Mörsdorf

August 2019

Hundert Meter über dem Mörsdorfer Bachtal schwingt die Hängeseilbrücke Geierlay und verschafft Abenteuer*innen eine grandiose Aussicht. Angebunden an Wanderwege, wie den Saar-Hunsrück-Steg, hat die Hängeseilbrücke in den ersten vier Jahren bereits rund 950.000 Besucher*innen angezogen. Auch der Rundweg „Energiegeschichten“ führt über die Brücke: Vorbei an den Windenergieanlagen der Gemeinde erzählen Schautafeln die Mörsdorfer Erfolgsgeschichte, wie die Energiewende regionale Wertschöpfung und Klimaschutz vereint.

Seit 2014 sind in der Energie-Kommune acht Windenergieanlagen mit 19.200 Kilowatt installierter Leistung im Norden von Mörsdorf in Betrieb. Drei der Anlagen stehen auf gemeindeeigenen Flächen, weshalb Mörsdorf neben der Gewerbesteuer zusätzliche Pacht einnimmt. Die anderen Windenergieanlagen befinden sich auf privaten Flächen, die die Eigentümer*innen an das Betreiberunternehmen verpachtet haben. Nur ein Jahr später sind im Süden noch einmal drei Windenergieanlagen mit 7.200 Kilowatt installierter Leistung hinzugekommen, die sich ebenfalls auf gemeindeeigenen Flächen befinden. Beide Windparks liefern im Jahr durchschnittlich 74 Millionen Kilowattstunden Strom für insgesamt 62.000 Menschen in der Region.

Die Energiegeschichte von Mörsdorf hört aber nicht bei den Windenergieanlagen auf, sondern beginnt genau hier. Nachdem im Sommer 2009 in den Nachbardörfern Windparks geplant wurden, wird das Potenzial der Erneuerbaren Energie schnell auch in Mörsdorf gesehen. Daraufhin hat der Betreiber ABO Wind die Flächen geprüft und Anlagen gebaut, wodurch Windenergie Teil der Kommune wurde. Schlüsselwort für die Integration der Erneuerbaren Energien ist die regionale Wertschöpfung – denn die Gemeinde nutzt die Pachteinnahmen, um den Traum von der Hängeseilbrücke Geierlay zu verwirklichen und investiert damit aktiv in die eigene Tourismusregion. Auch das Land Rheinland-Pfalz hat sich am Bau unter der Voraussetzung beteiligt, die Brücke an den Wanderweg Saar-Hunsrück-Steig anzubinden. So werden Energiewende-Projekte mit Tourismus kombiniert, wobei die Geierlay-Brücke auch Teil des neuen Renews Kompakt der Agentur für Erneuerbare Energien zu „Reisend Erneuerbare Energie Technologien in ganz Deutschland erleben" geworden ist. Genau das hat der Mörsdorfer Bürgermeister Marcus Kirchhoff umgesetzt und ist überzeugt: „Nur durch die Windenergieanlagen im Ort haben wir es geschafft, die Hängeseilbrücke in Mörsdorf zu bauen.“ Umweltministerin Ulrike Höfken sagte: „Die Verantwortlichen von Mörsdorf zeigen, wie eine erfolgreiche Energiewende geht. Ihre Investitionen in Windenergieanlagen leisten wichtige Beiträge zur regionalen Wertschöpfung. Die Region und ihre Bürgerinnen und Bürger profitieren vom Ausbau der Windenergie direkt und unmittelbar. In meinen Augen ist Mörsdorf ein echtes Vorbild und ich gratuliere zur Auszeichnung als Energie-Kommune des Monats.“

