Mythos #5: Liefert uns Atomkraft billigen Strom?
Nein! Fakt ist: Die Energieerzeugung durch Kernspaltung ist sehr teuer und von Subventionen abhängig.
Der Mythos vom billigen Atom-Strom hält sich hartnäckig. Angesichts der steigenden Energiepreise fordern manche Akteure eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken oder sogar den Neubau. Tatsache ist jedoch, dass Atomkraft die teuerste Form der Energiegewinnung ist. Weil sie so teuer ist, erfordert sie in hohem Maße staatliche Subventionen. Alleine in Deutschland ist die Technologie seit den 1950er Jahren durch den Staat mit insgesamt 210 Milliarden Euro (nominal) bzw. 287 Milliarden Euro (real in Preisen von 2019) gefördert worden. Dies entspricht laut einer Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) einem Betrag von ca. 37 Euro pro Jahr pro Person in Deutschland.
Selbst ohne Betrachtung der Folgekosten für die sichere Entsorgung des Atommülls, mögliche Unfallschäden etc. ist der Betrieb neuer Atomkraftwerke wesentlich teurer als die Nutzung Erneuerbarer Energien. Der Bau des AKW Hinkley Point C in Großbritannien verzeichnet eine Kostensteigerung und Zeitverzögerung nach der anderen. Zudem erfolgt er nur, weil eine Mindestvergütung für den eingespeisten Strom garantiert wird. Diese wird zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme voraussichtlich deutlich über 15 Cent pro Kilowattstunde liegen. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme rechnet aktuell mit Stromgestehungskosten für neue Atomkraftwerke in Höhe von 13,6 bis 49 Ct/kWh. Demgegenüber kostet die Kilowattstunde Strom aus Windenergieanlagen an Land in Deutschland im Jahr 2024 je nach Standort zwischen 4,3 und 9,2 Ct/kWh. Solarstrom kann je nach Anlagentyp und Standort zu Preisen zwischen 4,1 und 14,4 Ct/kWh erzeugt werden.
In Deutschland fallen auch nach dem vollzogenen Atomausstieg noch staatliche Kosten an. Dazu gehören zum Beispiel die Kosten für die Erkundung eines Endlagers, der deutsche Anteil für die Europäische Atomgemeinschaft EURATOM und die internationalen Organisationen IAEO (Atomenergiebehörde) und CERN (Europäische Organisation für Kernforschung in Genf). Zwar sollen die Kosten für Zwischen- und Endlagerung in Deutschland durch einen öffentlich-rechtlichen Atomfonds abgedeckt sein, in den die AKW-Betreiber im Jahr 2017 einmalig 24,1 Milliarden Euro eingezahlt haben. Stilllegung und Rückbau der kerntechnischen Anlagen bleibt Aufgabe der AKW-Betreiber. Sie sind zu entsprechenden Rückstellungen verpflichtet und haben solche in Höhe von 38,3 Milliarden Euro gebildet. Ob das ausreicht, wird erst die Zukunft zeigen. Im Fall der ehemaligen DDR-AKW sowie der Wismut-Sanierung ist allerdings der Staat zuständig. Allein für die Sanierung der Wismut-Gebiete in Thüringen und Sachsen hat die Bundesrepublik Deutschland bisher 7,2 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt aufgewendet. Für die Stilllegung und den Abriss des Kernkraftwerks Lubmin bei Greifswald wird mit ca. 6,6 Milliarden Euro gerechnet, zuständig ist die bundeseigene Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH EWN.
Dazu kommt der Aspekt, dass Atomstrom nicht versicherbar ist. Eine anlässlich der des Reaktorunglücks von Fukushima im Jahr 2011 erstellte Studie im Auftrag des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) kommt zu dem Schluss, dass die zu zahlende Versicherungssumme (Deckungssumme) für einen nuklearen Katastrophenfall bei rund 6.090 Milliarden Euro liegen würde. Kein Versicherungsunternehmen wäre bereit, eine solche Versicherung anzubieten. Im Fall eines Unfalls muss der Staat die Kosten tragen bzw. wird sie auf die Steuerzahlenden umlegen. Die Summe allein für die originären Schäden lag beim Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 bereits bei ca. 200 Milliarden Dollar, bei Fukushima 2011 bei ca. 260 Milliarden Dollar (Folgekosten noch nicht inbegriffen).
In Anbetracht der Kosten für die Errichtung, Instandhaltung, Abfallentsorgung und Versicherung ist die Produktion von Atomstrom wirtschaftlich unrentabel. Schon heute sind Erneuerbare Energien die bei Weitem kostengünstigste Lösung.
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