Fußnote Klimaschutz: Keine Einigung auf europäischer Ebene
Auf dem EU-Gipfel beißt sich die Mehrheit der Europäischen Union an vier Mitgliedstaaten die Zähne aus. Das Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, ist damit gescheitert. Ein Überblick.
Das Ziel einer klimaneutralen Europäischen Union bis 2050 rückt in weite Ferne: Polen, Tschechien, Estland und Ungarn blockieren die Vereinbarung mit Berufung auf das Pariser Abkommen. Für einen Beschluss bräuchte es alle Stimmen der 28 EU-Mitgliedstaaten. Zur politischen Einordnung schreibt ZeitOnline, dass Polen bisher einen hohen Anteil Kohlestrom habe und für eine solche Energiewende noch mehr investieren müsste als andere EU-Länder. Weiter wird in dem Artikel der polnische Ministerpräsident indirekt zitiert: „Polen werde sich nicht auf strengere EU-Klimaziele einlassen, solange die EU keinen entsprechenden Ausgleich für Mitgliedstaaten anbietet.“ Welt-Autor Daniel Wetzel verweist in seinem Beitrag auf die eigene Begründung der vier Blockierer. Darin heiße es, dass der CO2-Ausstoß in den westlichen EU-Staaten sehr viel höher sei als im Osten der Union. Offenbar ist die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborczav nicht auf Regierungslinie. Denn sie schreibt sinngemäß, dass es nichts bringe, weiterhin den Kopf in den Sand zu stecken und sich gegen CO2-Einsparungen zu wehren. Denn klar sei schon jetzt, dass es immer schwieriger werde, CO2-Emissionen zu senken. Einige Kommunen haben das bereits verstanden und setzen entsprechende Projekte um – ein Beispiel ist etwa die polnische Stadt Gydnia, die Teil des Projekts „Action for Energy Efficiency in Baltic Cities“ (Act Now) ist. Im Rahmen von Act Now unterstützt die Agentur für Erneuerbare Energien den Wissenstransfer zwischen Städten in der Region – gerade mit Blick auf Energiekonzepte und ihre stadtplanerische Umsetzung.
Kurz vor dem Gipfel-Treffen hatte sich zumindest die Bundeskanzlerin erstmals dazu bekannt, für neue Klimaziele im Europäischen Rat einzutreten. Merkel begründete ihre vormalige Absage zu einem strafferen Klima-Zeitplan damit, dass der Vorstoß nicht den deutschen Klimazielen entspreche, wie klimareporter berichtet. Mit dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei der Wahl zum Europäischen Parlament war Merkel stärker unter Druck geraten. Doch im Gesamtgemenge aller Staaten war es nicht zu einer Vereinbarung gekommen. „Das war ein blamabler Gipfel, den sich die Staats- und Regierungschefs lieber hätten sparen sollen. Die Bürger der EU haben mit ihrer stärksten Europawahlbeteiligung seit Jahrzehnten eindeutig mehr Europa-Begeisterung in Brüssel verdient“, kommentiert Ralph Sina aus dem ARD-Studio in Brüssel.
Klimaneutralität nur mit Erneuerbaren möglich
Klimaneutralität bedeutet, dass die EU dann nicht mehr Treibhausgas produzieren darf, als sie an Ausgleichsmaßnahmen anbietet – das kann mittels Aufforstung oder CO2-Speicherung gelingen. Dafür müsste die Energieversorgung von fossilen Energieträgern auf Wind, Sonne, Wasser, Biomasse, Erd- und Umweltwärme umgestellt und die Energieeffizienz gesteigert werden. Doch anstelle konkreter Vorschläge und Vereinbarungen, wie das gelingen könnte, gab es in der verabschiedeten Gipfelerklärung nur eine Fußnote, die bemerkte, dass eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten eine klimaneutrale EU im Einklang mit dem Pariser Abkommen bewerkstelligen wolle. Die FAZ titelte in diesem Zusammenhang treffend: „Klimaziel 2050 zu einer Fußnote degradiert“. Das ist auch deshalb schade, weil es neben den fatalen Folgen für den Planeten viele weitere gute Gründe für die Energiewende gibt.
Nicht nur, dass der die menschengemachte Erderwärmung auf europäischer Ebene nur eine Fußnote ist: In der ersten Version der Erklärung tauchte sie gar nicht auf. Dazu schreibt die tagesschau: „Zusätzlich peinlich für die Gipfelteilnehmer: Die Fußnote zur Klimapolitik wurde zunächst vergessen. In der Gipfelerklärung vom späten Donnerstagabend war von der Fußnote zunächst nichts zu sehen. Ein Sprecher des EU-Rates verschickte kurz darauf eine korrigierte Version und per Twitter den Hinweis: „Jetzt auch mit Fußnote zum Klimawandel.“
Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht.
Foto: Sara Kurfess/Unsplash
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