Energie-Kommune des Monats: Stadt Bedburg
Bedburg, inmitten des Rheinischen Braunkohlereviers gelegen, steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Das Ende der Braunkohle markiert das Ende einer Epoche, die mehr als 150 Jahre lang das Rheinische Revier geprägt hat. Dies bedeutet für die gesamte Rheinische Region tiefgreifende Strukturwandelprozesse, die durch den Erhalt bzw. die Neuschaffung von Arbeitsplätzen in der Region und den Erhalt der Wertschöpfungskette geprägt sind. Diesen Wandel begreift die Stadt Bedburg jedoch nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance. Der stufenweise Ausstieg aus der Braunkohleförderung und – verstromung wird mit Hilfe verschiedenster kommunaler und interkommunaler Projekte planbar gestaltet, damit dem Rheinischen Revier auf dem Weg zu einer innovativen, klimagerechten und nachhaltigen Region neue Perspektiven für den Strukturwandel eröffnet werden können. Durch diese Investitionen wird die Energiewende von fossilen Energieträgern zu erneuerbaren weiter vorangetrieben, sodass die Stadt Bedburg mit ihren knapp 24.000 Einwohner*innen sich frühzeitig auf den richtigen Weg einer angestrebten Treibhausgasneutralität bis 2045 gemacht hat.
Sozial-ökologischer Strukturwandel in Bedburg
In den letzten 18 Monaten war die Stadt damit beschäftigt, ein eigenes Klimaschutzkonzept zu entwickeln und so langfristig die Transformation der Kommune zu sichern. Mitte Mai soll dieses im Ausschuss für Klimaschutz, Digitalisierung, Wirtschaft und Strukturwandel vorgestellt und anschließend im Folgemonat vom Stadtrat beschlossen werden. Schwerpunktmäßig setzt das Konzept auf den weiteren Ausbau von Windenergie- und Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) sowie die Beschleunigung der energetischen Sanierung des städtischen Gebäudebestandes. Durch den Beschluss des integrierten energetischen Quartierskonzepts für den im Osten der Stadt gelegenen Stadtteil Bedburg Rath werden dort wichtige Sanierungsmaßnahmen weiter beschleunigt und deren Umsetzung vereinfacht. Außerdem sollen die Bedburger*innen beim Prozess der Transformation ihrer Stadt eingebunden und motiviert werden.
Als Impulsgeber geht die Stadtverwaltung Bedburg mit gutem Beispiel voran. So werden auf kommunalen Gebäuden wie dem Rathaus nach Möglichkeit Photovoltaikanlagen installiert. Durch Maßnahmen wie dem Austausch der Leuchtmittel in der Straßenbeleuchtung und einer forcierten energetischen Sanierung der stadteigenen Gebäude sollen zusätzlich Treibhausgase eingespart werden. Die bisherigen Schritte zeigen bereits Wirkung. So sind zwischen 2016 und 2019 die gesamtstädtischen energiebedingten Treibhausgasemissionen um fast acht Prozent zurückgegangen. Zu diesem Erfolg hat auch das Engagement von Privaten und ansässigen Gewerbebetrieben wesentlich beigetragen.
Klimaschutz schafft Zukunft
Infolge der Abkehr von der konventionellen Kohleverstromung befindet sich die Stadt Bedburg in einem herausfordernden Strukturwandelprozess, dessen Erfolg maßgeblich davon abhängt, ob und inwieweit es gelingt, regionale Wertschöpfungssysteme mit den damit verbundenen Arbeitsplatzeffekten im Lichte der aktuellen Ressourcen- und Klimaschutzerfordernisse gezielt umzubauen. Mit Hilfe konkreter Projekte sollen die übergeordneten Zielsetzungen Erhaltung bzw. Erhöhung der Lebensqualität, Schaffung und Erhaltung von neuen Arbeitsplätzen sowie Entwicklung von neuen Wohn- und Arbeitsformen erreicht werden. Zur Erreichung dieser Zielsetzungen soll die nachhaltige und klimafreundliche Entwicklung eines attraktiven interkommunalen Gewerbestandortes „BEB-61“ von 40 ha direkt an der BAB A-61 gelegen, beitragen. Hier sollen neue Standards für den nachhaltigen Gewerbebau und „green buildings“ gesetzt werden. Im Fokus steht aber auch eine klimafreundliche Energieversorgung und -nutzung.
Ein Teil der benötigten Energie könnte schon bald aus dem Pilotprojekt „Bedburg – Grüner Wasserstoff-Hub im Nordrevier“ bereitgestellt werden. Seit Mitte letzten Jahres wurde mit der Umsetzung des ambitionierten Projektes begonnen. Ziel ist die Demonstration der wirtschaftlichen Produktion von grünem Wasserstoff. Dieser sichert zum einen die regionale Versorgung mit klimaneutraler Energie, ist aber auch ein weiterer Schritt für die Region hin zu einer starken erneuerbaren Wirtschaft. So werden neue Arbeitsplätze geschaffen und gleichzeitig jährlich bis zu 1.400 Tonnen CO2 eingespart.
Bedburg kommt dabei zugute, dass sie mit dem Windpark „Königshovener Höhe“ bereits über die notwendige Energieinfrastruktur verfügt, um erneuerbaren Strom potenziell für die Herstellung von grünem Wasserstoff bereitzustellen. Derzeit stellen die 21 Windenergieanlagen seit ihrer Inbetriebnahme 2015 insgesamt 67,2 Megawatt (MW) zur Verfügung. Gerade in Zeiten geringen Stromverbrauchs könnten die Anlagen unter anderem kostengünstig ungenutzte Energie für die Produktion von grünem Wasserstoff zur Verfügung stellen. Die Anlagen auf dem wiederhergestellten Gelände des Tagebaus Garzweiler stehen so stellvertretend für ein neues, ein nachhaltiges Bedburg.
