München

Oktober 2009

Schon 2015 sollen in der Stadt München Erneuerbare-Energien-Anlagen 100 Prozent des privaten Strombedarfs decken. "Nur weil die Stadt ihre Stadtwerke nicht verkauft, sondern in städtischer Hand behalten hat, kann der Stadtrat überhaupt das ehrgeizige Ziel von 100 Prozent Erneuerbare Energien vorgeben. Jetzt gilt es, darüber hinaus die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen unserer Stadt aktiv in unsere Klimaschutzbemühungen einzubeziehen“, erklärt der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt München, Christian Ude. Im dicht besiedelten Stadtgebiet Münchens müssen 1, 35 Mio. Menschen und zahlreiche Unternehmen mit Strom, Wärme und Kraftstoffen versorgt werden. Da in Ballungszentren ein Großteil dieser Energie verbraucht wird, ist besonders das Engagement der Städte für einen weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien unverzichtbar. München geht hierbei mit gutem Beispiel voran.

Strom aus Erneuerbaren Energien für 140.000 Haushalte

Im aktuellen Strommix Münchens beträgt der Anteil der Erneuerbaren Energien 17 Prozent, das entspricht dem Strombedarf von rund 140.000 Haushalten. Der Großteil des Stroms stammt aus zehn Wasserkraftwerken aus der Region. 2006 wurde in Zusammenarbeit mit dem Tierpark Hellabrunn die erste Biogasanlage Münchens in Betrieb genommen. Sie verwertet Mist und Futterreste zu Biogas. Das entstehende Methan wird in einem Blockheizkraftwerk CO2-neutral verbrannt. Der dabei erzeugte Strom wird ins Stromnetz eingespeist, die entstehende Wärme beheizt die Käfige. Eines der größten Photovoltaikdächer Deutschlands befindet sich auf dem Messegebäude Riem: 38.100 Quadratmeter werden genutzt, um jährlich ca. eine Million Kilowattstunden Strom zu produzieren. Außerdem ging in der bayrischen Kommune Lauingen an der Donau im Dezember 2008 eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage ans Netz. Mit dem Beteiligungsanteil der Stadtwerke München von 49 Prozent können rund 2.000 Haushalte mit Solarstrom versorgt werden.

Bis 2025 komplette Münchener Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien

Die Stadt München und die Stadtwerke München, 100 %-prozentige Tochter der Stadt München, haben für die Zukunft große Pläne. München hat im September 2009 eine für deutsche Großstädte einzigartige Vision veröffentlicht. In München soll der gesamte Stromverbrauch - rund 7,5 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr - aus Erneuerbaren-Energien Anlagen gedeckt werden. Durch milliardenschwere Investitionen wollen die Stadtwerke bereits bis 2015 so viel Strom aus Wind-, Solar- Biogas-, Geothermie- und Wasserkraftanlagen ins Netz speisen, dass die gesamten Münchener Privathaushalte versorgt werden können. In einem zweiten Schritt bis zum Jahr 2025 soll die Versorgung mit Strom aus Erneuerbaren-Energie-Anlagen dann auch auf alle Industriekunden ausgedehnt werden.

