Energie-Kommune des Monats: Warstein
Mai 2017
Warstein ist eine südwestfälische Mittelstadt im Kreis Soest in Nordrhein-Westfalen. Hier leben 26.200 Einwohner*innen. Die Haushaltssituation der Stadt ist seit langem schon angespannt: Seit rund 20 Jahren hat Warstein fast durchgängig den Status einer Haushaltssicherungskommune, also einer Stadt, die ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen muss, um schrittweise Ausgaben und Einnahmen anzugleichen. Mit diesem Status steht Warstein wie viele andere nordrhein-westfälische Kommunen unter besonderer Kontrolle der Kommunalaufsicht und ist darin eingeschränkt, Investitionen zu tätigen; freiwillige Leistungen außerhalb der kommunalen Pflichtaufgaben - auch im Energiebereich - sind nur schwerlich möglich. Wie der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen (StGB NRW) mitteilt, waren 145 seiner insgesamt 396 Mitgliedskommunen im Jahr 2016 in der gleichen Situation, also mehr als ein Drittel. Insgesamt war im Jahr 2016 nur jede siebte Mitgliedskommune des Verbandes in der Lage, einen strukturellen Haushaltsausgleich zu erreichen, ohne auf das Eigenkapital zurückzugreifen. 2015 betrugen die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände Nordrhein-Westfalens 61,9 Milliarden Euro und waren damit auf einem neuen Höchststand.
Vor diesem Hintergrund sind Investitionen in eine klimafreundliche, zukunftsgerichtete Energieversorgung nicht einfach – die Stadt Warstein zeigt allerdings, wie Kommunen sich dennoch für die Energiewende engagieren können, ohne selbst zu investieren. Warstein schafft vor Ort Rahmenbedingungen, die dazu beitragen, die Anzahl der öffentlichen Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zu steigern und stimuliert so die Verkehrswende vor Ort.
Stadt Warstein unterstützt lokale Akteure beim Ausbau von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität
In Warstein gibt es 2017 schon 16 Ladepunkte, an denen Elektrofahrzeuge laden können – so viel wie sonst kaum im Umkreis. Zwei weitere Ladepunkte sind aktuell in Planung. An einigen können Elektrofahrzeuge kostenlos aufgeladen werden. Errichtet wurden die Ladepunkte von mehreren mittelständischen Unternehmen, einem lokalen Energieversorger sowie einem Technologiekonzern, der in Warstein mit fast 2.000 Mitarbeitern Leistungshalbleiter-Module herstellt, wie sie u.a. in Elektromobilen verwendet werden. Bei der Errichtung und Beratung für neue Vorhaben steht die Stadt Privatpersonen und Unternehmen bei Bedarf unterstützend zur Seite. Darum kümmert sich in der Stadtverwaltung der Experte Manfred Ahlers: Er berät, was bei der Errichtung zu beachten ist, und informiert über neue gesetzliche Regelungen oder Förderprogramm des Bundes oder des Landes.
„Als Kommune können wir private und gewerbliche Akteure beim Aufbau der Ladeinfrastruktur mittels politischer Rahmengestaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkbildung unterstützen“, so Bürgermeister Dr. Thomas Schöne, der sich der Bedeutung der Elektromobilität für die Energiewende bewusst ist: „Die Elektromobilität kann dazu beitragen, die deutschen Klimaschutz- und Energieziele zu erreichen, die Luftqualität verbessern und Lärm mindern. Eine steigende Anzahl von Elektrofahrzeugen erfordert allerdings einen stetigen Aufbau von öffentlich zugänglichen Ladepunkten. Die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge stellt daher einen Schlüssel für die Verkehrswende dar - gerade auch im ländlichen Raum.“
Der Aufbau der Ladeinfrastruktur gilt den Warsteiner*innen demnach als erster wichtiger Schritt hin zur Verkehrswende. Im zweiten Schritt muss es dann darum gehen, dass die Ladepunkte auch Ökostrom zur Verfügung stellen. In Warstein ist das bisher u. a. bereits bei zehn Ladepunkten der Fall: Sie stehen auf dem Betriebsgelände des in Warstein angesiedelten Technologiekonzerns und ermöglichen beschleunigtes Laden. Alle zehn Ladepunkte sind täglich rund um die Uhr auch Nicht-Mitarbeitern zugänglich.
