Sektorenkopplung im Verkehrssektor

Deutschland ist derzeit weit vom eigenen Ziel entfernt, den Energieverbrauch im Verkehrssektor bis 2050 um 40 Prozent gegenüber 2005 zu senken. Der Verkehrssektor konnte seinen Treibhausgasausstoß gegenüber 1990, im Gegensatz zum Strom- und Wärmesektor, nicht senken. Die Entwicklung seit 2000 zeigt, dass die Bedeutung des Mineralöls ungebrochen ist. Lediglich fünf Prozent des Endenergieverbrauches im deutschen Verkehrssektor sind erneuerbar, überwiegend mittels den Benzin und Diesel beigemischten Biokraftstoffen. Im Energiesystem der Zukunft wird es eine stärkere Verknüpfung zwischen Strom- und Verkehrssektor geben.

AEE_Endenergieverbrauch_Verkehr-2000-2017_Sep18_72dpiTechnologien für die Energiewende auf der Straße stehen bereit, es fehlt ihnen aber aus unterschiedlichen Gründen noch an Akzeptanz. Zwar sollten Verkehrsverlagerung und -vermeidung verstärkt angegangen werden, für einen klimafreundlichen Verkehrssektor ist die stärkere Nutzung von erneuerbarem Strom im Straßenverkehr jedoch unerlässlich. Dieser kann in unterschiedlicher Weise eingesetzt werden: Eine direkte Nutzung ist vor allem im Schienenverkehr sowie in batteriebetriebenen Fahrzeugen möglich. In Frage kommen dafür zum Beispiel reine Elektroautos, Plug-in-Hybride, e-Scooter oder Elektrofahrräder. Für den Güterverkehr und Langstrecken sind auch Oberleitungssysteme oder in den Fahrbahnen versenkte Induktionssysteme denkbar. Diese befinden sich allerdings noch im Erprobungsstadium. Indirekt kann Strom im Verkehr in Form von synthetischem Wasserstoff, Methan oder flüssigen Kraftstoffen eingesetzt werden. Alternativ ist auch die Rückumwandlung des Energieträgers Wasserstoff in Strom mittels Brennstoffzellen möglich. Der Antrieb von Brennstoffzellen-Fahrzeugen ist wie bei batteriebetriebenen Fahrzeugen elektrisch und damit zudem leiser und lokal emissionsfrei.

Die direkte Nutzung von Strom im Flug- und Schiffsverkehr ist nur begrenzt möglich, sodass Biokraftstoffe und Biomethan sowie synthetische Gase und Kraftstoffe einspringen. Erneuerbare Gase und kohlenwasserstoffbasierte Flüssigkeiten haben im Straßengüterverkehr den Vorteil, gut speicherbar und transportierbar zu sein, da der Energieträger an Bord mitgeführt werden und somit eine hohe volumetrische Energiedichte aufweisen muss .

AEE_Verknuepfung_von_erneuerbarem_Stromsektor_und_Verkehrssektor_mar14_Praese-01_72dpiBatteriefahrzeuge sind derzeit in der Anschaffung für die Verbraucher noch meist teurer als ein konventionelles Gegenstück, auch wenn die Betriebskosten geringer sind und die Preise für Batterien stark fallen. Abschreckend wirken aber auch ein Mangel an Ladeinfrastruktur und ein zeitintensives Aufladen der Fahrzeuge. Die Deutsche Umwelthilfe e.V. betont, dass der Einsatz von strombasierten Kraftstoffen eine überproportionale Steigerung der Stromerzeugung mit sich bringt, so würde der Bedarf an erneuerbarer Stromerzeugung bei ausschließlicher Nutzung stromgenerierter Kraftstoffe aufgrund ihrer energieintensiven Herstellung bis 2050 bei ca. 917 Mrd. kWh bis 1070 Mrd. kWh liegen. Die meisten Szenarien sehen den Einsatz von Elektrolyseuren und Methanisierungsanlagen daher nicht vor dem Jahr 2030, während die Elektromobilität selbst mit dem aktuellen deutschen Strommix heute einen leichten Klimavorteil gegenüber Verbrennungsmotoren hat.

