Flexible Stromerzeugung mit Wirtschaftsdüngern

Die Biogasanlage von Milchviehhalter Thomas Häcker aus dem schwäbischen Gussenstadt ist schon heute fit für die Zukunft. Sie wurde mit einem 40.000 Liter großen Wärmespeicher und einem 3.000 m³ großen Gasspeicher kombiniert. Dadurch kann sie den Strom flexibel vermarkten sowie positive und negative Regelenergie bereitstellen. Mit einem Direktvermarkter erstellt Häcker einen Fahrplan für den flexiblen Einsatz der BHKW.

Mit der Abwärme versorgt die Biogasanlage die Gemeinde mit Heizenergie. Zum Bau des Wärmenetzes gründete der Landwirt gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung die Energiegenossenschaft Gussenstadt. Das 4,8 Kilometer lange Netz hat mittlerweile 110 Abnehmer, darunter eine Schule, ein Kindergarten und eine Sporthalle. Dafür reichte die Gülle von Häckers Milchvieh allerdings nicht aus. Er konnte 27 weitere Landwirte aus dem Umkreis von Gussenstadt gewinnen, die Energiepflanzen (Gras, Triticale, Mais und Silphie) und Reststoffe beisteuern. Diese Substrate werden zusammen mit Gülle und Mist vergoren. Wer an das Wärmenetz angeschlossen werden möchte, wird Mitglied der Genossenschaft und zeichnet einen Anteil von 2.500 Euro. Hinzu kommt ein von der Anschlussgröße abhängiger Baukostenzuschuss von 2.500 bis 5.000 Euro. Je nach Tarifmodell liegen die Kosten für eine Kilowattstunde Wärme zwischen 4,3 und 5,9 Cent.

Die Biogasanlage wurde schrittweise um zwei weitere Blockheizkraftwerke (BHKW) erweitert, um so die Leistung und Flexibilität zu erhöhen. Die drei BHKW erzeugen zusammen pro Jahr etwas mehr als vier Millionen Kilowattstunden und decken so den Stromverbrauch von 1.170 Durchschnittshaushalten. Hinzu kommen drei kWh Wärme, was dem Bedarf von etwa 140 Haushalten entspricht.

Für das innovative Konzept gab es einen Investitionszuschuss vom Land Baden-Württemberg sowie eine Förderung über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Für den Zubau weiterer BHKW griff Häcker auf die Flexibilitätsprämie des EEG zurück. Da bei Planung, Bau und Betrieb der Biogasanlage und des Wärmenetzes vielfach örtliche Unternehmen involviert sind, ergeben sich unterschiedliche kommunale Wertschöpfungseffekte wie Steuerzahlungen an die Kommune, Unternehmensgewinne und Einkommen aus Beschäftigung.

Das oben genannte Beispiel illustriert, welche Rolle Biogas im Strommarkt der Zukunft spielen kann. Statt starrer Einspeisung des Stroms unabhängig von Stromnachfrage und Strombereitstellung aus Wind- und Solaranlagen, müssen Biogasanlagen nur noch dann einspringen, wenn zu wenig Wind weht und die Sonne nicht scheint. Die Flexperten – ein Expertennetzwerk aus Wissenschaft, Stromhändlern, Biogasanlagenbetreibern und Verbänden – gehen davon aus, dass in der Flexibilisierung von Biogasanlagen ein Potenzial von mehr als 10 GW zusätzlicher flexibler Leistung steckt.

Das Projekt VisuFlex der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR e.V.) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) visualisiert das Potenzial der flexiblen Fahrweise von Biogasanlagen. Die Summe der Einspeiseprofile von strommarktgeführten, konsequent flexiblen Biogasanlagen werden visuell aufbereitet. Dadurch wird unmittelbar sichtbar, dass Biogasanlagen ihren Strom bedarfsgerecht und marktgesteuert einspeisen können.

Pressekontakt
Anika Schwalbe
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