München solar durchDacht – 10 Prozent Sonnenstrom aus München

Für eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien wird in München konsequent auf die Nutzung der Solarenergie gesetzt. Unter dem Motto „SIM – München solar durchDacht“ soll mit der Solarinitiative München (SIM) der Anteil des Solarstrom auf 10 Prozent erhöht werden. Dies ist 50 Mal mehr als die heute installierte Leistung. "Die SIM ist eine ideale Plattform, weil sie wirklich jeder Münchnerin und jedem Münchner eine Teilnahme ermöglicht und auf spektakuläre Weise wirtschaftliche, ökologische und finanzielle Vorteile bündelt: Die Umwelt profitiert, die Münchner Wirtschaft und die Münchner Bürger”, hält der ehemalige Oberbürgermeister Christian Ude fest. Die Solarinitiative München will die Münchner Wirtschaft, Hauseigentümer und Privatleute beraten und dazu motivieren, Dachflächen zur Verfügung zu stellen oder in Solardächer zu investieren. Derzeit wird eine Machbarkeitsstudie vergeben, die Aufschluss darüber geben soll, wie die SIM konkret ausgestaltet werden kann. Neben einer Potenzialanalyse sollen die Fragen der Wirtschaftlichkeit, des Rechts, der Vermarktung, die Technik und das Finanzierungskonzept genauer betrachtet werden. Ergebnisse werden Ende des Jahres erwartet. Für die lokale und dezentrale Energieerzeugung ist die Solarenergie besonders geeignet. Die Anlagen können auf Einfamilien- oder Mietshäusern sowie auf große Lager- oder Industriegebäude installiert werden und passen daher hervorragend in das Verbrauchsprofil von Ballungszentren.

Ausbauoffensive nicht nur vor Ort, sondern auch an der Nordsee und im Ausland

Um das ehrgeizige Ziel der Strom-Vollversorgung durch Erneuerbare Energien bis 2025 zu erreichen, investieren die Stadtwerke München auch in Projekte außerhalb des Großraums München. Die Stadtwerke sind zu knapp 50 Prozent am solarthermischen Großkraftwerk „Andasol III“ in der südspanischen Provinz Granada und zu 25 Prozent am Windpark Global Tech 1 in der Nordsee beteiligt. Der Offshore-Windpark mit 80 Anlagen, der bis 2013 errichtet werden soll, wird eine installierte Gesamtleistung von 400 Megawatt haben und dann Ökostrom für 140.000 Haushalte Münchener produzieren. Das Investitionsvolumen des Gesamtprojekts liegt bei 1,3 Milliarden Euro. Die Stadtwerke München haben außerdem fünf Onshore-Windparks in Deutschland von wpd think energy erworben. Die Parks bestehen aus 25 Windkraft-Anlagen der Hersteller Enercon und Vestas mit 50 Megawatt. Jährlich investieren die Stadtwerke rund eine halbe Milliarde Euro in Erneuerbare-Energien-Projekte. Die Stadtwerke München halten diese Ziele auf Grund ihrer Investitionskraft für machbar und im Hinblick auf die drängende Klimaproblematik auch für sinnvoll. "Bis 2025 rechnen wir mit Investitionen von insgesamt 9 Milliarden Euro“, erklärt Dr. Kurt Mühlhäuser, Vorsitzender der Stadtwerke München.

Münchner gehen in den Untergrund

Neben der Stromerzeugung soll in Zukunft auch die Hälfte des Wärmbedarfs mit Hilfe der Erneuerbaren Energien in München gedeckt werden. Ein Teil des Wärmebedarfs wird schon heute im Untergrund gewonnen. 2004 wurde in Riem, am östlichen Stadtrandbereich von München, eine Geothermieanlage fertig gestellt. Die Anlage pumpt 93 Grad Celsius heißes Tiefengrundwasser aus rund 3.000 Metern Tiefe an die Erdoberfläche und speist das heiße Wasser ins Nahwärmenetz ein. Das abgekühlte Wasser wird über ein zweites Rohr zurück in den Malmkarst transportiert. Auf diese Weise wird über 50 Prozent des Wärmebedarfs der Messestadt Riem gedeckt. Mit neun Megawatt Leistung ist die Geothermieanlage Riem eine der größten Anlagen in Deutschland. Nach dem erfolgreichen Erstprojekt wird noch in diesem Jahr in der Gemeinde Sauerlach ein Geothermie-Heizkraftwerk mit acht Megawatt Leistung ans Netz gehen. In Freiham ist eine dritte Anlage in Planung. Für weitere Standorte haben die Münchner den Untergrund mittels Vibroseismik untersuchen lassen. Die Auswertung dauert noch an, die ersten Ergebnisse sind aber vielversprechend. Langfristig wollen die Stadtwerke München 50 Prozent des Wärmebedarfs mittels der Erdwärme decken.