Merkendorf
Januar 2009
Im Jahr 2007 konnte Merkendorf über 136 Prozent Deckungsanteil im Strombereich realisieren. Die Stadt glänzt aber nicht nur mit zahlreichen regenerativen Energieanlagen, sondern auch mit neu geschaffenen Arbeitsplätzen.
Zeichen der Zeit früh erkannt
Die Stadt Merkendorf im bayerischen Landkreis Ansbach erkannte frühzeitig die Zeichen der Zeit. Seit dem 18. Jahrhundert auf den Krautanbau spezialisiert, nutzte Merkendorf die Vorteile der Erneuerbaren Energien, um sich im ländlichen Raum zu einem High-Tech-Standort zu wandeln. Viele ortsansässige Landwirte wirtschaften heute getreu dem Motto „Vom Krautbauern zum Energiewirt“.
Praktische Energiepolitik
Die Gemeinde Merkendorf ist Teil der kommunalen Energieallianz der Altmühl-Mönchswald-Region. Die gesamte Energieregion Westmittelfrankens erarbeitete 2008 ein übergreifendes Energiekonzept. „Erneuerbare Energien verbinden Ökologie und Ökonomie in hervorragender Weise“, weiß auch Hans Popp, Bürgermeister der Stadt Merkendorf. Unter anderem durch das energiepolitische Engagement der Stadt sowie das der ansässigen Firmen produziert Merkendorf heute Energie aus der Region für die Region, unterstützt durch das „Energieforum“. So kann sich Merkendorf bereits heute rein rechnerisch selbst mit regenerativem Strom versorgen. Für die realisierten Projekte wurde die 3.000-Einwohner Stadt im Fränkischen Seenland „Ausgewählter Ort 2008“, in der von der Bundesregierung getragenen Initiative „Deutschland – Land der Ideen“.
Merkendorf zeigt Energiegröße
Im Jahr 2007 konnte Merkendorf über 136 Prozent Deckungsanteil im Strombereich realisieren, die Prognosen für das Jahr 2008 liegen sogar bei rund 180 Prozent. Maßgeblich beteiligt ist hierbei das Gewerbegebiet „Energiepark“. Zusammen mit einer Vielzahl von weiteren Bürgerprojekten befinden sich in Merkendorf 71 Photovoltaikanlagen. Allein 1.800 Quadratmeter Dach- und Außenflächen im Energiepark sind mit verschiedenen Modulen ausgestattet, die zusammen 180 kWp erreichen. Bürgersolaranlagen auf den Dächern der Grundschule sowie der Schulsporthalle und der Feuerwehr bringen zusätzlich über 100 kWp.
Die Stromnetze werden ebenfalls gespeist aus neun Biogasanlagen. Sie werden als Blockheizkraftwerke betrieben und liefern fast 80 Prozent des Stromanteils. Deren Abwärme trägt zur Unterstützung der Wärmeversorgung von Privathaushalten, öffentlichen Gebäuden und Industriebetrieben über zwei Fernwärmeleitungen und fünf Nahwärmenetze bei. Die Fernwärmeleitung führt dabei in den Ort, wo die Wärme in einer Verteilerstation an die Nahwärmenetze übergeben wird. Im Energiepark übernehmen 150 Quadratmeter Solarthermie-Kollektoren die Trinkwassererwärmung und Gebäudeheizung. Zwei saisonale Pufferspeicher von 17.500 Litern sorgen für die ganzjährige Wärmebereitstellung. Unterstützt werden sie durch einen Pelletkessel sowie eine kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die Klimatisierung im Sommer erfolgt über Erdwärmetauscher.
Mehr als nur die Summe seiner Einzelteile
Neben den zahlreichen regenerativen Energieanlagen glänzt Merkendorf mit weiteren Projekten. Das Energieforum Merkendorf dient als Diskussionsplattform und fördert einen intensiven Dialog von Wirtschaft und Politik. Der Energiepark selbst wurde zur Praxisdemonstration und zu Schulungszwecken errichtet. Hier werden Handwerker sowie Heimwerker geschult und Landwirte können sich zu Energiewirten weiterbilden lassen. Außerdem findet eine kostenlose Energieberatung durch unabhängige Energieberater statt. Das Informationsangebot wird durch die Veranstaltung der „Energietage“ abgerundet.
„Energieregion“ – regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze
Auf den 90.000 Quadratmetern des Energieparks hat sich eine ganze Reihe von Unternehmen der Erneuerbaren-Energie-Branche angesiedelt. Mit diesem Erneuerbare-Energien-Cluster konnten bei Landwirten im Bereich Biomasse sowie im Handwerk für Montage von Photovoltaikanlagen rund 150 Arbeitsplätze geschaffen werden. Für diese positiven Effekte investierten sowohl die Stadt im Bereich Fernwärme und dem Gewerbegebiet „Energiepark“ als auch die ansässigen Firmen und nicht zuletzt die Bürger im Bereich der Bürgersolaranlagen. Unabhängig von weiteren Fördermitteln aus EU- oder Bundesprogrammen erwirtschaftet Merkendorf bereits Erlöse in Millionenhöhe. „Wir generieren heute achtzig Prozent unseres Gewerbesteueraufkommens aus dem Umfeld der erneuerbaren Energien“, so Hans Popp. Die Vorteile neben dieser regionalen Wertschöpfung und den Steuereinnahmen sind weitere Kostensenkungen und ein reizvolles Image für die gesamte Region.
Wärmende Aussichten
Dass bürgernahe Politik entscheidend für die Realisierung eines Projektes sein kann, zeigte sich auch in Merkendorf. Wenn auch nicht von ernsthaften Konflikten die Rede sein kann, so war dennoch reichlich Aufklärung und Information im Vorfeld erforderlich. Die Vorteile der Erneuerbaren Energien mussten in Bürgergesprächen und Besichtigungsfahrten zu bereits bestehenden Anlagen nahegebracht werden. Besonders bei Windkraftanlagen waren die Bedenken größer als bei anderen Energieanlagen. Durch einen aktiv gestalteten Prozess hat Merkendorf dennoch die Eigenversorgung im Bereich elektrischer Energie erreicht und erwirtschaftet sogar einen deutlichen Überschuss. Doch will sich Merkendorf nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen: ein bereits geplanter nächster Schritt liegt daher im Ausbau der Speisung der örtlichen Fernwärme durch Holzhackschnitzelanlagen. Ziel der Stadt muss es nach Hans Popp sein: „Den Nutzungsgrad der Abwärme aus Biogasanlagen zu erhöhen und in intelligenten Fernwärmkonzepten beispielsweise mit Hackschnitzelheizungen zu verbinden. Damit reduzieren wir die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und erhöhen gleichzeitig die regionale Wertschöpfung.“
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