Energie-Kommune des Monats: Pellworm
April 2011
Erneuerbare Energien sind nichts Neues für die Pellwormer. Die Bewohner der Nordseeinsel begannen schon in den frühen achtziger Jahren mit der Errichtung von Windkraft- und Solaranlagen. Pellworm ist eine weitläufige Insel mit einer Ausdehnung von rund 37 Quadratkilometer. Neben dem Fremdenverkehr ist für viele Bewohner der Insel die Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien eine wichtige Einnahmequelle. Die Verbindung zum Festland erfolgt mit der Fähre „Pellworm I“, die zwischen dem Hafen Strucklahnungshörn auf Nordstrand und Pellworm hin und herpendelt. Autos können mitgebracht werden. Idealerweise fährt man auf Pellworm aber mit dem Fahrrad. Durch die Insellage mit viel Wind, einer überdurchschnittlichen hohen Sonneneinstrahlung und viel Landwirtschaft hat die grüne Insel an der Westküste Schleswig-Holsteins hervorragende Vorraussetzungen für die Nutzung von Erneuerbaren Energien. Photovoltaik, Windenergie und eine Biogasanlage ergänzen sich, so dass die nordfriesische Insel mit ihren rund 1.000 Einwohnern fast durchgehend mit Strom aus den heimischen Erneuerbaren-Energien-Anlagen versorgt wird. „Wir haben uns vorgenommen, das Thema weiter voranzubringen“, erklärt der ehemalige Bürgermeister Klaus Jensen.
Seit über 25 Jahren Sonnenstrom
Pellworm gehört zu den Gebieten mit dem höchsten Sonnenscheineintrag in
Deutschland – etwa 1.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr. Das
sind bis zu 20 Prozent mehr Sonnenstunden als Deutschland im
Durchschnitt hat. Die Insulaner errichteten schon 1983 ein
Solarkraftwerk, das damals das Kurzentrum mit Strom versorgte und zu den
größten Photovoltaikanlagen Europas gehörte. Die erste Generation der
Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von etwa acht Prozent brachte pro
Jahr 240.000 Kilowattstunden Strom. Inzwischen wurden über 3,7 Millionen
Euro investiert und die Anlage mit modernen Solarzellen ausgerüstet.
Jetzt werden pro Jahr 2,2 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt. Dies
entspricht dem jährlichen Verbrauch von 500 Haushalten. Dazu kommt noch
eine ganze Reihe von privaten Solarstromanlagen. Auf einem großen Teil
der nach Süden geneigten Dächer von Bauernhöfen, Ferienhäusern oder
Werkhallen schimmern die Photovoltaikmodule in der Sonne. Die
vergangenen Jahre haben einen regelrechten Investitionsboom in die
Solarenergie gebracht. "Einer hat angefangen, viele sind gefolgt. Das
stärkt auch die Wirtschaftskraft auf der Insel ", sagt der ehemalige
Bürgermeister Jensen.
Hybridkraftwerk Pellworm
Der Solarpark wurde bei der Modernisierung zu einem innovativen, für
Besucher zugänglichen Hybridkraftwerk. Zeitweilig war es Europas größtes
Hybridkraftwerk. Mit einer Kombination aus Windkraft und Photovoltaik
wurden schon früh erste Versuche unternommen die natürlichen
Schwankungen bei der Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien
auszugleichen. Herrscht Flaute, scheint häufig die Sonne. Ist es dunkel
oder bedeckt, weht oft ein frischer Wind. Beide Energiearten ergänzen
sich gut. "Unsere Insel bietet ideale Standortbedingungen", sagt Jensen.
All diese Anstrengungen sind das Ergebnis eines eigenen Energiekonzepts
welches unter Federführung des Forums für Zukunftsenergien in Bonn und
teilfinanziert durch die EU erstellt wurde. Eine Gesamtleistung von 1071
Kilowatt erbringt die Kombination aus einer Photovoltaikanlage (771
Kilowatt) und einer Windenergieanlage (300 Kilowatt).