Damit gibt sich die Stadt jedoch nicht zufrieden. Mit dem Projekt „Bedburg A 44n“ ist die Erweiterung des Windparks "Königshovener Höhe" in Planung, der nach Fertigstellung theoretisch im Alleingang den Strombedarf aller Bedburger*innen decken könnte. Fünf neue Anlagen erzeugen zukünftig mit einer Leistung von jeweils 5,7 MW erneuerbaren Strom für 28.000 Haushalte. Die Stadt ist selbst zu 49 Prozent am Projekt mit einem Investitionsvolumen von 30.000 Millionen Euro beteiligt und gestaltet damit den regionalen Strukturwandel unmittelbar mit. Die ehemaligen Braunkohlereviere eignen sich mit ihren weiten Flächen ausgezeichnet zur Produktion von Windstrom. Nach Fertigstellung des im letzten Jahr begonnenen Projektes befinden sich auf dem städtischen Gebiet Windenergieanlagen mit einer Gesamtproduktionskapazität von 95 MW. Als Miteigentümer der Anlagen profitiert die Stadt vom Verkauf des Stroms. Gewinne können in neue Projekte reinvestiert werden. Davon profitiert der Klimaschutz genauso wie der Wirtschaftsstandort, aber eben auch die Bürger*innen. In zahlreichen Stadtentwicklungsprojekten erleben die Bedburger*innen hautnah mit, wie Einnahmen aus den Windparks die städtische Lebensqualität verbessern.
Heute wie im Morgen leben: Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster
Wie man die Energie- und Wärmewende mit modernem Wohnen verbinden kann, zeigt die Stadtverwaltung im Ortsteil Bedburg-Kaster. Das auf einem ehemaligen Tagebaugebiet entstehende Wohngebiet am Rande der Stadt gehört seit 2020 zu den Reallaboren der Energiewende. Nach entgültiger Fertigstellung im Jahr 2024 wird das Quartier als Teil des Projektes SmartQuart, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird, zeigen, wie klimaschonendes Wohnen in Zukunft aussehen kann. In der Ressourcenschutzsiedlung sollen insgesamt 29 Einfamilienhäuser, 30 Doppelhaushälften, 51 Reihenhäuser sowie acht Mehrfamilienhäuser entstehen. Über seinen gesamten Lebenszyklus wird das Quartier durch seine Bauweise und den Einsatz erneuerbarer Energiequellen einen um mindestens 50 Prozent geringeren Ressourcenverbrauch haben als vergleichbare Wohnviertel. Das kann nur gelingen, weil von der Planung über den Bau bis zum eigentlichen Betrieb der Gebäude auf dem sechs Hektar großen Gebiet jeder einzelne Schritt auf einen möglichst geringen Rohstoff-, CO2- und Energieverbrauch ausgerichtet ist. Damit soll nicht zuletzt anderen Bauherr*innen demonstriert werden, wie man einen möglichst kleinen CO2-Fußabdruck hinterlässt.
Das schließt die Wahl der richtigen Baustoffe genauso ein wie ein möglichst effizientes Energie- und Wärmesystem. Auch hier kann das Quartier mit einem innovativen Ansatz überzeugen. Wärme wird zum einen mittels Wärmepumpen und der Nutzung eines Abwasserwärmetauschers zentral bereitgestellt und über ein LowEx-Wärmenetz im Quartier verteilt. Das Wärmenetz ermöglicht, im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen, auch eine dezentrale Einspeisung von Wärme über die Wärmepumpen der einzelnen Neubauten. So wird jederzeit eine möglichst effiziente Wärmenutzung im Quartier gewährleistet. Die Wärmepumpen und andere Stromverbraucher werden ihren Strom direkt von einem der fünf im Bau befindlichen Windräder von „Bedburg A 44n“ klimaneutral und nachhaltig beziehen. Unterstützt wird das WIndrad von der quartierseigenen Solaranlage. Durch die Vernetzung aller Gebäude, Energieerzeuger, Verbraucher, Speichersysteme und Steuerungselemente durch den SmartQuart Hub wird sichergestellt, dass die produzierte Energie effizient genutzt und bei Produktionsüberschüssen dank Wärme- bzw. Li-Ionen-Speichern nicht verloren geht.
Das ist nur eines von zahlreichen weiteren in Planung befindlichen Projekten. So soll die alte Zuckerfabrik zu einem neuen Stadtviertel mit innovativem Energiekonzept umgebaut werden und durch die Neugründung eines Gemeinschaftsstadtwerks der Nachbarkommunen Bedburg, Bergheim und Elsdorf, der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter beschleunigt werden. Bedburg zeigt so auf unterschiedliche Weise, dass es den Herausforderungen des Strukturwandels und der Energiewende der nächsten Jahre bestens gewachsen ist.
Disclaimer
Um das Engagement der Nordrhein-westfälischen Kommunen im Bereich der Erneuerbaren Energien zu würdigen und die vielfältigen Best-Practices aufzubereiten, stellen wir in diesem Jahr insgesamt drei Kommunen aus dem Bundesland als Energie-Kommunen des Monats vor. Unterstützt wird die Kampagne vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V. (LEE NRW).
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