großkraftwerk im benachbarten Mannheim fossile Energie ins Netz ein. Doch das ändert sich: Seit 2010 produzieren die Stadtwerke Heidelberg einen zunehmenden Anteil Erneuerbarer Energien selbst, siehe Energie-Kommune des Monats Februar 2015. 2020 setzten die beteiligten Akteure dann einen großen Haken hinter das erste Ziel der Energiekonzeption 2030, die Hälfte des Heidelberger Wärmebedarfs durch klimafreundliche Fernwärme zu decken. Das Holz-Heizkraftwerk und die vier Biomethan-BHKW ergänzen die thermischen Energiequellen in Mannheim, allen voran die Abwärmenutzung der Abfallverwertung, und machen so etwa ein Viertel Fernwärme-Eigenerzeugung aus.
Die Stadtwerke nehmen sich nun vor, künftig über 70 Prozent des Wärmebedarfs klimaneutral decken zu können – etwa durch die Nutzung des Wärmepotenzials von Rhein und Neckar. Während eine große Flusswärmepumpe im Mannheimer Rhein 2023 in Betrieb ging, prüfen die Stadt und die Stadtwerke Heidelberg aktuell den Einsatz dieser Technologie an verschiedenen Neckarstandorten. In einer Vorprüfung wurden viele Kriterien berücksichtigt wie die Nähe zum Fluss, die Möglichkeit des Anschlusses an Fernwärme-Hauptleitungen, baulich-technische Anforderungen, der Platzbedarf für die Anlagentechnik, Auswirkungen auf die Schifffahrt, Hochwasserschutz und weitere wasserrechtliche Aspekte, Naturschutz, Nutzungskonkurrenzen, städtebauliche Aspekte und Auswirkungen auf den Straßenverkehr. Damit Heidelberg bis 2030 möglichst klimaneutral heizen und kühlen kann, sollen vor allem Erd- und Luftwärmepumpen die restliche Wärme erzeugen, um beispielsweise die für Fernwärme ungeeigneten Stadtteile am felsigen Odenwaldhang zu versorgen. In Zukunft könnten zudem geothermische Potenziale in Mannheim auch den Heidelberger Energiemix bereichern.
Ein großer Meilenstein wurde im Sommer 2023 erreicht: die Inbetriebnahme der größten iKWK-Anlage Deutschlands im ENERGIEpark Pfaffengrund. Drei KWK-Anlagen im Zusammenspiel mit drei Luft-Wasser-Wärmepumpen, die die Wärme der Umgebungsluft auf das Wasser übertragen, sowie einer Power-to-Heat-Anlage können durch die intelligente Verschaltung zu einer Stabilisierung des Stromnetzes beitragen, indem entweder Strom direkt in das Netz eingespeist oder aber in Wärme umgewandelt wird.
Ein Speicherturm macht die Wärmewende erlebbar
Der ebenfalls auf dem Areal im Pfaffengrund erbaute und seit 2021 betriebene Energie- und Zukunftsspeicher, ein Heißwasser-Wärmespeicher nach dem Prinzip einer Thermoskanne, ist das zentrale Stück der Heidelberger Wärmewende und ein weiterer Baustein der Energiekonzeption 2030. In den warmen und sonnenreichen Sommermonaten kann die Stadt schon zum Großteil auf erneuerbare Energiequellen zurückgreifen. Damit diese Energien auch für das übrige Jahr effizient genutzt und gespeichert werden können, bauten die Stadtwerke Heidelberg in den vergangenen Jahren den 55 Meter hohen Speicherturm in die sonst noch wenig auffällige Umgebung der Kernstadt. Der Pufferspeicher fasst 20.000 Kubikmeter Wasser, unterteilt in zwei Zonen. Das untere Segment hat ein Volumen von 12.800 Kubikmetern für Fernwärmewasser von bis zu 115 Grad Celsius. Damit dieses nicht verdampft, erzeugt das weniger heiße Wasser im oberen Speicherdrittel den nötigen Druck.
