Digital und Erneuerbar - grüne Rechenzentren für die Zukunft

In Schleswig-Holstein etabliert das Unternehmen Windcloud mit Windenergie, Solarstrom, Hybridspeicher und Abwärmenutzung ein innovatives digital-industrielles Ökosystem.

karsten-wurth-karsten-wuerth-104653-unsplashIn der modernen Wirtschaft und Gesellschaft wächst die Anzahl von Rechenzentren für Cloud & Co. und damit auch der Energiebedarf. Im hohen Norden nutzt das Unternehmen Windcloud deshalb Strom eines lokalen Stromversorgers, der zu großen Teilen Erneuerbare Energie aus der Region bezieht. Doch das Unternehmen will noch höher hinaus und setzt kreative Ideen in Innovationen um. Die digitalen Dienstleistungen sollen künftig von einem vollständig erneuerbar versorgten Rechenzentrum angeboten werden. Dazu soll die Windenergie des Nordens genutzt werden. Auf ehemaligen Nato- und Bundeswehrflächen hat sich Windcloud schon teilweise eingerichtet, um die virtuelle Welt von der Cloud bis zum Colocation (Unterbringung und Anschluss von Hardware) nachhaltig anzubieten.

Die 5000 Quadratmeter Serverfläche an den Standorten Enge-Sande und Bramstedtlund gehören zur energieintensiven Industrie, denn Daten, Speicher und Cloud verbrauchen Strom – branchenweit mit einer steigenden Tendenz in den nächsten Jahren. Aus diesem Grund denkt das Unternehmen innovativ und klimafreundlich: Windenergie aus Windparks in Schleswig-Holstein soll direkt ins Netz des Rechenzentrums fließen und dort verbraucht werden. Überschüssiger Strom soll dann für windstille Stunden in Form von Wasserstoff gespeichert werden. Somit können große Mengen Strom für den sicheren Betrieb der Rechenzentren vorgehalten werden. Für noch mehr Versorgungssicherheit möchte Windcloud zudem Solarenergieanlagen installieren.

Das Unternehmen hat sich zusätzlich die Sektorenkopplung auf die Fahnen geschrieben, denn die Energieleistung der Server ist an die Wärmeleistung gekoppelt. Server verbrauchen viel Strom und laufen heiß – wortwörtlich. Die durch den Betrieb der Server erzeugte Abwärme wird dann dezentral in der Umgebung genutzt, weshalb es in den naheliegenden Gewächshäusern niemals kalt ist. Besonders profitiert davon die Algenzucht, die von einem Partnerunternehmen auf dem Dach des Rechenzentrums im Frühsommer 2019 starten soll. Strom und Wärme werden so sinnvoll verknüpft und Energie vor Ort direkt genutzt.

Sektorenkopplung bei Windcloud

Die Unternehmensphilosophie zeigt Fortschritt, der aktueller nicht sein kann: Sektorenkopplung durch Strom, Hybridspeicher und Wärme macht Windcloud flexibel. Ziel ist es, ein industrielles Inselnetz aufzubauen. Die Investition in die CO2-freie Wirtschaft bietet ein Beispiel, dass die Energiewende auch enorme wirtschaftliche Chancen bietet. Durch die Nutzung Erneuerbarer Energie und die Kopplung mit Wärme kann Windcloud kostengünstige Dienstleistungen anbieten und erntet Profit. Und das Phänomen Digitalisierung wird ganz nebenbei erneuerbar. Ist die Antwort wirklich so einfach?

Ja. Unsere Gesellschaft und dabei auch insbesondere die Industrie wird zunehmend digitaler – erneuerbare Technologien können die Energie dafür liefern. Gerade für Windenergieanlagen, bei denen in den kommenden Jahren die dann 20jährige EEG-Vergütungsphase ausläuft, bieten solche Konzepte neue Chancen, da die Anlagen abgeschrieben sind und den Strom dann zu günstigen Preisen direkt vermarkten können. Für die Rechenzentren ein Glücksfall, denn so haben sie die Chance Strom unabhängig von der Strombörse und schwankenden Stromkosten von Windpark-Betreibern direkt abzunehmen. Die Rechenleistung erzeugt Abwärme, die wiederum für andere Gewerbe nutzbar ist. Das Unternehmen Windcloud hat sich das Prinzip der Sektorenkopplung zu Eigen gemacht und zeigt eindrucksvoll, dass die Vision eines grünen Rechenzentrums machbar ist.

So zeigt Windcloud nicht nur, dass eine direkte Versorgung von Wirtschaftsunternehmen mit Ökostrom gelingen kann, sondern gibt gleichzeitig ein hervorragendes Beispiel, wie die Nutzung von Ökostrom – in diesem Fall über den Umweg des gewerblichen Einsatzes – auch für nachhaltige Wärme sorgen kann. Andere Nachnutzungskonzepte neben der Sektorenkopplung sind etwa das Repowering von Windenergie, das sogenannte „Second Life“ und das Recycling von Windenergie-Anlagen. Mit Informationen und Diskussionsrunden zu diesen Nachnutzungskonzepten wird die Agentur für Erneuerbare Energien im September auch auf der HUSUM Wind Messe vertreten sein.


Mehr Informationen zur Sektorenkopplung finden Sie im Forum Synenergiewende. Der Artikel ist ebenfalls im Forum Synergiewende erschienen. Foto: Karsten Wurth, unsplash.