Energie-Kommune des Monats: Landkreis Osterholz
Juni 2010
Der Landkreis Osterholz liegt zwischen der Hansestadt Bremen und dem Landkreis Cuxhaven. Ende des 18. Jahrhunderts begannen die Norddeutschen das Moorland zu kultivieren und Torf als Brennstoff nach Bremen zu verkaufen. Noch heute kündigt das Kreiswappen mit Torfkahn und Bremer Schlüssel von dieser Zeit. Doch die Region hat sich mittlerweile vom Energieexporteur zum Energieimporteur entwickelt. Der Landkreis importiert derzeit 91 Prozent der genutzten Energie und ist damit im hohen Maße abhängig von Energiespekulanten und Preissprüngen der Weltmärkte. Der Zufluss von Energie geht mit einem Abfluss an Kaufkraft einher.
Energiewende 2030
Für die jährliche Strom- und Wärmeerzeugung bezahlen die knapp 111.000 Einwohner des Landkreises jährlich ca. 146 Mio. Euro. Deshalb möchte der Landkreis die Energieerzeugung auf Erneuerbare Energien umstellen. „Gerade in Zeiten steigender Energiekosten verfolgt der Landkreis Osterholz das ehrgeizige Ziel, die Abhängigkeit von Energieimporten zu stoppen und die Geldströme in regionale Strukturen und Betriebe umzuleiten“, so Bernd Lütjen, Landrat von Osterholz. Um das ambitionierte Ziel einer unabhängigen und regenerativen Energieversorgung zu erreichen hat der Landkreis Osterholz gemeinsam mit den kreisangehörigen Kommunen das Projekt „Energiewende Osterholz 2030“ ausgerufen. Finanziell unterstützt wird der Einstieg in die Energiewende durch eine Förderung im Rahmen des INTERREG Nordseeprogramms, einem Projekt zur Erarbeitung einer Methodologie für nachhaltige, ganzheitliche und lokale Energiekonzepte.
Leuchttürme für die Zukunft
Heute decken die Erneuerbaren Energien gerade einmal acht Prozent des Strom- und ca. ein Prozent des Wärmebedarfs. Die Energiewende sieht vor, bis 2030 die lokalen Potenziale für eine 100-prozentige Versorgung in der Strom- und Wärmeversorgung mit Erneuerbaren Energien zu nutzen. Allein durch die Nutzung der regionalen Windenergie kann knapp die Hälfte des Stromverbrauchs, durch die Nutzung der Sonnenenergie etwa 40 Prozent des gesamten Energiebedarfs gedeckt werden. Biomasse und Biogas aus anfallendem Müll und landwirtschaftlicher Produktion sollen den zukünftigen Energiemix vervollständigen. Jede Gemeinde will durch ein Leuchtturmprojekt eigene Erfahrungen mit dem Thema und den Technologien der Erneuerbaren Energien sammeln und damit weitere Projekte anstoßen.
Die Kreisstadt geht voran
In der Stadt Osterholz-Scharmbeck haben die Ratsmitglieder im Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung im Mai 2010 einen wichtigen Schritt in Richtung „Energiewende 2030“ getan. Bei einer Gegenstimme votierten sie für einen Bebauungsplan, der vorsieht, dass auf dem früheren Gelände der Bundeswehr eine Photovoltaik-Anlage mit bis zu vier Megawatt Leistung entstehen soll. Der Bürgermeister der Stadt Osterholz-Scharmbeck, Martin Wagener, zählt ein weiteres Projekt auf: „Das Blockheizkraftwerk am Allwetterbad soll auf Biogas umgerüstet werden. Dazu wird ein am Stadtrand ansässiger Landwirt eine Biogasanlage errichten, von der das Rohgas mit einer von den Stadtwerken verlegten Leitung ins Stadtzentrum transportiert wird.“ Neben der Kreisstadt, die sich federführend in dem Projekt engagiert, gibt es auch Leuchttürme in den kleineren Gemeinden. „In Grasberg entstand bereits ein flächendeckendes Photovoltaik-Dachkataster“, ergänzt Ulrich Müller, Leiter der „Energiewende Osterholz 2030“. „Weitere Gemeinden arbeiten an Nahwärmeinseln und bäuerlichen Biogasanlagen.“ Der Aufbau eines überregionalen Netzwerkes ist durch die Fusion der Stadt- und Gemeindewerke in die Wege geleitet.
E hoch 3
Energieeffizienz, Energieeinsparung und Erneuerbare Energien sind drei Grundpfeiler der „Energiewende Osterholz 2030“. Um das 100%-Ziel zu erreichen, soll jeder Bürger auf mögliche Energieeffizienz-Maßnahmen im eigenen Haus aufmerksam gemacht werden. Dazu hat der Ort Osterholz-Scharmbeck eine Broschüre mit dem Titel „Erfolgreich sanieren in Osterholz-Scharmbeck“ herausgegeben. Diese Broschüre ist mit den örtlichen Banken und Unternehmen entstanden. An Projekten, die durch die „Energiewende Osterholz 2030“ bereits angestoßen werden konnten, sind viele regionale Unternehmen beteiligt. Das Ingenieursbüro john becker ingenieure aus Worpswede hat die Energiepotenziale analysiert. In Worpswede ist auch die Reon AG ansässig, als Spezialist für regenerative Energie ein wichtiger Partner der Energiewende. Das beteiligte Unternehmen Solare Energiesysteme Nord hat seinen Sitz in Grasberg. Auch kleinere und mittlere Handwerksbetriebe profitieren von den anstehenden Umbauten, Verbesserungen und Modernisierungen, die für ein effizientes Energiesparen notwendig sind. Öffentliche und private Ressourcen werden damit gebündelt. „Durch die Kooperation mit privaten Partnern in der Region werden Projekte möglich, die die Stadt aufgrund ihrer Haushaltslage nicht alleine stemmen könnte“, meint Bürgermeister Wagener über das Erfolgsrezept.
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