Die niederländische Gemeinde Woerden zeigt die Vorteile der Sektorenkopplung im Einzelhandel auf
Im niederländischen Woerden realisierte die BayWa r.e. GmbH mit Solarstrom die erste energieneutrale Lidl-Filiale.
Im September 2019 eröffnete die erste „Lidl Zero“ Filiale in der Gemeinde Woerden, im Westen der Niederlande. Insgesamt 1.766 Photovoltaikanlagen bedecken die Dächer des Supermarktgebäudes sowie der zwei anliegenden Carports. Die Dachanlage der Filiale kann eine Leistung von 290 Kilowatt peak (kWp) erreichen. Weitere 275 kWp erreicht die Anlage der Carport-Struktur, die 88 Fahrzeugen einen überdachten Parkplatz bietet. Der gewonnene Strom speist wiederum die installierten DC-Schnellladestation für Elektrofahrzeuge. Die energieneutrale Filiale setzt die Sonnenenergie neben der Stromversorgung auch für die Produktkühlung ein. Die Restwärme aus der Kühlung wird zum Heizen der Verkaufsräume wiederverwendet und bleibt somit innerhalb des Supermarkts Teil des Energiekreislaufs. Ein Energiespeicher bietet die Möglichkeit, die überschüssige Energie auf Abruf einzusetzen. Geplant und installiert wurden diese von der BayWa r.e. GmbH, einem Tochterkonzern der bayerischen BayWa AG.
Vor Beginn der Bauarbeiten wurde im Rahmen einer Kooperation mit der Technischen Universität Delft zunächst eine Machbarkeitsstudie am Standort durchgeführt.
Die Sektorenkopplung in der Lidl-Filiale Woerden ist ein wichtiger Schritt des Konzerns, die Potenziale der Erneuerbaren für den Einzelhandel auszuschöpfen und neben der Klimafreundlichkeit auch zusätzliche Anreize für Kund*innen zu schaffen. Lidl Niederlande hat sich zu dem Ziel bekannt, alle Filialen im Land bis 2022 mit CO2-neutraler Energie zu betreiben, dementsprechend muss die Zahl der Geschäfte mit lokal erzeugter, Erneuerbarer Energie noch wesentlich gesteigert werden.
Woerden ist erneuerbare Energien Vorbild
Dass die erste energieneutrale Lidl-Filiale in Woerden eröffnet wurde, unterstreicht das Engagement der Gemeinde, die Themen Nachhaltigkeit und Energiewende in den Fokus zu rücken. Im Rahmen des Projekts „Energiewende PartnerStadt“ der Agentur für Erneuerbare Energien kooperiert Woerden mit dem nordrhein-westfälischen Steinhagen, um den Ideenaustausch zwischen europäischen Städten zu konkreten Energiewende-Projekten zu fördern. Woerden kann mit 200 Elektro-Ladestationen eine beachtliche Ladeinfrastruktur für E-Autos aufweisen. Weiterhin ist die Energieversorgung des Rathauses durch die installierte Geothermie und Photovoltaik fast fossilfrei. Viele lokale Unternehmen verschreiben sich ebenfalls der Nachhaltigkeit und nutzen die Erneuerbaren zum Heizen und für die Stromversorgung der Gebäude, etwa wie der Servicehändler für Luft- und Wasser-Wärmepumpen Stonecold. Weitere Projekte thematisieren Recycling sowie artgerechte Tierhaltung. Weitere Informationen zu den Klimaschutz-Aktivitäten von Woerden finden Sie hier.
Hoher Energieverbrauch im Einzelhandel
Ein durchschnittlicher Supermarkt verbraucht abhängig von seiner Größe zwischen 500.000 bis zu einer Million Kilowattstunden pro Jahr, so Folke Mitzlaff vom Produktmanagement des Kasseler Wechselrichter-Marktführers SMA in Edison vom Handelsblatt. Dieser Stromverbrauch gleicht dem von 250 Familienhaushalten.
Pilotprojekte für energieneutrale Supermärkte starten auch in Deutschland, wie etwa in der Filiale von „aktiv & irma“ in Oldenburg. Die Sektorenkopplung kommt hier in einer ähnlichen Weise wie in der Woerdner Lidl-Filiale zum Einsatz: Der Solarstrom beliefert das innovative Kühlsystem mit Energie und die Abwärme aus der Kühlung wird für die Beheizung des Supermarkts genutzt. Bis zu 40 Tonnen CO2 können damit jährlich in Oldenburg vermieden werden. Experte Mitzlaff bewertet das Pilotprojekt in Oldenburg als Erfolg, wünscht sich die Umsetzung aber im größeren Rahmen: „Die Idee ist gut, der Effekt beim einzelnen Supermarkt eher klein. Aber stellen Sie sich das mal bei einer Kette mit 500 oder 1000 Märkten vor.“
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