Über den Tellerrand hinaus schaut die Gemeinde nicht nur mit dem Projekt der Hängeseilbrücke, sondern auch in Sachen interkommunaler Kooperation. Der Bürgermeister erzählt: „Die Windvorrangflächen der im Flächennutzungsplan berücksichtigten Dörfer sind qualitativ sehr unterschiedlich. Die Gemeinden haben sich vor diesem Hintergrund verpflichtet, einem Solidarpakt beizutreten und benachteiligten Kommunen einen prozentualen Ausgleich zu leisten.“ In der Praxis bedeutet das, dass die Bewohner*innen derjenigen Dörfer, von denen aus die Windenergieanlagen sichtbar sind oder Kommunen, die keine eigenen Flächen für Windenergie zur Verfügung haben, prozentual am Gewinn der Windenergieanlage beteiligt werden. Faustregel ist: Je mehr Windenergieanlagen eine Kommune hat, desto solidarischer verhält sie sich und teilt den Gewinn aus der Windenergie.

Solidarisch ist auch der Anlagenbetreiber ABO Wind und investiert in die Zusammenarbeit mit der Region. Der Rundwanderweg mit Energiegeschichten ist nur eine der Aktionen für Mörsdorf. Gemäß den Auflagen aus der imissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurden vor Baubeginn archäologische Grabungen unterstützt, die unter anderem frührömische Grabgärten mit Urnen zu Tage brachten. Heute endet der Rundwanderweg der Energiegeschichten im Mörsdorfer Museum, wo ABO Wind mit einer Ausstellung zum Thema Windenergie informiert.

Die Energiegeschichte Mörsdorfs zeigt, dass Erneuerbare Energien mehr Wert für alle haben. Neben den Pachteinnahmen profitiert die gesamte Gemeinde, denn seit Baubeginn werden Bauaufträge an die regionalen Gewerbe gegeben und Investitionsfinanzierung über die lokalen Banken abgewickelt. Außerdem tummeln sich die Tourist*innen auf der Hängeseilbrücke und besuchen im Anschluss Mörsdorf, um Hunger und Durst in den Cafés oder der traditionellen Bäckerei zu stillen. Die Übernachtungsmöglichkeiten in Mörsdorf sind ausgebucht.  „Die regionale Wertschöpfung durch Windenergie in Mörsdorf ist nachhaltig und innovativ gestaltet und führt zu langfristiger Daseinsvorsorge aller Bürgerinnen und Bürger“, sagt Dr. Robert Brandt, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien, anlässlich der Auszeichnung zur Energie-Kommune des Monats.

Mörsdorf steht hiermit symbolisch für zahlreiche Orte im Rhein-Hunsrück-Kreis, die Dank der Einnahmen aus den Erneuerbaren Energien Regionalentwicklungskonzepte für ihre Bürger*innen umsetzen konnten und ihre Gemeinden fit für die Zukunft gemacht haben. Neben touristischen Konzepten wurde etwa das alte Dorfschulgebäude für betreutes Wohnen umgebaut, eine weitere Kindergartengruppe eröffnet und die Gemeinden mit schnellem Internet versorgt.

Disclaimer
Der Rhein-Hunsrück-Kreis in Rheinland-Pfalz ist Vorreiter für kommunalen Klimaschutz und die dezentrale Energiewende. In den vergangenen 20 Jahren hat sich der Kreis von einer strukturschwachen Gegend zu einem internationalen Vorbild entwickelt – und seinen CO2-Ausstoß von 680.000 Tonnen jährlich auf bilanziell null gesenkt. Deshalb haben wir von der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) ihn im November 2018 zur Energie-Kommune des Jahrzehnts gekürt: „Zahlreiche Bürger*innen, Gemeinden und Unternehmen haben gemeinsam die Ärmel hochgekrempelt und die dezentrale Energiewende vor Ort mit viel Herzblut umgesetzt“, hieß es in dGaßer Begründung der Jury. Um das Engagement des Kreises zu würdigen und die vielen guten Beispiele aufzubereiten, stellen wir in den Sommermonaten drei Gemeinden aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis als Energie-Kommunen des Monats vor: Kappel, Schnorbach und Mörsdorf. Weitere Infos zu Erneuerbaren im Rhein-Hunsrück-Kreis finden Sie auf der Seite des Kreises.