Energie-Kommune des Monats: Kreisstadt Groß-Gerau

Der hessische Landkreis Groß-Gerau mit rund 256.000 Einwohnern hat sich das Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Bis 2020 soll der Endenergieverbrauch zu 30 Prozent aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Langfristig sollen 100 Prozent aus regenerativen Quellen stammen. Bereits im Jahr 2009 hatte der Kreistag den Entschluss gefasst, den Wärmebedarf und den Ausbau der Erneuerbaren Energien in einem Wärmeatlas darzustellen. Im Anschluss daran erarbeitete der Landkreis einen Wärmeplan und im Jahr 2015 folgte eine Machbarkeitsstudie zur Errichtung einer Nahwärmeversorgung in kleinen und mittleren Gemeinden im Landkreis.

Bestandsannahme und Potenzialanalyse


Die fossilen Energieträger Erdgas und Erdöl machten im Jahr 2010 noch den größten Teil der Wärmeversorgung aus (52 bzw. 36 Prozent). Der Endenergieverbrauch in der Wärmeversorgung lag bei 2.242.000 Megawattstunden pro Jahr. Die CO2-Emissionen waren mit 629.000 Tonnen pro Jahr entsprechend hoch. 66 Prozent der CO2-Emissionen werden von den privaten Haushalten verursacht. Die Ausgaben für Wärme im Landkreis belaufen sich auf 90 Millionen Euro pro Jahr für Erdgas und 67 Millionen Euro für Heizöl. Bisher liegt der Anteil der Fernwärmeversorgung im Landkreis am Endenergieverbrauch zur Wärmeversorgung erst bei 1,5 Prozent. Es bestehe also ein hohes Ausbaupotenzial. 32 Prozent des Endenergieverbrauchs könnten bis 2030 eingespart werden. Bis 2030 könnten 49 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden.

62 Prozent des Holzpotenzials seien noch nicht ausgeschöpft. 27.880 Megawattstunden pro Jahr wären noch nutzbar. Hinzu kämen 19.310 Megawattstunden aus Kurzumtriebsplantagen und 18.800 Megawattstunden aus Stroh und 10.960 aus Miscanthus. Die Summe ergäbe ein Potenzial von 89.800 Megawattstunden aus fester Biomasse. So könnten in Pelletkesseln und Hackschnitzelanlagen rund 76.000 Megawattstunden erzeugt werden. Das Biogas-Potenzial belaufe sich auf 60.300 Megawattstunden. Davon würden bereits 46 Prozent genutzt. Somit verfüge der Landkreis über  ungenutztes Potenzial von 32.600 Megawattstunden.


Mit Solarthermie könnten im Landkreis 109.700 Megawattstunden pro Jahr mit einer Kollektorfläche von 313.300 Quadratmetern erzeugt werden, was sieben Prozent des Endenergieverbrauchs in der Wärmeversorgung entspricht. Auch für die Nutzung von Tiefengeothermie verfügt der Landkreis durch seine Lage am Oberrheingraben über gute Voraussetzungen.

Mit Konzept zum Ziel


Das Wärmekonzept vergleicht vier verschiedene Varianten für ein mögliches Nahwärmenetz: Ein Erdgaskessel mit Heizölspitzenlastkessel, ein Holzhackschnitzelheizwerk mit Heizölspitzenlastkessel, ein Erdgaskessel mit Erdgasspitzenlastkessel und eine Tiefengeothermieanlage mit Erdölspitzenlastkessel. Am Beispiel der Gemeinde Gustavsburg im Landkreis Groß-Gerau zeigt sich, dass die Varianten mit Biomasse und Geothermie gegenüber der Erdgasvariante wirtschaftlich leicht im Vorteil sind, da die verbrauchsgebundenen Kosten niedriger sind.

Die Wärmeplanung fand unter einer frühzeitigen Akteursbeteiligung statt. Es wurde eine Projektgruppe aus Mitgliedern des Kreistags und Mitarbeitern des Landratsamtes gebildet. Ein Klimaschutznetzwerk band auch die Nachbarkommunen mit ein. Desweiteren fanden Workshops und Gesprächsrunden mit Unternehmen statt. Aus den verschiedenen Gremien und Veranstaltungen wurde schließlich der Maßnahmenkatalog entwickelt. Um die Wirksamkeit der verschiedenen Maßnahmen auch regelmäßig überprüfen zu können, wird im Landkreis ein regelmäßiges Energie-Monitoring durchgeführt und gleichzeitig Energiesteckbriefe aus jeder Gemeinde veröffentlicht. „Mit Hilfe der beiden Dokumentationen ist es uns möglich, die Umsetzung unserer ehrgeizigen politischen Ziele fortlaufend zu überprüfen“, betonte Walter Astheimer, der Erste Kreisbeigeordnete, im Rahmen der Veröffentlichung des letzten Monitorings im September 2017. „Es wird nicht einfach, aber wir sind weiterhin auf einem guten Weg.“