Sektorenkopplung: Neuer Rahmen für Wirtschaftlichkeit notwendig

Die Energiewende in Deutschland hat sich zunächst auf den Stromerzeugungssektor konzentriert. Doch auch die Energieverbrauchssektoren Wärme, Verkehr und Industrie müssen noch viel stärker in die Energiewende einbezogen werden, um die angestrebten Klimaziele für 2030 zu erreichen. Konzepte und Projekte, welche die Dynamik des Stromsektors auch für Wärme und Verkehr nutzbar machen, bieten einen vielversprechenden Lösungsweg. Allerdings fehlt vielen Anwendungsfeldern derzeit die Wirtschaftlichkeit.

T_Solar-_und_Windkraftanlage_72dpiKlar ist, dass es bereits eine Vielzahl technischer Optionen gibt, um erneuerbaren Strom in den Verbrauchssektoren Wärme, Verkehr und Industrie zu nutzen:

Im Wärmesektor gelten elektrische Wärmepumpen als die Schlüsseltechnologie für die Integration von erneuerbarem Strom im Niedertemperaturbereich. Diese können sowohl dezentral in den Gebäuden als auch zentral zur Speisung von Wärmenetzen eingesetzt werden und verschiedene Quellen von Umgebungswärme nutzen: Luft, Grundwasser oder das Erdreich. Daneben kann erneuerbarer Strom über Power-to-Heat-Anlagen mit Heizstäben und Elektrodenkesseln in Wärme umgewandelt werden. Das kann bei der Dekarbonisierung der Fernwärme oder im Bereich der Prozesswärme eine Rolle spielen.

Für den Verkehrssektor kommt entweder die direkte Nutzung von erneuerbarem Strom über batterie- oder leitungsbetriebene Fahrzeuge oder die Nutzung stromgenerierter Kraftstoffe in Betracht. Der energetische Wirkungsgrad stromgenerierter Kraftstoffe ist jedoch geringer als der einer direkten Nutzung von Strom im Schienenverkehr und in batterieelektrischen Antrieben. Aufgrund ihrer energieintensiven Herstellung sind stromgenerierte Kraftstoffe außerdem nur bei (nahezu) vollständiger Strombereitstellung aus erneuerbaren Energien klimadienlich. Sie sollten daher nur zum Einsatz kommen, wenn keine anderen Optionen zur Substitution fossiler Kraftstoffe zur Verfügung stehen.

Die Sektorenkopplung ermöglicht aber nicht nur die Substitution fossiler Energieträger im Verbrauch, sie hat auch positive Effekte für die Erzeugung erneuerbaren Stroms, der künftig vor allem durch Wind und Sonne und damit fluktuierend bereitgestellt werden wird. Sektorenübergreifende Flexibilitätsoptionen wie Speicher, Power-to-Gas oder Lastmanagement bieten hier eine optimale Lösung, um Stunden mit sehr großer Wind- und Solarstromeinspeisung für Wärme und Verkehr zu nutzen, während sie bei Dunkelheit und Windstille die Stromversorgung sichern.

Obwohl die technischen Optionen so vielfältig sind, sind konkrete Projekte der Sektorenkopplung in Deutschland fast noch an einer Hand abzuzählen und werden meist nur im Rahmen von Forschungsprojekten und mit öffentlicher Unterstützung umgesetzt. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) führt diese fehlende Dynamik in der Umsetzung etwa von Power-to-Gas-Optionen auf die Einordnung des hier genutzten Stroms als „Letztverbraucher“ zurück. Durch die „zahlreichen Entgelte, Umlagen und Abgaben“ fehle diesen „grünen Batterien“ die Wirtschaftlichkeit. Neben den Nebenkosten kritisiert der DVGW zudem den fehlenden „konsistenten Rahmen“, der aus der „Fokussierung auf ein strombasiertes Energiesystem“ resultieren würde und damit „Lock-In-Investitionen“ riskiere sowie der „strikten sektoralen Trennung der Netzentwicklungspläne von Strom und Gas“.

Um die Abstimmung der verschiedenen Stakeholdergruppen zu ermöglichen, den Dialog zu forcieren, Projekte der Sektorenkopplung und somit den Klimaschutz zu dynamisieren und volkswirtschaftliche Risiken zu minimieren, ist im Januar das Projekt „Forum Synergiewende“ gestartet, welches die AEE gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe und gefördert durch das Bundesumweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutz Initiative umsetzt.


Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter www.forum-synergiewende.de


Die Pressemitteilung des DVGW finden Sie unter https://www.dvgw.de/der-dvgw/aktuelles/presse/presseinformationen/dvgw-presseinformation-vom-22032018-power-to-gas/

- Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht. -