"Biokraftstoffe sind ein wichtiger Markt für unseren Raps"
Martin Ernst bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie einen 145 Hektar großen Hof im niedersächsischen Ottbergen. Zwischen Zuckerrüben, Weizen, Raps und Körnermais stellt sich für ihn längst nicht mehr nur die Frage nach guten Erträgen – sondern auch nach nachhaltiger Energie. Im Interview spricht er über Chancen und Herausforderungen von Biokraftstoffen, seinen Alltag als Landwirt und warum Landwirtschaft mehr kann, als nur Lebensmittel zu liefern.
Der Betrieb legt Wert auf nachhaltigen Ackerbau, verzichtet weitgehend auf Pflügen und setzt Zwischenfrüchte zur Bodenverbesserung ein. Durch Maschinenkooperationen mit Kolleg*innen nutzt Martin Ernst moderne Technik, beispielsweise GPS-gestützte Pflanzenschutzgeräte, um umweltfreundlich zu arbeiten. Der Austausch mit Berufskolleg*innen und die Teilnahme an Projekten wie dem HumusKlimaNetz ist ihm wichtig, um den Betrieb kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Herr Ernst, Ihr Betrieb baut Raps und Körnermais an – zwei wichtige Rohstoffe für die Biokraftstoffproduktion. Welche Chancen sehen Sie in der Produktion von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft?
Biokraftstoffe sind ein wichtiger Markt für unseren Raps. Beim Körnermais sehe ich eher Potenzial in der regionalen, gentechnikfreien Tierfütterung. Mais für die Ethanol-Produktion ist ein am Weltmarkt austauschbares Produkt. Grundsätzlich begrüßen wir aber jede alternative Vermarktung in der Region – gerade angesichts zunehmender Schwierigkeiten im Export.
Nutzen Sie Biokraftstoffe für Ihre landwirtschaftlichen Fahrzeuge bzw. ist das eine Option für Sie?
Den Weg sind wir zur Zeit der Mineralölsteuerfreiheit mitgegangen und würden es bei entsprechenden Rahmenbedingungen wieder tun. Beim Einsatz von Biokraftstoffen muss man unterscheiden, ob es beigemischte sind und die Motoren dafür freigeben sind. Hier wäre ich vollkommen leidenschaftslos, ob da nur 10 oder 50 Prozent Bio im Kraftstoff ist. Ist eine Freigabe durch den Hersteller da, wird der wirtschaftlichste Kraftstoff getankt.
Sie setzen auf nachhaltige Anbaumethoden wie Mulchsaat, Direktsaat und Zwischenfruchtanbau, um Ressourcen zu schonen. Welche Bedeutung hat das für die CO₂-Bilanz?
Ein geringer CO2-Fußabdruck durch angepasste Produktion, Mulchsaat und Direktsaat spart Diesel bei der Bodenbearbeitung und der intensive Zwischenfruchtanbau spart 25 Prozent Mineraldünger. Das bedeutet nicht nur geringere Kosten, sondern auch weniger CO2-Ausstoß – eine Win-Win Situation.
Wie sehen Sie die zweifelhaften Importe von Biodiesel aus China, der angeblich aus besonders schwer zu verarbeitenden Reststoffen hergestellt ist? Mittlerweile wird ja davon ausgegangen, dass dieser Biodiesel falsch deklariert ist.
Wenn nun das Altfett kein Altfett ist, sondern Palmöl, das aus Indonesien nach China exportiert und in China umetikettiert wird, konkurriere ich mit dem Palmöl und nicht mit dem Altfett. (Anm. d. R.: Dies ist möglich da China keine unabhängige Zertifizierung zulässt und die EU das aufgrund anderer wirtschaftlicher Interessen dem Handelspartner China durchgehen lässt.) Hinzu kommt der andere CO2-Fußabdruck und der Flächenverbrauch durch die Palmölproduktion.
Wenn unsere Rohstoffe zertifiziert und dokumentiert werden, dann muss das auch für alle Importe gelten. Keine überprüfbare Zertifizierung – keine Einfuhr und den Rest regelt ein fairer Markt.
Ihre Tochter Franziska möchte den Hof in Zukunft übernehmen. Welche Rolle könnten Biokraftstoffe in der nächsten Generation der Betriebsführung spielen? Welche Erwartungen haben Sie an die Politik und die Branche?
Biokraftstoffe aus der EU schaffen Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen und ihren Lieferanten. Selbstversorgung und eigene Wertschöpfungsketten müssen wieder zu einem Ziel politischen Handels werden. Wir brauchen den Raps für eine gesunde Fruchtfolge und einen gesunden Boden.
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