Die Kommune Warstein nutzt Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit gezielt, um Elektromobilität zu etablieren. Insbesondere im ländlichen Raum handelt es sich dabei häufig noch um Pionierarbeit, da hier Bedenken z.B. bezüglich der Reichweite viel häufiger laut werden als in urbanen Räumen. Dafür muss Elektromobilität nach Meinung von Bürgermeister Schöne direkt vor Ort erfahrbar werden. Gelegenheit dazu boten 2016 u.a. die Sauerland-Rundfahrt sowie die WAVE Trophy: Die WAVE Trophy ist die weltweit größte Rallye mit Elektrofahrzeugen. 2016 führte die 8-tägige Tour von Bremerhaven nach Genf. 70 Teams aus 10 Ländern statteten in diesem Rahmen dem Warsteiner Ortsteil Belecke einen Besuch ab und zeigten ihr Fahrzeuge und die verbaute Technik.
Für 2017 hatte der Bürgermeister die Idee zum ersten südwestfälischen Elektromobilitätstag, den die IHK Arnsberg/Hellweg-Sauerland nun im September 2017 organisieren wird. Er richtet sich insbesondere an gewerbliche Flottenbetreiber und thematisiert unter verschiedenen Gesichtspunkten den Einsatz von Elektromobilität im Gewerbe.
„Durch alle diese Maßnahmen zeigen wir, dass auch eine kleine Kommune, die sich zudem noch in der Haushaltssicherung befindet, durch das Miteinander privater Investoren, unterstützt von der hiesigen Bauordnung und einem Fachmann für Elektromobilität, nennenswerte Leistungen für die Energiewende bringen kann“, resümiert Bürgermeister Schöne. Sein Ziel ist es, den Ausbau von Ladeinfrastruktur und Elektromobilität in der Region Südwestfalen weiter voranzutreiben. Schöne setzt dabei zukünftig auf die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren, u.a. auch anderen Kommunen in der südwestfälischen Region.
Nahwärmeversorgung mit Hackschnitzeln durch hiesige Stadtwerke
Neben dem Engagement für die die Ladeinfrastruktur weist die Stadt Warstein außerdem noch einige erfolgreiche Erneuerbare-Energien-Projekte vor:
Die hiesigen Stadtwerke, ein kommunaler Eigenbetrieb, betreiben zwei Holzhackschnitzelanlagen, die Wärme für zwei Wohngebiete mit insgesamt über 120 Hausanschlüsse erzeugen. Die beiden Holzanlagen wurden 1998 bzw. 2011 errichtet und haben eine Leistung von je 300 Kilowatt thermisch. Sie versorgen über zwei Nahwärmenetze knapp 450 Einwohner.
Solaranlagen in Warstein
Darüber hinaus befindet sich auf Warsteiner Gemarkung ein Solarpark mit einer Spitzenleistung von 595 Kilowatt peak. Die Anlagen erzeugen so viel Strom, wie rund 130 Haushalte durchschnittlich verbrauchen. Zudem gibt es auf den Gebäudedächern einer Mühle im westlichen Stadtgebiet eine weitere Solaranlage mit ca. 250 Kilowatt peak. Selbst die für das Sauerland typischen Schützenvereine nutzen in einigen Ortsteilen der Stadt Warstein die Solartechnik auf den großen Dächern ihrer Schützenhallen zur Stromproduktion. Zudem erzeugen auf den Dächern der Westerbergschule und auf dem Gymnasium der Stadt Warstein Photovoltaikanlagen Strom. Die Liobaschule nutzt auf dem eigenen Dach die Kraft der Sonne, um Brauchwasser zu erhitzen. Insgesamt sind über die Stadtfläche Anlagen mit einer Gesamtleistung von über 13.000 Kilowatt peak installiert.
Den Warsteinern, die noch überlegen, eine eigene Solaranlage zu errichten, bietet die Stadt ein Solarpotentialkataster. Damit kann schnell und einfach ermittelt werden, ob sich die eigene Dachfläche für eine Solaranlage eignet.
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