Ringen um die Zukunft der Windenergie - an Land und auf See
Mitte September 2017 fand die traditionsreiche Windenergiemesse HUSUM Wind statt, auf der sich die gesamte Branche zusammengefunden hat. Wie viel Kraft im Wind steckt, hat passend zu diesem Anlass das Sturmtief Sebastian gezeigt, welches nicht nur neue Rekordeinspeisungen der Windenergieanlagen in einigen Landesteilen ermöglichte, sondern auch für eine zwischenzeitliche Teilräumung des Messegeländes sorgte. Diese Zwiespältigkeit bei den Auswirkungen des ersten großen Herbststurmes passt auch zu den aktuellen Perspektiven der Windbranche, die auf der HUSUM Wind intensiv diskutiert wurden. Einerseits wurden viele neue Anlagen und Innovationen gezeigt, die die Windenergie noch günstiger und verlässlicher machen. Auch die Themen Speicherung und Sektorenkopplung werden von der Windbranche immer stärker adressiert und lassen weniger Abregelungen und Fortschritte bei der Dekarbonisierung des gesamten Energiesystems erhoffen. Gleichzeitig bringt die Umstellung auf das Ausschreibungssystem, insbesondere mit den relativ geringen Ausbaumengen, dem großen Kostendruck sowie den bisher überwiegenden Zuschlägen für weniger planbare Bürgerenergieprojekte erhebliche Unsicherheit in die Branche.
Trotz dieser anstehenden Herausforderungen zogen die Beteiligten angesichts stabiler Besucher- und Ausstellerzahlen sowie des hohen Interesses aus dem Ausland ein überwiegend positives Fazit von der Veranstaltung. Peter Becker, Geschäftsführer der Messe, fasst treffend zusammen: "Die Messe hätte nicht turbulenter, aber auch nicht erfolgreicher verlaufen können." Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie, zieht ebenfalls ein optimistisches Fazit, adressiert aber auch die Herausforderungen - trotz des "problematischen Ausschreibungssystems" wolle die Branche aber nach vorne schauen.
Während die Onshore-Sparte mit den neuen EEG-Ausschreibungen schwer zu kämpfen hat, konnte die Offshore-Branche die bisherige Auktionsrunde als Gewinnerthema verbuchen. Die Förderkosten der bisher relativ teuren Meereswindenergie wurden bei den bezuschlagten Projekten auf nur noch 0,44 Cent/kWh im Schnitt gedrückt werden, auch weil vier der zu realisierenden Projekte ganz ohne Förderzusagen auskommen wollen. Zwar können diese in der ersten Offshore-Auktionsrunde bezuschlagten Projekte von einigen besonders günstigen Rahmenbedingungen profitieren und sie müssen auch erst bis Mitte des kommenden Jahrzehnts realisiert werden, nichtsdestotrotz nutzten eine ganze Reihe von relevanten Akteuren diese Entwicklungen nun zu einem gemeinsamen Aufruf für mehr Engagement beim Offshore-Ausbau. Der "Cuxhavener Appell 2.0" ist ein 11-Punkte-Papier, welches unterschiedlichste Aspekte zur Beschleunigung des Offshore-Ausbaus aufgreift. der Name geht dabei nicht nur auf den Unterzeichnungsort zurück, sondern setzt auch die Tradition des ersten Cuxhavener Appells fort. 2013 formulierten wichtige Stekeholder die Rahmenbedingungen für einen Auf- und Ausbau der Offshore-Industrie. Nachdem die Branche erfolgreich etabliert werden konnte und eine steile Lernkurve durchlaufen hat, sollen mit der aktuellen Fassung des Appells bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Ziel ist vor allem eine Erhöhung des Offshore-Ausbaupfades bis 2030, statt 15 Gigawatt (GW) sollen mindestens 20 GW installiert werden, bis 2035 dann mindestens 25 GW. Diese Beschleunigung des Ausbaus soll auch schon in der Übergangsphase 2021-2025 erfolgen. Um die zusätzlichen Energiemengen besser ins System zu integrieren, werden auch Themen wie Netzausbau, Sektorenkopplung, flexibler Betrieb konventioneller Kraftwerke und regionale Direktvermarktung des erzeugten Stroms abgehandelt. Der Cuxhavener Appell wurde von den fünf Küstenländern, Vertretern der Offshore-Städte sowie der Branche initiiert und unterzeichnet.
Auch wenn die Stimmungslage in der On- und Offshore-Branche damit aktuell etwas unterschiedlich ist, gibt es auch deutliche Gemeinsamkeiten: Strom aus Windenergie, egal ob vom Land oder vom Meer, wird immer günstiger und verlässlicher - und kann so das Rückgrat der Energiewende bilden. Um die Klimaschutzziele zu erreichen und auch um eine dauerhafte Weiterentwicklung der Industrie zu ermöglichen, braucht es jedoch on- wie offshore höhere Ausbauziele.
- Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht. -
Social Media