Bürgerenergie nimmt bei der Sektorenkopplung eine bedeutende Rolle ein - ein Interview mit Carolina Nelson

Ein Interview mit Carolina Nelson, Mitarbeiterin der Heidelberger Energiegenossenschaft, über das Potential der Solarenergie, eine treibende Kraft für die Sektorenkopplung zu sein.

Guten Tag Frau Nelson. Als Mitarbeiterin der „Heidelberger Energiegenossenschaft“ setzen Sie sich leidenschaftlich für die Energiewende ein. Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist grundlegend für Sektorenkopplung. Wie schätzen Sie das Potenzial der Sektorenkopplung im Energiesystem der Zukunft ein?

In unseren Augen ist ein Umstieg auf erneuerbare Energien absolut notwendig, um die Klimakrise aufzuhalten. Die Kopplung der Elektrizität mit den Sektoren Wärme, Industrie und Verkehr ist ein wichtiger Ansatz. Dass Solarenergie ein großes Potential für dieses Ziel bietet, hat sich in den letzten Jahren immer wieder bestätigt. Zum Beispiel schlug sich der sehr sonnige Sommer im letzten Jahr extrem positiv auf die Erträge unserer Solaranlagen nieder. Aber auch in normalen Sonnenjahren produzieren wir klimafreundlichen Strom für Tausende Haushalte.

Welche Rolle spielen Bürgerenergiegenossenschaften bei der Umsetzung von Sektorenkopplungsprojekten?

Prinzipiell geht die Energiewende in Deutschland viel zu langsam vonstatten, obwohl es eigentlich eine große Anzahl an motivierten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern gibt, wie die Bewegungen Fridays for Future und Ende Gelände zeigen. Der Staat braucht da aber noch Nachhilfe in der Umsetzung. Als Bürgerenergiegenossenschaften schaffen wir die Energiewende von unten. Wir bieten niederschwellige und attraktive Möglichkeiten, mitzumachen und zu investieren. Unser Konzept zeigt, dass ein anderes Energiesystem möglich und wirtschaftlich ist. Das war ja auch unsere Gründungsidee.

Seit wann gibt es die „Heidelberger Energiegenossenschaft“? Wie genau kam es zur Gründung?

Entstanden sind die Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG) und die darauffolgend gegründeten Bürgerwerke aus einer Studierendenintiative heraus. Im Rahmen eines Uniprojektes bauten wir 2010 erfolgreich unsere erste Photovoltaikanlage auf dem Dach der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Das sollte aber kein alleinstehender Beitrag zum Klimaschutz sein, deshalb professionalisierten wir uns und gründeten die HEG als partizipative, bürgerschaftliche Institution. Bisher haben wir 24 weitere Anlagen gebaut und unser Team wächst stetig. 

(Foto: Elektroladesäule/ Quartier/ Energiegenossenschaft Heidelberg)


In der Heidelberger Südstadt versorgt die Heidelberger Energiegenossenschaft ein Quartier mittels Mieterstrom-Modell und Stromspeicher mit Sonnenstrom. Ergänzt wird das System durch eine Lade-Infrastruktur für Elektromobilität. Wie ist der derzeitige Stand des Projektes und welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?

Die Photovoltaikanlage von 67 kWp ist auf zwei Gebäuden installiert und versorgt ca. 130 Personen mit Strom. Der Eigenverbrauch innerhalb des Quartiers wird durch einen Stromspeicher im Keller maximiert. Bisher liefert die Anlage den Erwartungen entsprechend Energie und wird von den Mieterinnen und Mietern sehr gut angenommen. Auch die E-Lade-Säule wird rege genutzt, nicht nur von den Anwohnenden, sondern auch viel von Durchreisenden. Das zeigt den hohen Bedarf. Insgesamt haben wir also sehr gute Erfahrungen mit dem Modell gemacht.

Welche zukünftigen Projekte plant Ihre Energiegenossenschaft im Bereich der Sektorenkopplung?

Vor allem möchten wir mehr Photovoltaikanlagen bauen und so die Elektrifizierung der Sektoren ermöglichen. Unser Plan ist es zudem, noch mehr Bürgerladesäulen für Elektromobilität aufzustellen, konkret bei einem weiteren Wohnprojekt in der Südstadt. Ein wichtiges Thema ist uns auch nachhaltiges Bauen, die Nutzung von Baubestand ist dabei elementar. Deshalb unterstützen wir gerade ein Sanierungsprojekt von alten Kasernengebäuden auf Konversionsflächen.

Welche Rahmenbedingungen müssen sich ändern, damit solche Projekte in der Praxis verstärkt funktionieren können?

Politisch gibt es einige Stellschrauben, an denen man drehen kann und muss. Durch das immer komplexer werdende Erneuerbare-Energien-Gesetz werden der Bürgerenergie-Bewegung unnötig Steine in den Weg gelegt. Warum werden Anlagen größer als 750 kWp nicht mehr grundsätzlich gefördert? Das führt zu einer Zerstückelung der Anlagengröße und verzögert unnötig den dringend notwendigen Ausbau von Solarenergie. Eine ewige Abwägung besteht auch zwischen Denkmalschutz, Dachbegrünung und Photovoltaik. Da müssen wir einfach mutiger und zukunftsfähiger werden.

Im Jahr 2030 schauen Sie auf unser Energiesystem und sind…? Und wie geht es dann weiter?

Ich wünsche mir natürlich, dass wir bis dahin klimaneutral sind – und daran arbeiten wir mit den über 600 Mitgliedern der Heidelberger Energiegenossenschaft hart. Wenn ich mir dann ein Satellitenfoto von Heidelberg anschaue, hat sich unser Slogan erfüllt: „Auf jedes Dach hier, keine Frage, gehört eine Solaranlage!“ 

(Grafik Quartierskonzept/ Energiegenossenschaft Heidelberg)

Kontaktperson
Carolina Nelson
Heidelberger Energiegenossenschaft
c.nelson@heidelberger-energiegenossenschaft.de
Tel.: 49(0)6221 3262 175
www.heidelberger.de