Energie-Kommune des Monats: Feldheim-Treuenbrietzen
Oktober 2010
Feldheim in Brandenburg erinnert an das kleine gallische Dorf, das sich gegen ein übermächtiges Imperium behaupten will. 2005 entstand die Idee einer Kommune, die über die Stromproduktion und -verteilung selbst entscheidet. Während andere Kommunen ihre Stromnetze zurückkaufen um die Energieversorgung wieder selbst in die Hand zu nehmen, geht Feldheim in der Stadt Treuenbrietzen noch einen Schritt weiter. Das kleine Dorf hat zusammen mit einem örtlichen Unternehmer ein eigenes Stromnetz für die 150 Einwohner verlegt, das mit dem deutschen Stromnetz verbunden ist. Das ist in Deutschland bislang einmalig. Michael Knape, Bürgermeister der Stadt Treuenbrietzen, rekapituliert die Entwicklung: „Die Idee der Autarkie war zunächst auf die neu gegründete Solarfabrik beschränkt, die über Wind und Sonne mit Strom versorgt wurde.“ Das erfolgreiche Modell machte Schule. „Die Bürger haben eine autarke Versorgung selbst angefragt“, erinnert sich Knape. Mittlerweile wird Strom und Wärme zu über 100 Prozent aus Erneuerbaren-Energien-Anlagen im Dorf produziert.
Alle machen mit
Ein wichtiges Argument für die Bürger ist und bleibt der Preis. Und gerade da zeigt Feldheim, dass die Erneuerbaren Energien ein niedriges und vor allem sicheres Preisniveau bieten können. Die Wärmeversorgung kostet die Bürger 15 Prozent weniger als bei jedem konventionellen Anbieter. Der Strom ist sogar 25 Prozent günstiger. Der Preis wird sich in den nächsten zehn Jahren nicht ändern. Diese Beteiligung an der wirtschaftlichen Entwicklung ist für die Bürger-Akzeptanz zentral. Und so gab es auch bei den Windprojekten nie eine breite öffentliche Ablehnung. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass der wirtschaftliche Gewinn auf einer gemeinsamen Investition basiert, denn jeder Feldheimer hat für den Anschluss an das Wärmenetz und das Stromnetz jeweils 1500 Euro bezahlt. „Wir haben die Energieautarkie als Herausforderung verstanden und wir haben sie gemeistert“, sagt Knape selbstbewusst. Der Vorschuss wird sich im Bereich Strom in knapp 7 Jahren amortisieren.
Das Einmaleins der Energieautarkie
Jetzt wartet das ganze Dorf nur noch auf die rechtlich-politische Zusage für sein eigenes Stromnetz. „Mit der physikalisch-technischen Autarkie in Feldheim haben wir absolutes Neuland betreten“, erklärt Werner Frohwitter, Diplomkaufmann der Energiequelle GmbH. „Wir bilden damit einen Präzedenzfall. Es gab also für die Genehmigungsverfahren teilweise noch gar keine Unterlagen.“ Technisch ist alles bereits fertig. „Wir müssen nur noch den Schalter umlegen und der Strom fließt“, so Frohwitter, ohne den das Projekt so nicht möglich gewesen wäre. Neben einem eigenen Stromnetz wurde auch ein eigenes Nahwärmenetz verlegt, an das alle Haushalte angeschlossen wurden. Nur ein Neubau mit eigener Wärmesonde wurde ausgespart. Statt Öl und Erdgas sorgen nun die dorfeigenen Schweine und Felder für die notwendige Wärme. „Allein im Wärmebereich spart die Kommune damit jährlich 100.000 Euro an Brennstoffimporten“, rechnet Knape vor. Den ersten Härtetest hat das Wärmenetz jetzt hinter sich. „Schön warm war‘s“, antwortet Bürgermeister Knape auf die Frage nach dem letzten Winter.
Alle Wertschöpfungseffekte an einem Ort
Das brandenburgische Unternehmen Energiequelle selbst projektiert seit 1997 Windparks. Später wurde das Geschäftsfeld um Solarenergie und Biogas erweitert. Auf einem ehemaligen Militärgelände in Feldheim errichtete die Firma einen Solarpark mit 96 Photovoltaik-Anlagen. Die Stahlkonstruktionen, die die Anlagen automatisch in den optimalen Winkel zur Sonne bringen, werden vor Ort in einem neu errichteten Werk hergestellt. Damit hat Energiequelle ein drittes wirtschaftliches Standbein für Treuenbrietzen geschaffen. Neben dem Metallverarbeitungswerk der Kohl-AG und dem Johanniter-Krankenhaus sorgen jetzt auch die Erneuerbaren Energien für Arbeitsplätze und für Aufträge an lokale Handwerker und Bauunternehmen. Verwaltungsangestellte, Ingenieure und Facharbeiter haben in dem neuen Werk einen Arbeitsplatz und in Feldheim ein neues Zuhause gefunden. Bisher sind 25 neue Arbeitsplätze entstanden, bei rund 150 Einwohnern.
Die Mischung macht‘s
Das Beispiel Feldheim zeigt, dass die Vorteile der Erneuerbaren Energien vorzugsweise als Mix zum Tragen kommen. Auf dem Gebiet von Treuenbrietzen stehen insgesamt 34 Windanlagen mit einer Gesamtleistung von 74 Megawatt. Der überschüssige Windstrom wird ins deutsche Stromnetz eingespeist. Das Sonnenkraftwerk auf dem ehemaligen Militärgelände liefert jährlich knapp 2750 Megawattstunden Strom. Bei Flaute und fehlender Sonneneinstrahlung produziert ein Blockheizkraftwerk Strom, das durch die Biogasanlage betrieben wird. 2011 soll eine Batterie zur Stromspeicherung dazu kommen. „Wichtig ist es, immer Schritt für Schritt vorzugehen“, rät Bürgermeister Knape. „Jeder Ort bedarf einer eigenen Planung und stellt besondere Ansprüche. Aber wir werden es auch schaffen, das Modell Feldheim auf ganz Treuenbrietzen zu übertragen.“ Und während sich das Imperium in Zukunft auf den schwankenden Planken der Rohstoffmärkte bewegt, wird in Feldheim schon gespart.
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