Energie-Kommune des Monats: Ettenheim
Juni 2013
Zwischen Rheinebene und Schwarzwald im südlichsten Teil der Ortenau und in Nachbarschaft zur französischen Grenze liegt Ettenheim. Die baden-württembergische Barockstadt mit ihren 12.400 Einwohnern zeichnet sich nicht nur durch ihren historischen Ortskern oder ihren umweltschonenden Weinanbau aus, sondern ebenso durch die engagierte Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz. Ob durch einen Bürgerwindpark, an dem deutsche und französische Bürgerinnen und Bürger aus der Region beteiligt sind, die Installation von Photovoltaikanlagen auf städtischen Dachflächen, die Bildungs- und Informationsarbeit zu Erneuerbaren Energien oder den Ausbau eines Nahwärmenetzes: Ettenheim nimmt die Energiewende gezielt in die eigenen Hände. „Mit Blick auf die Verantwortung für die folgenden Generationen ist es wichtig, dass jede Region anfängt, die Potenziale vor der eigenen Haustür zu nutzen“, findet Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz, und fügt hinzu: „Die Städte und Gemeinden sind hierbei richtungsweisend, denn sie besitzen die Kompetenz und die Möglichkeit, innovative Projekte anzustoßen oder umzusetzen und können so Vorbild für die Menschen vor Ort sein.“
Windenergie aus der Region und doch über Ländergrenzen hinweg
Eines der ersten Projekte war die Umsetzung des Regio-Windparks Ettenheim im Sommer 2000, der zu Spitzenzeiten etwa 3,5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt und damit knapp 15 Prozent des gesamten Jahresstrombedarfs der Stadt decken kann. Eine Besonderheit dieses Windparks ist die deutsch-französische Zusammenarbeit, denn zwei der drei Windräder befinden sich in der Hand von 108 Bürgerinnen und Bürgern, die zwar alle aus der unmittelbaren Region, nicht aber demselben Land stammen: Einige sind aus Deutschland, andere aus Frankreich. Entscheidend war, dass die Teilhaber aus einem Umkreis von 20 Kilometern stammen. „Wir sind Teil des Eurodistrikts Straßbourg-Ortenau und in den regelmäßigen Treffen diskutieren wir auch den Klimaschutz und die Energieversorgung“, erzählt Bürgermeister Metz. „Am Anfang wurden wir für den Windpark belächelt, gerade vom Kernenergieland Frankreich. Aber als der Windpark dann stand, kamen sehr viele Besucher aus Frankreich, um sich den Windpark anzusehen.“ Der Rundwanderweg im Windpark war da die logische Konsequenz. Nun können die Besucher die Windenergie direkt erleben. „Diese Möglichkeit nehmen viele Touristen wahr, auch aus anderen Ländern Europas, insbesondere jedoch unsere französischen Nachbarn, da die Windmühlen ja auch von französischer Seite aus zu sehen sind“, erklärt Bürgermeister Metz. „Und auch bei den Gesprächen im Eurodistrikt steigt das Interesse der französischen Kollegen an der Energiewende.“
Der Ausbau der Windenergie ist für Ettenheim jedoch längst noch nicht abgeschlossen: Denn für 2014 plant die Stadt gemeinsam mit den Gemeinden Schuttertal und Seelbach sowie dem Münchener Energiedienstleister Green City Energy den Bau eines interkommunalen Bürgerwindparks in der südlichen Ortenau. An den geplanten sechs bis acht Windrädern sollen neben Bürgerinnen und Bürgern auch die Kommunen Ettenheim, Schuttertal und Seelbach direkt beteiligt sein. Mit 51 Prozent würde die Mehrheit der Betreiber aus der Region kommen und so für Wertschöpfung in der Region sorgen. Auch eine regionale Vermarktung wird angestrebt, um alle Bürgerinnen und Bürger an den Vorteilen der Windenergie zu beteiligen. Hinzu kommen die Gewerbesteuereinnahmen, die das Betreiberunternehmen zu 70 Prozent an die Kommune, in der der Windpark steht, entrichten muss. „Auf Seiten des bürgerlichen Engagements haben wir in Ettenheim seit 2011 einen neuen Akteur“, beschreibt Bürgermeister Metz die Ausgangssituation. „Die Ettenheimer Bürgerenergie eG ist für uns ein wichtiger Partner mit einer gehörigen Menge Knowhow.“
Bürgerenergie auf kommunalen Dächern
Vor dem anstehenden Windparkprojekt hat die Bürgerenergie eG schon einige Erfahrung bei der Errichtung und dem Betrieb gemeinschaftlicher Photovoltaikanlagen gesammelt. „Das erste Dach haben wir der gerade neu gegründeten Energiegenossenschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt, da es uns wichtig war, einen Anschub zu leisten“, berichtet Bürgermeister Metz. „Jetzt muss sich die Genossenschaft dem allgemeinen Wettbewerb stellen.“ Mittlerweile wurden 19 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 536 Kilowatt auf öffentlichen Dächern installiert. Erst im Dezember 2012 nahmen die 130 Mitglieder der Energiegenossenschaft ihre sechste und bisher größte Photovoltaikanlage auf der Dachfläche des Vereinsheims SV Ettenweiler in Betrieb.
