Energie-Kommune des Monats: Lüneburg
September 2020
Wie Klimaschutz und Lokalpatriotismus zusammengeführt werden können, zeigt unsere Energie-Kommune im September – die Hansestadt Lüneburg. „In Lüneburg gilt das Thema Nachhaltigkeit als Teil der kommunalen Identität“, berichtet Tobias Winkelmann, Mitarbeiter der dortigen Klimaschutzleitstelle. Ein Erfolg, dem Jahrzehnte der Vernetzung und des Engagements vorausgegangen sind und der Hansestadt und Landkreis Lüneburg helfen soll, sich in der Zukunft zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien zu versorgen. Seit 1991 engagiert sich das niedersächsische Oberzentrum deswegen bereits in Klimainitiativen wie der Alianza del clima e. V. Im Folgejahr nahm Lüneburg dann die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung zum Anlass, eigene Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit verstärkt voranzutreiben. Seitdem spielt das Thema eine hervorgehobene Rolle in der Bevölkerung genauso wie in der Kreis- und Kommunalverwaltung.
Erfolgreiche Energiewende durch Zusammenarbeit: Stadt, Landkreis, Bürger*innenschaft
Um die selbst gesteckten Klimaziele zu erfüllen, arbeitet die Stadt eng mit dem Landkreis, den Nachbarkommunen und weiteren Partnern zusammen. Seit 2008 fungiert die Klimaschutzleitstelle (KSL) von Hansestadt und Landkreis als Schnittstelle zwischen den Kommunen, privaten Akteuren und den Bürger*innen. „Das Ziel ist es, verschiedene Akteure der Region, die für den Klimaschutz aktiv oder relevant sind, effektiv zu vernetzen. Die Leitstelle koordiniert Projekte und Netzwerke in den Kommunen – von Umweltberatungsprogrammen für Unternehmen über Klimaschutz-Teilkonzepte bis hin zu Aktionen in Schulen zum Thema Energiesparen“, erklärt Tobias Winkelmann weiter. Aber auch bundesweit sucht Lüneburg den Dialog. Gemeinsam mit anderen Oberbürgermeister*innen gründete Ulrich Mädge, Oberbürgermeister der Hansestadt Lüneburg, 2010 das Netzwerk „Dialog Nachhaltige Stadt“ innerhalb des bundesweit agierenden „Rates für Nachhaltige Entwicklung“. 2014 wird die Stadt mit dem „Deutschen Nachhaltigkeitspreis“ für Städte und Gemeinden ausgezeichnet und damit für ihr Engagement u.a. im kommunalen Nachhaltigkeitsmanagement und bei der Verzahnung von Stadt, kommunalen Gesellschaften und weiteren Partnern wie Landkreis und Universität.
Nachhaltigkeit als kommunales Kulturgut scheint auch in den nächsten Jahren weiterhin das Erfolgsrezept zu sein. 2020 startete die Hansestadt mit dem Projekt Zukunftsstadt 2030 in die dritte und für die Praxis entscheidende Phase. Lüneburg ist eine von bundesweit acht Zukunftsstädten, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden. Von Beginn an fußte Lüneburg 2030+ auf dem Prinzip der Partizipation und auf dem Austausch von verschiedenen Akteuren. So wurde die Bewerbungsskizze 2015 gemeinsam von der Hansestadt, der Leuphana Universität und dem Verein T.U.N. erarbeitet. Jetzt sollen in 15 konkreten Experimenten Ansätze und neue Projekte für die nachhaltige Stadtentwicklung und den Klimaschutz entwickelt werden. Dafür fließen 1,5 Mio. Euro Fördergeld. Ein eigens geschaffenes Zukunftsstadt-Büro direkt neben dem Rathaus sorgt dafür, dass die Ergebnisse z.B. zu Klimaanpassung und Denkmalschutz, Biodiversität oder auch Radlieferdiensten in die Stadtentwicklung fließen werden.
Schon heute 112 % Erneuerbarer Strom im Landkreis
In ihrem jährlichen Bericht informiert die KSL regelmäßig über den aktuellen Stand der Energiewende. Die Zielsetzung des Landkreises ist es, den eigenen Gesamtenergiebedarf bis 2030 zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien zu decken. In den acht Handlungsfeldern Erneuerbarer Strom, Erneuerbare Wärme, Energieeffizienz, Mobilität, Bildungsarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, kommunale Planung und Management sowie Kooperationen fasst die KSL jährlich die Fortschritte des Landkreises und seiner Kommunen zusammen. Und das Konzept geht auf, so konnte der Landkreis bereits 2018 112 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Dem jährlichen Stromverbrauch von 693 Gigawattstunden (GWh) stand eine Produktion von 776 GWh entgegen. Besonders die Windenergie trägt mit 74 Prozent entscheidend zur nachhaltigen Stromerzeugung bei.
