Kohleausstieg: Formelkompromiss befürchtet
Die Erneuerbaren Energien werden immer wettbewerbsfähiger. Das hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier betont. Dennoch hält er von einem Kohleausstieg in wenigen Jahren nichts.
„Die Energiewende ist dabei, ein Business Model zu werden“, sagte Altmaier in seiner Rede auf dem Berlin Energy Transition Dialogue (BETD). Seiner Einschätzung nach werden die Erneuerbaren Energien in vier bis fünf Jahren ihre vollständige Wettbewerbsfähigkeit erreichen.
Anlässlich der Rede Altmaiers verweist die Deutsche Welle darauf, dass seit einiger Zeit Windenergie- und Photovoltaikanlagen nicht mehr automatisch gefördert werden, sondern sich um Förderung bewerben müssen. Die Praxis „wer das günstigste Angebot macht, bekommt den Zuschlag“, ist dem Medium zufolge so zu deuten, dass die Politik die Produzenten bereits auf den freien Markt vorbereitet.
Einen schnellen Ausstieg aus der Kohle in wenigen Jahren sieht Altmaier nicht. „Wir werden die Kohleproduktion bis 2030 um die Hälfte reduzieren“, kündigt der Minister aber an. Die Kommission, die einen Zeitplan und Maßnahmen für einen Kohleausstieg erarbeiten soll, wird voraussichtlich noch vor der Sommerpause ihre Arbeit aufnehmen. Ihr sollen Altmaier zufolge Arbeitgeber, Arbeitnehmer, die betroffenen Regionen und Länder sowie Vertreter von Umweltverbänden angehören. Vorstehen sollen der Kommission gleich vier Minister, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Klausurtagung des Bundeskabinetts in Meseberg mitteilte: Wirtschaftsminister Altmaier (CDU), der für die Energiewende zuständig ist, Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Innen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) sowie Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Die Geschäftsstelle wird bei Altmaier im Wirtschaftsministerium angesiedelt.
Die Erneuerbaren Energien aus Hannover werten die hohe Ministerzahl in der Kommission als wenig erfreulich: „Leider lässt die jetzt bekannt gewordene Zusammensetzung der Kommissionsleitung gewiss auch bei den letzten Optimisten keine Euphorie aufkommen“, so das Magazin, das angesichts der Ministerkonstellation einen „machtpolitischen Kniff“ Merkels vermutet. So bringe die Bundeskanzlerin die Minister bewusst gegeneinander in Stellung, was letztlich zu einer Neutralisierung der jeweiligen machtpolitischen Ambitionen führe. Das Medium befürchtet einen Formelkompromiss, der darauf abzielt, dass der Kohleausstieg erst nach der Legislaturperiode wirksam werde – folglich nach der nächsten Bundestagswahl. Somit wäre alles wieder offen.
Um die Federführung der Kohlekommission war zwischen den Parteien, aber auch innerhalb der SPD, ein Streit entbrannt. Frühzeitig beanspruchte Wirtschaftsminister Altmaier die Federfügung für sich, woraufhin Umweltministerin Schulze sich dafür aussprach, die Kommission in ihrem Ministerium anzusiedeln. Ihr Parteifreund Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg, brüskierte Schulze und sprach sich im Tagesspiegel für eine Federführung unter Altmaier aus. Woidkes Haltung kommt nicht von ungefähr, so ist Brandenburg eines von vier Bundesländern in dem Kohle abgebaut wird.
„Um die CO2-Emission rasch zu reduzieren, wäre ein klarer Fahrplan für einen Kohleausstieg nötig“, mahnt das Schwäbische Tagblatt. In dem Artikel „Die Große Koalition scheut eine ambitionierte Klimapolitik“ führt die Zeitung auf, wie viel Zeit sich Merkel in ihrer Regierungserklärung dem Thema Klimaschutz widmete. Dem Schwäbischen Tagblatt zufolge waren es lediglich 33 Sekunden.
Laut dem Portal Klimaretter sind Merkel und Schulze der Idee eines europäischen CO2-Preises nicht abgeneigt. Bei einer aktuellen Stunde zur CO2-Bepreisung erklärte Schulze im Bundestag: „Wir müssen offen sein für solche Diskussionen“. Das EU-Emissionshandelssystem (ETS) wertete sie als marktwirtschaftlichen Ansatz, um den CO2-Ausstoß über den Preis zu verringern. Durch die ETS-Reform wurde der CO2-Preis verdoppelt. Die Diskussion über eine CO2-Abgabe wird schon seit längerer Zeit geführt. Bei dem Thema bremst in der Koalition „laut Insidern vor allem die CSU, die vor der Bayernwahl keine Prozente an die klimaskeptische AfD verlieren will“.
- Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht. -
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