Einen Teil ihres erwirtschafteten Gewinns investiert die Energiegenossenschaft in Bildungsinitiativen rund um das Thema Erneuerbare Energien: So wurde mit der finanziellen Unterstützung und viel ehrenamtlichen Engagement das Projekt „Solar Challenge“ ins Leben gerufen. „Ziel der seit 2012 jährlich stattfindenden Veranstaltung ist es“, so verrät Bürgermeister Metz, „Schülern der achten bis zehnten Klassen die Themen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz näher zu bringen.“ Hierfür erhalten die Schüler von der Ettenheimer Bürgerenergie eG einen Baukasten in dem Solarzellen, Generatoren und Speicher enthalten sind. Es gilt ein Konzept zu entwickeln, dass die mit der Solarzelle gewonnene Energie am effektivsten in Bewegung umsetzt, und schließlich um den Bau der solarbetriebenen Modellfahrzeuge selbst. Die Gewinner des Rennens dürfen sogar an dem „SolarMobil Deutschland“-Cup des Bundesministeriums für Bildung und Forschung teilnehmen. Die Idee hierzu ist im Rahmen des Energiestammtisches entstanden, der auch von der Genossenschaft initiiert wird und interessierte Bürgerinnen und Bürger regelmäßig zum gemeinsamen Austausch von Ideen und Erfahrungen rund um das Thema Energie einlädt.
Ressourcen effektiv nutzen
„Jeder Ettenheimer Haushalt kann seinen Beitrag zum Schutz des Klimas leisten, beispielsweise durch die effiziente Nutzung oder die Einsparung von Energie“, erklärt Bürgermeister Metz. „Informieren über ihre Möglichkeiten können sich die Bürgerinnen und Bürger unter anderen bei Fachleuten auf den Ettenheimer Energietagen, die in diesem Jahr schon das elfte Mal infolge stattfinden.“ Die Stadt selbst geht hier seit langem mit gutem Beispiel voran: Durch die Entwicklung spezieller Programme zur Schulung der Mitarbeiter in den öffentlichen Gebäuden und die Umstellung auf Holzhackschnitzel und Pellets konnte der Energieverbrauch in den städtischen Liegenschaften in den letzten 10 Jahren zum Teil um 40 Prozent reduziert werden. Ein beispielhaftes Projekt hierfür ist die Heizungssanierung der Heimschule St. Landolin. 1999 gründete die Stadt gemeinsam mit der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg und einem privaten Unternehmen die Fernwärme Ettenheim GmbH (FEW), die schließlich 2001 an der Schule eine Holzhackschnitzelheizung in Betrieb nahm. Seither beheizt die FEW nicht nur das Schulgebäude samt Internat, Sporthalle und Schwimmbad mit Biomasse, sondern zusätzlich circa 120 Wohnhäuser des nahgelegenen Neubaugebietes „Quartier am Ettenbach“ sowie ein Pflegeheim, ein Altenwohnheim, einen Supermarkt und ein Bürogebäude. „Durch den Betrieb der Anlage werden etwa 1.830 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden“, berichtet Bürgermeister Metz. „Zudem stammen die Holzhackschnitzel aus der Region, was nicht nur zum Schutz der Umwelt beiträgt, sondern zugleich die Kosten für den Endverbraucher senkt.“
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