  • Power-to-Mobility

    Power-to-Mobility-Lösungen (Elektromobilität) umfassen die direkte Nutzung von Strom und stehen für viele Anwendungen zur Verfügung. Sie bieten Speicheroptionen und können in ein intelligentes Lastmanagement integriert werden. Elektromobilität bezeichnet alle Fahrzeuge, die mit elektrischem Strom betrieben werden, sowohl im Schienenverkehr (Elektroloks, Straßenbahnen, U-Bahnen) als auch im Straßenverkehr (Elektrofahrräder, Elektroautos). Der Strom wird über Leitungen, Batterien oder Brennstoffzellen bereitgestellt.
    Für die Verkehrswende ist der Aufbau neuer Infrastruktur notwendig. Seit Ende 2011 hat sich die Zahl der Ladepunkte für Elektromobilität in Deutschland mehr als vervierfacht, Mitte 2018 gab es in Deutschland bereits 13.500 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge. Sinkende Kosten von Batterien, größere Reichweiten und der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur begünstigen die Markteinführung von Elektrofahrzeug im Straßenverkehr.
    Die Versorgung mit elektrischem Strom aus einer Fahrleitung ist bereits etabliert. Bahnen und Busse werden schon heute vielerorts über eine Oberleitung mit Strom versorgt. Auch für den Lastverkehr auf den Autobahnen gibt es Pilotprojekte mit Oberleitungen, um einen elektrifizierten Langstreckenverkehr zu ermöglichen. Leitungsbetriebene Mobilität kann die vergleichsweise geringe Reichweite von 100 bis 250 Kilometern von Batteriefahrzeugen ergänzen. Die Lkws können mit einem zusätzlichen Antrieb ausgestattet werden, damit in Zwischenstücken auch das Fahren ohne Oberleitung möglich ist.

  • Power-to-Gas

    Auch im Verkehrssektor können die synthetischen Gase aus dem PtG-Verfahren genutzt werden. Der mittels Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugte Wasserstoff kann entweder direkt genutzt oder zu Methan weiterverarbeitet werden. In Methanform kann die bestehende Erdgasinfrastruktur mit den vorhandenen Pipelines und Tankstellen genutzt werden, bei der Verwendung von Wasserstoff im Verkehr müssten jedoch neue Verteil- und Tankmöglichkeiten aufgebaut werden. Wasserstoff dient zudem als Energiequelle für Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle. Brennstoffzellen-Fahrzeuge haben einen Elektroantrieb, der mit Strom aus einer mit Ethanol oder Wasserstoff betriebenen Brennstoffzelle versorgt wird. Sie können auf eine höhere Reichweite sowie schnelle Betankung im Vergleich zu rein batteriebetriebenen Autos zurückgreifen, sind jedoch derzeit im Vergleich noch kostenintensiver.

  • Power-to-Liquid

    Power-to-Liquid (PtL) bezeichnet das Verfahren zur Umwandlung von Strom in flüssige Kraftstoffe. Es basiert auf der Nutzung von Strom zur Gewinnung von Wasserstoff per Elektrolyse. Dieser dient dann als Grundlage für die Produktion eines Synthesegases, aus dem schließlich z.B. per Fischer-Tropsch-Synthese unterschiedliche Kohlenwasserstoffe hergestellt werden. Durch die Verflüssigung von Synthesegasen entstehen Kraftstoffe mit den gleichen chemischen Zusammensetzungen wie Benzin oder Diesel. PtL koppelt den Strom- mit dem Verkehrssektor und bietet neben Biokraftstoffen eine Alternative mit hoher Energiedichte für Verbrennungsmotoren z.B. für den Schwerlast-, Flug- oder Schiffsverkehr. Die Herstellungsverfahren für strombasierte Kraftstoffe sind derzeit noch mit einem hohen technischen Aufwand, einem erheblichen Energieeinsatz und hohen Kosten verbunden.

Praxisbeispiel

elektro_shutterstock_470224358_(c)moreimages_shutterstock.com_72dpiDas Dresdner Energietechnikunternehmen sunfire GmbH hat in seiner PtL-Demonstrationsanlage im März 2015 erstmals synthetischen Kraftstoff produziert. Für die Produktion des flüssigen Energieträgers setzt sunfire Ökostrom, Wasser und Kohlendioxid ein, das unmittelbar aus der Umgebungsluft gewonnen wird. Herzstück der Demonstrationsanlage ist die Hochtemperatur-Elektrolyse, in der das zu Dampf erhitzte Wasser in seine Bestandteile gespalten wird: Sauerstoff und Wasserstoff. Letzterer reagiert anschließend mit CO2 zu einem Synthesegas, das in Kohlenwasserstoffe umgewandelt wird. Aus dem dabei entstehenden Rohprodukt kann mittels einer Standard-Raffination Kerosin, Diesel, Benzin und andere petrochemische Produkte gewonnen werden.

Foto: © Shutterstock.com, moreimagesFoerderlogo_BMEL_400x300

Dieser Text wurde im RENEWES SPEZIAL NR. 86 / Januar 2019 veröffentlicht.