Energie-Kommune des Monats: Wettenberg
Mai 2013
Das Engagement der hessischen Gemeinde Wettenberg mit ihren knapp 13.000 Einwohnern hat Tradition: Schon seit den 1990er Jahren ist der kommunale Klimaschutz ein wichtiges Thema in der Gemeinde und reicht von der regenerativen Energieerzeugung über die effiziente Energienutzung bis hin zur Energieeinsparung. Im Mai 1998 wurde die „Lokale Agenda 21“ für Wettenberg von 130 engagierten Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde gemeinsam ausgearbeitet und im Januar 2000 durch das Gemeindeparlament beschlossen. Als Resultat des Arbeitsprozesses gründete sich im Mai 2000 der Wettenberger Energiebeirat. Dessen erfolgreiche Arbeit lässt sich auch in Zahlen ausdrücken: Für 2012 kann die Gemeinde eine Senkung des Heizenergiebedarfs um 58 Prozent im Vergleich zu 1996 verkünden.
Der Wettenberger Energiebeirat
Der Energiebeirat ist ein ehrenamtliches Gremium und setzt sich aus sach- und fachkundigen Mitgliedern zusammen, zu denen Vertreter der Gemeinde, Ingenieure, Handwerker, Architekten, Schornsteinfeger ebenso zählen wie lokale Energieversorger. Der Energiebeirat funktioniert als Scharnier zwischen Politik sowie den Bürgerinnen und Bürgern. Er ist keine regelmäßige Institution, sondern kommt zusammen, wenn Projekte anstehen, die sich mit dem Thema Energie befassen. So wird der Energiebeirat etwa drei Mal im Jahr einberufen. Seine Beschlüsse sind nicht für die Politik bindend, haben aber aufgrund der fachlichen Kompetenz und des unter den Mitgliedern erarbeiteten Konsens einen großen Einfluss. Auch die Mitgliedschaft des Wettenberger Bürgermeisters Thomas Brunner ist von großer Bedeutung, da dieser so am Arbeitsprozess und der Konsensfindung teilnimmt. Die Politik profitiert vom Knowhow und den fachlichen Einschätzungen des Energiebeirats, der zudem Projektideen vorschlägt, die dann von der Gemeinde umgesetzt werden: „Der Energiebeirat funktioniert wie ein Fachausschuss, der die Kommune berät und so auch für eine Qualitätssicherung sorgen kann“, erklärt Bürgermeister Brunner.
Ein Sinnbild für die Projekte, die durch Energiebeirat angestoßen wurden, ist die Sanierung des Rathauses. Für das Gebäude aus den dreißiger Jahren stand eine grundlegende Sanierung an. Der Energiebeirat wurde Einberufen und stimmte die Vorschläge für eine bestmögliche Sanierung ab. Die Maßgabe war dabei der Erhalt des äußeren Erscheinungsbildes bei einer gleichzeitigen optimalen Dämmung. Daher kamen nur Dämmmaßnahmen im Inneren in Frage. Durch die Maßnahmen konnten 35 Prozent des vorherigen Wärmebedarfs eingespart werden. Die Amortisationszeit der Bauarbeiten liegt bei 13 Jahren. Hinzu kommt die Photovoltaikanlage, die jährlich etwa 7.750 Kilowattstunden Strom erzeugt und damit rechnerisch 23 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs des Rathauses decken kann. Die Photovoltaikanlage wurde nicht von der Gemeinde finanziert, sondern von einer Wettenberger Bürgerin, die selber in einer Mietwohnung lebt und daher nicht über die baulichen Möglichkeiten verfügte. „Die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für das Thema Energie ist eine wichtige Aufgabe des Energiebeirats“, erläutert Bürgermeister Brunner. „Über Informationsveranstaltungen, Exkursionen und Beteiligungsprojekte wird ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Energie vermittelt.“
Hand in Hand mit den Bürgerinnen und Bürgern