Windenergie
Die Kraft des Windes über dem Wattenmeer wird heute von zwölf Anlagen
auf der Insel genutzt. Anfangs stand nur ein Windrad auf der Insel. Die
guten Erfahrungen mit der Windkraft zogen den Wunsch nach weiteren
Windkraftanlagen nach sich. Doch das Land Schleswig-Holstein
beabsichtigte den Bau von weiteren Anlagen in touristischen
Schwerpunkten zu verhindern. Noch bevor die Landesregierung über die
Landesplanung weitere Windenergieanlagen auf den Inseln und Halligen für
unerwünscht erklärte, schlossen sich vorwiegend die Landwirte auf
Pellworm zusammen, um einen Windpark zu bauen. "Es zeichnet uns aus,
dass wir so etwas gemeinschaftlich machen", sagt der ehemalige
Bürgermeister Jensen. 15,85 Millionen Kilowattstunden Windstrom pro Jahr
produzieren die Anlagen. "Die Insel produziert damit mehr Strom als sie
braucht", sagt Jensen. Es geht aber nicht ohne Kabel zum Festland, denn
die Überschüsse aus der Windenergie werden ins europäische Verbundnetz
eingespeist. Denn die Pellwormer sind seit Anfang 2008 für die
Direktvermarktung von Windenergie erster Vertragspartner beim
Ökostromanbieter naturstrom. Für naturstrom-Geschäftsführer Oliver
Hummel ist die Zusammenarbeit mit den Pellwormern ein zukunftsweisender
Schritt: „Strom aus Windkraftanlagen wird in den nächsten Jahren immer
mehr an Bedeutung gewinnen. Für uns als Ökostromanbieter ist es daher
wichtig, verlässliche Partner zu finden.“ Auch der Leiter des Pellwormer
Windparks, Kai Edlefesen, freut sich über die erfolgreiche
Zusammenarbeit. „Wir Pellwormer stellen uns seit Jahrhunderten den
Meereswinden entgegen – und nutzen sie seit Jahren zur
Stromgewinnung.“
Biomasse
Seit einigen Jahren kommt eine dritte Energieform dazu. Maissilage und
Gülle sind der Grundstoff für die Biogasproduktion in Sichtweite des
Hybridkraftwerks. Ein Motor liefert kontinuierlich rund 526 Kilowatt
elektrische Leistung und beheizt mit seiner Wärme außerdem noch
Schwimmbad und Kurmittelhaus der Gemeinde sowie eine Mutterkurklinik.
Die Stromernte von 4,2 Millionen Kilowattstunden jährlich stammt aus 900
Tonnen Mais, 13.000 Tonnen Gülle sowie 250 Tonnen Futterweizen. Der
Vorteil der Energie aus Biomasse ist die einfacher steuerbare
Verfügbarkeit der Ausgangsstoffe Gülle und Silage – schließlich können
sie gelagert werden. Seit Herbst 2005 versorgt eine Anlage das
Erlebnisbad, die Kurverwaltung, die Amtsverwaltung, die
Mutterkindkurklinik und einen Ferkelaufzuchtsstall mit Wärme. Angenehmer
Nebeneffekt: Die Gülle wird entgast und geruchsvermindert auf die
Felder ausgebracht.
Weiterer Ausbau
In Zukunft wollen die Nordfriesen weiter die Erneuerbaren Energien auf
ihrer Insel ausbauen. Eine Erweiterung der Biogasanlage kommt nicht
infrage, weil der Maisanbau nicht weiter ausgedehnt werden kann. Neue
oder größere Windenergieanlagen verhindert zurzeit die Landesplanung.
Bleibt der Ausbau der Solarenergie. Es gibt auch neue Ideen: So sind
erst 15 Wärmepumpen auf Pellworm in Betrieb, die die Erdwärme nutzen.
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