Dabei ist nicht nur die Speichertechnologie, sondern auch das Bauwerk selbst bedeutend für die Energiewende. Der Heidelberger Energie- und Zukunftsspeicher wird mit Abschluss der äußeren Baumaßnahmen voraussichtlich ab Sommer 2024 begehbar sein. Der dann fertiggestellte Turm könnte mit seiner Nähe zu den Bahngleisen und dem prämierten Architekturkonzept zu einem modernen Wahrzeichen werden. Gleichzeitig soll er die Transformation des Energiesystems erlebbar machen. Denn neben seiner eigentlichen Funktion wird er mit gastronomischen Angeboten auf der Dachterrasse und einem neuen Aussichtspunkt für die Heidelberger*innen auch zu einem Ausflugsziel und Lernort. Hier können die Menschen selbst den Weg Erneuerbarer Energien verfolgen, die schließlich auch bei ihnen ankommen. „Uns war von Beginn an wichtig, den Menschen in Heidelberg und der Region den Energiepark und insbesondere den Energie- und Zukunftsspeicher auch als Ort des Erlebens nahezubringen. Deshalb haben die Planung und Entstehung des Speichers besondere Events für die Öffentlichkeit begleitet“, sagt Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Energie. „So zeigen wir: Energiewende und Klimaschutz können Spaß und Freude machen.“
Mehr Stadtflächen für erneuerbaren Strom
Eine erfolgreiche Wärmewende bedarf allerdings auch mehr Strom aus Erneuerbaren Energien. Nicht zuletzt deshalb möchte die Stadt Heidelberg bis 2025 die Solar- und Windenergie-Leistung im Stadtgebiet um 25 Megawatt ausbauen. Ein Maßnahmenkatalog der Stadtverwaltung umfasst eine Solarpflicht für städtische und private Neubaudächer, teilweise auch für Bestandsgebäude, die Nutzung freier Flächen wie beispielsweise Autobahnrandstreifen und Deponien zur Energiegewinnung durch Photovoltaik (PV) sowie die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben, um wiederum PV-Anlagen auf Dachflächen zu installieren und Modelle für den Einsatz von Agri-PV zu entwickeln. Die Heidelberger*innen werden bei der Installation und Inbetriebnahme von PV-Anlagen, zu denen auch Balkonmodule zählen, von der Stadt mit einem Förderprogramm finanziell unterstützt. Im Jahr 2022 erzeugten PV-Anlagen in Heidelberg mit einer Leistung von 30 Megawattpeak etwa 29 Gigawattstunden klimaneutralen Strom. Aus der Einspeisung in das Stromnetz errechnete die Stadt eine CO2-Einsparung von 19.620 Tonnen.
Neben dem PV-Ausbau vor Ort ist nun auch ein erstes Windenergieprojekt geplant: der Bürgerwindpark Lammerskopf. An der östlichen Gemarkungsgrenze, auf einem Hügel im Odenwald gelegen, soll dort künftig nicht nur lokaler Windstrom erzeugt werden, sondern auch eine finanzielle Beteiligungsmöglichkeit für Bürger*innen der Region entstehen. Dafür bekam eine Projektgemeinschaft, bestehend aus drei Energiegenossenschaften (Heidelberger Energiegenossenschaft, Energiegenossenschaft Starkenburg und Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau), der Stadtwerke-Kooperation Trianel Wind und Solar sowie den Stadtwerken Heidelberg, den Zuschlag. Auch ein lokaler Windstrom-Tarif ist geplant. Bis hier die ersten Kilo- und Megawattstunden erzeugt werden, dürften allerdings noch mindestens fünf Jahre vergehen.
Über die Gesellschaft Trianel Wind und Solar bauen die Stadtwerke Heidelberg gemeinsam mit anderen Stadtwerken im ganzen Bundesgebiet weitere Wind- und Photovoltaik-Anlagen, über die sie anteilig für Heidelberg eine Gesamtleistung von rund 25 Megawatt bis 2030 erreichen. Das entspricht 33.000 Tonnen CO2 weniger pro Jahr sowie Strom für ca. jeden dritten Haushalt in Heidelberg.
Für mehr Muskel- und E-Antriebskraft im Straßenverkehr
Im Verkehrssektor setzt die Stadtverwaltung auf den Ausbau der Elektromobilität. Bei der Ladeattraktivität nimmt die Stadt bereits eine Spitzenposition im deutschlandweiten Vergleich ein – alle 500 mal 500 Meter findet sich mindestens eine öffentlich zugängliche Ladesäule. Die Stadt fördert neben privaten Ladepunkten auch E-Taxis, indem der betriebliche Mehraufwand ausgeglichen wird. Doch auch Heidelberg möchte den privaten Autoverkehr zugunsten von Lebensqualität, Sicherheit und Umwelt verringern. So zahlt die Stadt eine Prämie für die Abmeldung oder Außerbetriebsetzung eines Pkw entweder in Form eines Deutschland-Tickets für ein Jahr oder eines muskel- oder elektrobetriebenen Lastenrads. Entsprechend wird auch in die Fahrradinfrastruktur und das ÖPNV-Angebot investiert.
Die
Stadt Heidelberg wurde im Rahmen des Projekts Forum
Synergiewende als Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet. Weitere
Informationen zum Projekt finden Sie hier: https://www.unendlich-viel-energie.de/projekte/forum-synergiewende/projekt-forum-synergiewende
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