Energie-Kommune des Monats: Leutkirch im Allgäu

Juli 2012

In Leutkirch im Allgäu lebt man auf der Sonnenseite. Die baden-württembergische Kommune war mit mehr als 2.100 Sonnenstunden im Jahr 2011 einer der sonnigsten Orte Deutschlands. „Dieses große Potenzial für die Gewinnung von Solarenergie wollen wir natürlich auch nutzen“, erklärt Michael Krumböck, Umweltbeauftragter der Stadt. Und so ist Leutkirch mittlerweile Seriensieger unter den mittelgroßen Städten in der Solarbundesliga, die den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen und Solarthermie vergleicht. Auch 2014 liegt Leutkirch dort wieder mit Abstand an erster Stelle – auf jeden Einwohner der Kommune kommen knapp 1,5 Kilowatt Strom aus Sonnenenergie.

Beteiligungsmodell Energiegenossenschaft
„Die Bürger beteiligen sich in Leutkirch mit viel Engagement an Solar-Projekten“, weiß Michael Krumböck. Zunächst wurden mehrere Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet, um gemeinsam Projekte zu planen und umzusetzen. Die Solarstrom Initiativen Leutkirch verwirklichten von 2001 bis 2008 sieben Anlagen auf städtischen Dächern. „Die GbR waren als Einstieg in die gemeinschaftliche Errichtung von PV-Anlagen sinnvoll, allerdings war die Einstiegsschwelle einfach zu hoch. Um die Zahl der Gesellschafter überschaubar zu halten, war die Mindestbeteiligung – je nach Anlage - bei bis zu 5.000 Euro angesetzt. Damit sich auch Leutkircher Bürger mit geringeren finanziellen Möglichkeiten beteiligen können, haben wir uns dann für die Gründung einer Energiegenossenschaft entschieden. Dort liegt die Mindestinvestition bei lediglich 200 Euro“, erläutert der Umweltbeauftragte.

Die Energiegenossenschaft Leutkirch eG wurde im Oktober 2009 ins Leben gerufen. 84 Mitglieder steuerten auf Anhieb über 80.000 Euro Startkapital bei. „Mittlerweile machen bereits über 300 Bürger in der Energiegenossenschaft mit. Mehr als 750.000 Euro Kapital wurden der Genossenschaft anvertraut“, berichtet Michael Krumböck. So konnten bisher weitere sechs Anlagen genossenschaftlich verwirklicht werden. Geeignete Dachflächen stellte die Stadt gegen eine Pachtgebühr zur Verfügung. Und auch an den beiden Solarparks Haid 1 und Haid 2, die seit Ende 2011 bzw. Anfang 2014 fast 8.000 Kilowatt Leistung und damit Strom für etwa 2.500 Haushalte erbringt, sind Bürger über die Energiegenossenschaft direkt beteiligt – ebenso wie die Stadt Leutkirch. „Tatsächlich könnte die Energiegenossenschaft noch weitaus mehr Einlagen annehmen – das Interesse der Bürger ist da. Aufgrund der Änderungen im EEG fällt es aber schwer, verlässlich zu planen. Es gibt aber durchaus noch Ziele, über Solarstrom hinaus“, erklärt Krumböck.

Bürger entwickeln zukünftiges Leitbild der Stadt
Auch im Projekt „Nachhaltige Stadt“, das in Leutkirch im vergangenen Jahr initiiert wurde, setzt die Kommune auf Bürgerbeteiligung. 60 Einwohner wurden dafür per Zufallsprinzip ausgewählt. Das entscheidende Auswahlkriterium war, dass die Leutkircher Bevölkerung durch die Teilnehmer gut abgebildet wird. Hinzu kamen 15 Vertreter von örtlichen Verbänden und Institutionen. Zusammen erarbeiteten sie Ideen und Konzepte für die zukünftige Entwicklung der Stadt. In fünf Arbeitsgruppen luden die Bürger Experten zu regelmäßigen Workshops ein, informierten sich umfassend und einigten sich schließlich auf Vorschläge. „Bei der Nutzung Erneuerbarer Energien ging es etwa um die Frage, wie ein Ausbau mit dem Erhalt des Landschaftsbildes Hand in Hand gehen kann“, berichtet Michael Krumböck. Zudem werden die Bereiche Gebäudesanierung, Städtebau, Mobilität und Bürgerbeteiligungsmodelle behandelt. Im Herbst 2012 beschloss der  Gemeinderat das „Energie-Leitbild“ einstimmig. Auf diese Ergebnisse aufbauend wurden in einem Wohngebiet und in einem kleinen Teilort Quartiersentwicklungsprozesse durchgeführt. Gemeinsam mit den Bewohnern wurden Ideen und Konzepte für die energetische Entwicklung der Quartiere diskutiert.

Neben der Möglichkeit, die zukünftige Ausrichtung der Stadt mitzubestimmen sollen die Bürger auch weiterhin in die Nutzung der Erneuerbaren investieren können. „Es ist wichtig für die Akzeptanz, dass die Bürger auch monetär profitieren, wenn sich das Rädle dreht“, meint Krumböck. „Bisher war der Bau von Windkraftanlagen vor Ort rechtlich nicht möglich. Mit dem neuen Landesplanungsgesetz der rot-grünen Landesregierung hat sich das jetzt geändert. Derzeit arbeiten wir an einem Teilflächennutzungsplan Windkraft.“ Der Wind weht in Leutkirch allerdings nur etwa fünf Meter in der Sekunde – nicht die besten Voraussetzungen für die Windenergie. Dennoch ist der Umweltbeauftragte überzeugt, dass auch die Windkraft vor Ort genutzt werden sollte: „Es ist schon ein grundsätzliches Bewusstsein dafür da, dass bei der Windenergie auch hier in Süddeutschland etwas passieren muss. Allein auf Offshore-Windparks und Leitungen von Norden nach Süden zu setzen ist keine Lösung“.