Energie-Kommune des Monats: Bad Waldsee
September 2021
Bad Waldsee tut gut – mit diesem Versprechen begrüßt die baden-württembergische Kurstadt ihre Besucher*innen genauso wie die Anwohner*innen. Seit über einem Jahrzehnt gilt das Versprechen gleichermaßen für die Umwelt. 2008 beschloss der Ort mit 20.000 Einwohner*innen im Süden des Landes die lokale Energiewende. Seitdem hat die Stadt durch zahlreiche Initiativen im Bereich Erneuerbare Energie, der Reduktion von CO2 und der nachhaltigen Versorgung der Bürger*innen mit Wärme gezeigt, dass die Stadt beides kann: Den Menschen ein lebenswertes Umfeld bieten und die Umwelt schützen. Dafür wurde Bad Waldsee schon mehrmals mit dem European Energy Award – ein europäisches Gütezertifikat für die Nachhaltigkeit der Energie- und Klimaschutzpolitik von Kommunen – bedacht. Zuletzt erhielt die Kommune die Auszeichnung 2018 in Gold und konnte damit ihre bisherigen Ergebnisse erneut übertreffen. Aktuell setzt die Stadt im Rahmen des Neuen Quartierskonzeptes gemeinsam mit den Stadtwerken ein umfangreiches Nahwärmeprojekt um, das über 1.800 Tonnen CO2 jährlich einsparen wird.
Bad Waldsee setzt die Energiewende zügig um, aber plant auch langfristig
Mit der Gründung der Stadtwerke im Jahr 2013 legte die Stadt den Grundstein für ihre Energiewende. Im Folgejahr wurde das lokale Klimaschutzkonzept der Stadt beschlossen. „Die Energie- und Wärmewende ist ein wichtiger Bestandteil unseres Klimaschutzkonzepts 2020/2050“, erklärt Brigitte Göppel, Mitglied der Stadtverwaltung. Die Ziele sind klar. Bis 2030 werden Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 in den Sektoren Wärme, Strom und Verkehr insgesamt um 55 Prozent reduziert. Weiterhin ist geplant, den Anteil des erneuerbaren Stroms auf 50 Prozent zu erhöhen und eine Wärmeversorgung zu entwickeln, die zu mindestens 25 Prozent aus nachhaltigen Quellen stammt. Bis spätestens 2050 soll die Energieerzeugung nahezu zu 100 Prozent erneuerbar sein. Gleichzeitig werden durch die Verdopplung der Sanierungsquote auf mindestens 2 Prozent und weiterer flankierender Maßnahmen, wie beispielsweise die Sensibilisierung der Verwaltung und Bürger*innenschaft, der Stromverbrauch bis 2050 um 25 Prozent und der Wärmeverbrauch um 66 Prozent gesenkt. Durch den Verkehrsentwicklungsplan 2025 und einem Radverkehrskonzept, die beide gerade umgesetzt werden, sollen außerdem der Radverkehr und der öffentliche Personennahverkehr weiter gestärkt werden.
Klimaschutz geht alle an
Eine schnelle Reduktion von Treibhausgasen und ein damit verbundener Ausbau der Erneuerbaren Energien kann nur gelingen, wenn wichtige Impulse von der Verwaltung und den Bürger*innen gleichermaßen ausgehen. Die Stadt hat hier eine wichtige Funktion, erklärt Brigitte Göppel: „Wir als Stadtverwaltung möchten als gutes Beispiel vorangehen und zeigen, was möglich ist. Bei allen wichtigen Entscheidungen spielt der Klimaschutz eine wesentliche Rolle.“ Intensiv beschäftigen sich Sachbearbeiter*innen der Stadt unter anderem in den Fachbereichen Bauen, Umweltschutz, ÖPNV und Beschaffungswesen mit dem Thema. Mit der Schaffung einer Stelle für eine* Klimaschutzbeauftragte* im diesjährigen Haushalt will die Stadt auch in Zukunft Kompetenz im Bereich Klimaschutz bündeln. Bereits die Auszubildenden und Studierenden werden seit 2012 im Rahmen des Nachhaltigkeitstages aktiv miteinbezogen. Als Junior-Klimaschutzmanager*innen klären sie die jüngsten Bürger*innen der Stadt zu dem Thema auf. Aktiv tritt die Stadt auch an seine Bürger*innen heran und bezieht diese ein. „Im Herbst 2021 wird deshalb das bestehende Energieteam nochmals ergänzt und ein sogenanntes „Klimateam“ ins Leben gerufen, bei dem auch externe Mitglieder aus verschiedenen Bereichen eingeladen werden.“ Diese Erweiterung soll neuerliche Impulse für den Klimaschutz schaffen, so Frau Göppel weiter.