Aber auch andere Energiequellen wurden bereits verstärkt ausgebaut. Mit 217 GWh hat die Stromerzeugung durch Biomasse ihr geschätztes Potenzial im Landkreis von 200 GWh bereits übertroffen. Seit Januar 2020 erweitert ein Blockheizkraftwerk (BHKW) auf dem Gebiet des Wasserwerkes Rote Bleiche die Produktion von nachhaltigem Strom. Das Wasserwerk kann durch das hocheffiziente BHKW, das gemeinsam mit Avacon Natur und Purena umgesetzt wurde, mehr als 60 Prozent seines Strombedarfs decken. So werden jährlich über 400 Tonnen CO2 eingespart. Die erzeugte Wärme kommt wiederum den mehr als 700 angeschlossenen Wohneinheiten zugute. In Lüneburg setzt die Abwasser, Grün & Lüneburger Service GmbH (AGL) bereits seit 1957 auf die Produktion von Biogas aus Klärschlamm. Zunächst wurde das Biogas zum Betrieb der Lüftungsanlage eingesetzt und bereits seit 1962 zur Produktion von Strom. Bis heute wurde dort der Ausbau der Erneuerbaren konstant gefördert, sodass 2012 mit der Installation eines weiteren Blockheizkraftwerkes die Stromproduktion auf jährlich 6,5 GWh erhöht werden konnte. Mit der Umstellung des Fuhrparks hin zu Elektro-Nutzfahrzeugen sowie der Geräte und Maschinen hin zu elektrobetriebenen Varianten ist das Abwasserunternehmen auch hier ein Vorbild. Heute versorgt sich die AGL vollständig autonom mit erneuerbarem Strom und Wärme.
Hingegen wenig ausgeschöpft sind die Potenziale bei der Produktion von Solarstrom. Dort erkennt die Leitstelle Potenzial beim Ausbau privater Anlagen zur Eigenstromversorgung. Gemeinsam mit der Hansestadt, die auch den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) in sieben gebietsbezogenen Förderfonds subventioniert, soll die Produktion von Solarstrom in den nächsten Jahren weiter gesteigert werden. Das Potenzial ist groß, nach einer Studie der Leuphana Universität könnten bei Nutzung aller Flächen über 200 GWh jährlich produziert werden. 2018 waren es lediglich 42 GWh. Mithilfe von Kampagnen wie dem Solar-Check, die zusammen mit der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen, dem Landkreis und der Hansestadt seit 2015 durchgeführt werden, können Hausbesitzer*innen eine umfangreiche Beratung zu einer möglichen Installation von PV-Anlagen auf dem eigenen Dach in Anspruch nehmen. Das Angebot kommt an. Seitdem wurden über 700 Beratungen durchgeführt. Besonders bemerkenswert ist hier der Beratungserfolg, so haben 40 Prozent der Beratenen ein Jahr später ein eigenes PV-Projekt umgesetzt oder gestartet.
Die Wärmewende in Lüneburg, potenziale Nutzen und den Verbrauch senken
Im Bereich der nachhaltigen Wärmeversorgung hat der Landkreis – genauso wie die Stadt – die bestehenden Potenziale noch nicht ausgeschöpft. Während in der Produktion die größten Potenziale von über 3.500 GWh in der Tiefen- sowie Oberflächengeothermie liegen, beteiligen sich Firmen wie Avacon Natur beim Ausbau von Fern- und Nahwärmenetzen. 2018 verfügten sowohl Stadt als auch Landkreis über jeweils mehrere Nahwärmegebiete.
2013 über eine dezidierte Sachbearbeitung Energiemanagement. Um Sanierungen möglichst effizient umsetzen zu können, wurde 2016 dafür ein Klimaschutzteilkonzept erstellt. Dieses gibt einen Überblick über den energetischen Sanierungsbedarf kommunaler Liegenschaften. Unter Inanspruchnahme einer Förderung wurden insgesamt 71 der rund 200 Liegenschaften dahingehend untersucht. Schwerpunkt der Untersuchung waren Gebäude mit hohen Energieverbrauch, geringen Denkmalschutzauflagen und bereits bekannten Erweiterungs- oder Umbaubedarf. So sollen energetische Sanierungen im Rahmen notwendiger Bauvorhaben zügig umgesetzt werden.
Fotos: 1. Lüneburg Marketing GmbH Mathias Schneider 2. Stadt Lüneburg 3. Abwasser, Grün & Lüneburger Service GmbH
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