Das Informationsveranstaltungen wie die „Wettenberger Umwelt- und Energietage“ nicht nur zu mehr Wissen, sondern auch zu direkten Handlungen führen, zeigen die vielen Bürgersolaranlagen und die Anschlussquote von 98 Prozent bei den verschiedenen Nahwärmenetzen. In den letzten Jahren wurden 220 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 2.530 Kilowatt (Mai 2013) installiert. „Wir versuchen als Kommune nicht über Verbote und Vorschriften die Energiewende durchzusetzen, sondern üben einen sanften Druck durch vorbildliche Projekte, Projektförderung und Informationsarbeit aus“, beschreibt Bürgermeister Brunner die Strategie der Gemeinde. Erfolgreiche Projekte sind neben dem Rathaus auch das Neubaugebiet „Baumäcker“. Hier wurde mit Unterstützung des Energiebeirats ein Punktekatalog entwickelt, der unterschiedlichen Maßnahmen eine bestimmte Fördersumme zusicherte. Für den Anschluss an das eigens verlegte Nahwärmenetz erhielt der Bauherr beispielsweise 1.000 Euro. Weitere Nahwärmenetze versorgen Gewerbegebiete und werden regelmäßig an Veranstaltungstagen vorgestellt. Die Kommune aktiviert das bürgerliche Engagement zudem durch die Unterstützung von gemeinschaftlichen Photovoltaikanlagen. „Wir stellen die Dachflächen zur Verfügung und informieren die Bürger über gemeinschaftliche Möglichkeiten, aber auch über laufende Projekte“, so der Bürgermeister.
Kommunale Kräfte bündeln
Der Blick der Wettenberger bleibt dabei nicht an der eigenen Gemeindegrenze stehen. „Wir haben unsere Bürgerinnen und Bürger über zwei große Bürgersolarprojekte in Nachbargemeinden informiert“, erzählt Bürgermeister Brunner. Die Solarparks werden durch die Energiegesellschaft Lumdatal mbH betrieben. 50 Prozent der Gesellschaft sind in kommunaler Hand. Die verbleibenden 50 Prozent werden durch den regionalen Energieversorger (20 Prozent) und die Sonnenland Bürgersolargenossenschaft (30 Prozent) getragen. Über die Sonnenland eG ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger möglich. Bei der Anlage Buchenberg auf der ehemaligen Erddeponie Daubringen entstand auf einer Fläche von 4,9 Hektar ein Solarpark mit einer Leistung von 2.250 KW. Der Solarpark Albach hat eine Leistung im Endausbau von 4.500 KW. Ausschlaggebend für die Entscheidung sich an Solarparks in den Nachbargemeinden einzubringen, waren die Vergütungssätze des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Freiflächenanlagen erhalten nur noch in besonderen Fällen, etwa auf Konversionsflächen, eine festgeschriebene Vergütung. „Es ist manchmal sinnvoller, Flächen außerhalb des eigenen Gemeindegebiets zu entwickeln, da diese beispielsweise durch das EEG vergütet werden“, so der Bürgermeister. „Wir gehen auf andere Kommunen zu und nehmen dabei örtliche Akteure mit.“
Im Rahmen der Aufstellung des Regionalplans Energie Mittelhessen beschäftigen sich zurzeit alle Städte und Gemeinden mit der Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergie. „Aufgrund der rechtlichen Vorgaben liegen viele Potentialflächen für Windkraft in den Waldbereichen der Kommunen. Auch bei diesen Projekten ist eine interkommunale Zusammenarbeit sinnvoll um die geeigneten Standorte zu ermitteln und zu realisieren“, erläutert Bürgermeister Brunner. „Hier bringen wir durch den Energiebeirat auch das notwendige Knowhow mit, um beispielsweise darauf zu achten, dass auch die für Schwachwindstandorte ertragreichsten Anlagen genutzt werden und sich die Kommunen am Betrieb der Anlagen beteiligen können. Das nutzt nicht nur dem Klima, sondern auch der regionalen Wertschöpfung.“
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