Neues Quartierkonzept in Bad Waldsee – 4 Kilometer neue Trasse für die Wärmewende
Mit dem neuen Quartierskonzept setzt Bad Waldsee aktuell den Bau eines Nahwärmenetzes in der Altstadt um, das nach Fertigstellung alle kommunalen Gebäude in der Innenstadt sowie weitere 44 private und gewerbliche Gebäude versorgen soll. Als eines von neun Projekten wird das Nahwärmenetz im Rahmen des Förderprogramms ‚Energieeffiziente Nahwärmenetze‘ vom Landesministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft mit insgesamt 200.000 Euro gefördert. Nach Fertigstellung werden 4.100 m Trassen in Kombination mit einem Erdgas-Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Wärmepumpe zur Nutzung der BHKW-Niedertemperatur-Abwärme die Stadt teilweise mit Wärme versorgen. Deutschlandweit ist der Wärmemarkt mit einem Anteil von circa 50 Prozent entscheidend, wenn man das Ziel der Bundesregierung erreichen will, die Treibhausgasemissionen bis 2045 auf Null zu senken. Das Nahwärmeprojekt leistet so einen wichtigen Beitrag für die gesamtdeutsche Zielerreichung.
Der Ausbau des Wärmenetzes geht gut voran. Die Bauabschnitte Gartenstadt 1, Innenstadt, Schulzentrum und Schützenstraße bis Innenstadt wurden bereits abgeschlossen und sollen ab Oktober mit der Wärmeversorgung aus der Heizzentrale beginnen. Am Standort der neuen Heizzentrale Bad Waldsee Mitte in der Schützenstraße wurde bereits im Februar ein neuer Wärmespeicher installiert. Der 16 Meter hohe und 23 Tonnen schwere Speicher bietet Platz für 200.000 Liter Warmwasser und versorgt als Teil der Heizzentrale gemeinsam mit dem BHKW mit angeschlossener Wärmepumpe mit Inbetriebnahme ab Oktober dieses Jahres die Stadt. Im Frühjahr 2022 wird mit der Konstruktion des letzten Bauabschnittes in der Gartenstadt 2 und dem Freibad der Stadt begonnen. Dieser soll bis Ende Juni 2022 abgeschlossen sein. Das ist aber nicht das Ende des Ausbaus. Vielmehr soll das Nahwärmenetz in den Folgejahren sukzessive durch Solarthermie und Holzhackschnitzel erweitert werden. Nach Abschluss des Projektes sorgen untereinander vernetzte Heizkessel, mehrere BHKWs, Wärmepumpen, Wärmespeicher und weitere Energiesysteme wie Solaranlagen, Geothermieanlagen und umgewandelte Abwärme für eine zuverlässige Wärmeversorgung in kommunalen Gebäuden, dem Maximilianbad – einer lokalen Rehaklinik - Mehrfamilienhäusern, Genossenschaftsbauten und anderen Wohngebäuden. Ab 2022 fließen so 10,5 Millionen Kilowattstunden (kWh) Wärme jährlich durch das Netz. Damit spart die Stadt zusätzlich über 1,800 Tonnen CO2 ein. Das ist gut für die Umwelt, aber auch das Wohnen in der Stadt wird komfortabler, da Wartungsarbeiten im Heizungskeller der Vergangenheit angehören. Die Wärme erreicht so klimafreundlich und bequem ihre Endabnehmer*innen und versorgt ganze Stadtteile mit Raumwärme und Warmwasser.
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