Energie-Kommune des Monats: Aller-Leine-Tal
August 2012
Nördlich von Hannover engagieren sich acht niedersächsische Gemeinden
mit insgesamt 75.000 Einwohnern im Kooperationsraum „Aller-Leine-Tal“
für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. 56 Windräder, 13.000 Kilowatt
installierte Biogasleistung und Photovoltaikanlagen mit einer
Gesamtleistung von 14.000 Kilowatt sind die Stützen der regionalen
Energieversorgung. Die Kommunen Ahlden, Schwarmstedt, Rethem,
Kirchlinteln, Dörverden, Wietze, Winsen und Hambühren bestreiten damit
ihre Stromversorgung zu mehr als 100 Prozent aus regenerativen Quellen.
Den
Startschuss gaben Handwerker, Landwirte, Privatpersonen und
Kommunalpolitiker bereits vor 16 Jahren mit der Gründung der
„Projektgruppe Erneuerbare Energien im Aller-Leine-Tal“. Gemeinsam mit
den Kommunen ist sie ein wesentlicher Koordinator beim Umbau der
Energieversorgung. Für den Bürgermeister der Samtgemeinde Rethem,
Cort-Brün Voige, steht fest: „Hier hat sich eine wirtschaftlich
schwächere Region erfolgreich vernetzt.“ Mit dem im Februar 2012
veröffentlichten Energiekonzept, in dem auch die Bereiche Wärme,
Mobilität und Stromexport angegangen werden, geht das Aller-Leine-Tal
unbeirrt und mit einer vorbildlichen Strategie auf dem eingeschlagenen
Weg voran.
Interkommunales Konzept als internationales Vorbild
„Jede Kommune hat in der Verwaltung einen Energiebeauftragten. Diese
stehen in einem regen Austausch. Zeit, Geld und viele Mühen werden
dadurch gespart“, erklärt Bürgermeister Voige das Erfolgsmodell. Das
vorbildliche Energiekonzept liefert den Treffen jetzt eine gemeinsame
Basis. Neben einer detaillierten Bestandsanalyse wird gezeigt, wo wie
viel Energie genutzt wird und an welchen Stellen Treibhausgase
entstehen. Außerdem werden die energetischen Potenziale der Region
ermittelt. Auf der Basis der Potenzialanalyse werden Szenarien für das
Aller-Leine-Tal entwickelt, sowie eine Strategie und ein Umsetzungsplan
zu Papier gebracht. In diesem „Herzstück“ der Energiestudie werden
konkrete Maßnahmen formuliert. Ein gemeinschaftlich ausgearbeitetes
Leitbild formuliert das Gesamtziel. Die Studie des Aller-Leine-Tals ist
auch als Leitfaden für andere Regionen konzipiert und findet Beachtung
weit über die Grenzen des Heidegebiets hinaus. Im EU-Projekt
„100%-RES-Communities“ ist das Aller-Leine-Tal eine Vorbild-Region für
den Erfahrungsaustausch beim Ausbau Erneuerbarer Energien unter Kommunen
in ganz Europa. Das Aller-Leine-Tal soll hierbei sein Know-how mit der
belgischen „Province du Luxembourg“ teilen. „Sicher ist nicht alles eins
zu eins übertragbar. Vielmehr geht es darum, Handlungskonzepte
aufzuzeigen und voneinander zu lernen“, bemerkt Voige. Gefördert wird
das Projekt im Rahmen des Programms „Intelligent Energy – Europe“.
Breiter Energiemix mit Bürgerbeteiligung
Der Mix aus erneuerbaren Energien ist ausgewogen - Strom wird mit
Photovoltaikanlagen, Windrädern, Solarwärmeanlagen, Biomassekraftwerken
und Wasserkraftanlangen erzeugt. Um die Beteiligung der Bürgerinnen und
Bürger, und damit die Akzeptanz für Energieprojekte vor Ort zu
gewährleisten, geht man im Aller-Leine-Tal verschiedene Wege. „Seit 2001
betreiben wir ein Bürgerwindrad als GmbH & Co. KG, an dem fast 70
Personen beteiligt sind. Im Moment wird ein Repowering durchgeführt,
sprich die alte Anlage wird durch eine neue, leistungsstärkere ersetzt“,
erläutert Bürgermeister Voige. „Wir haben außerdem kommunale
Dachflächen für Photovoltaik-Anlagen zur Verfügung gestellt und
betreiben eine intensive und aktive Öffentlichkeitsarbeit.“ Zur GmbH
gehört mittlerweile auch eine Bürgersolaranlage. Das ist möglich, weil
als Gesellschaftszweck allgemein die Förderung von Erneuerbaren Energien
in der Region festgelegt wurde. Zudem bringt die neue Energie Impulse
für den Tourismus. Eine „EnergieRoute“ stellt auf 90 Kilometern 44
Energie-Stationen vor, die per Fahrrad abgefahren werden können. Die
Bürger werden eingebunden und die enormen Potenziale für die regionale
Wertschöpfung sind den Verantwortlichen in der Region wichtig. „Wir
versuchen nicht, die Schwierigkeiten und Herausforderungen der
Energiewende schönzureden, sondern in einen ehrlichen Dialog mit unseren
Mitbürgern zu treten.“ fasst Voige den Ansatz der Kommunalvertreter
zusammen.
Verantwortung über die eigene Kommune hinaus
Das eher ländlich gelegene Aller-Leine-Tal sieht sich in der
Verantwortung, die bereits mehr als hundertprozentige Stromversorgung
aus Erneuerbaren Energien weiter zu steigern, um auch die anliegenden
Städte mitzuversorgen. Deren Potenziale sind weitaus geringer als der
Verbrauch. „Die Stromproduktion im Aller-Leine-Tal muss beispielsweise
auf mehr als 200 Prozent steigen, damit zusätzlich die benachbarte Stadt
Celle mit ihren 70.000 Einwohnern regenerativ versorgt werden kann“, so
Voige. Und auch beim Thema Erneuerbare Wärme hat die Region noch viel
vor. „Das EEG war und ist im Strombereich ein wichtiges und
erfolgreiches Instrument“, hebt Voige hervor. „Für die Wärmeversorgung
wäre ein ähnliches Modell wünschenswert. Auch hier streben wir durch
Verbrauchssenkung, Steigerung der Energieeffizienz und eine Erhöhung der
regenerativ erzeugten Wärmeenergie eine Vollversorgung an“, so Voige.
Neben einer Steigerung der Gebäudesanierungsrate sind die Nutzung von
Gewässerwärme und der mitteltiefen Geothermie hier wichtige Schritte.
Social Media