Energie-Kommune des Monats: Köthen

Der vermutlich berühmteste Bewohner Köthens war von 1717 bis 1723 Johann Sebastian Bach, welcher in der sachsen-anhaltischen Kreisstadt unter anderem Teile des Wohltemperierten Klaviers sowie der Brandenburgischen Konzerte komponierte und in den Räumen des Schloss Köthens uraufführte. Heute wohnen etwa 27.000 Menschen zwischen den geschichtsträchtigen und modernen Bauten in der Stadt. Besonders in den vergangenen Jahren hat neben Kunst und Kultur nun auch der Klimaschutz als wichtiger Stellenwert im Stadtleben Einzug gefunden.

Ein Vorbildprojekt Köthens ist die Freiflächensolaranlage auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes, die seit 2011 in Betrieb ist und über eine Gesamtleistung von 45 Megawatt Peak verfügt. Im Klimaschutzkonzept der Stadt sind weitere Ziele und Potenziale ausgewiesen, die zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und des Energieverbrauchs auf Basis von Energieeinsparung und Erneuerbaren Energien beitragen sollen.

Integriertes Klimaschutzkonzept: Von der Planung zur Umsetzung

Foto: seecon Ingenieure GmbHIm Juni 2018 beschloss der Stadtrat das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept, mit welchem Köthen den nächsten Schritt in der nachhaltigen und klimagerechten Stadtentwicklung ging. Zunächst werden im Konzept der Status Quo der Energieversorgung sowie relevante wirtschaftliche und geografische Faktoren dargestellt. Darauf aufbauend wurde eine realistische Strategie für die nachhaltige Transformation des Strom-, Wärme- und Mobilitätssektors in Köthen herausgearbeitet. Aufgrund der nicht vorhandenen Großindustrie in Köthen liegt der Treibhausgasausstoß pro Person deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt. Im Klimaschutzkonzept wurde daher der Fokus besonders auf die Bereiche Privathaushalte und Verkehr gelegt, welche den größten Anteil der städtischen CO2-Emissionen mit respektive 42 Prozent und 28 Prozent ausmachen.

Das Konzept gibt Aufschluss über die Frage, wie Köthen Energie einsparen und wo Erneuerbare Energien ausgebaut werden können. Die Themenfelder sind vielfältig und beinhalten zum Beispiel den Ausbau von Photovoltaik und Solarthermie sowie Geothermie, die Energienutzung in kommunalen Gebäuden, die Verbesserung des Fernwärmenetzes, die Förderung klimafreundlicher Mobilität durch die Nutzung von E-Autos in der Verwaltung und den Aufbau einer geeigneten Ladeinfrastruktur. Das Ergebnis der Potenzialuntersuchung ist ein Maßnahmenkatalog, welcher der Stadtverwaltung und den Bürger*innen Köthens die notwendigen Handlungen für den kommunalen Klimaschutz aufzeigt.

Die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes begleitet Klimaschutzmanager Nils Kantert. Seit März 2020 ist er als erster Klimaschutzmanager der Stadt im Dienst und übernimmt Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit, der Maßnahmenplanung und -durchführung und der verwaltungsinternen Sensibilisierung für den Klimaschutz. Die Stelle wird von der „Nationalen Initiative für Klimaschutz“ mit einem Anteil von 90 Prozent gefördert

Wie auch im Klimaschutzkonzept festgehalten, ist das Potenzial für Freiflächensolaranlagen in Köthen bereits ausgenutzt: Auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes Köthen wurde bis 2011 eine der damals weltweit größten Photovoltaik-Anlagen errichtet. Die Anlage umfasst mehr als 200.000 Solarmodule, die über eine Gesamtleistung von 45 Megawatt Peak verfügen. Eine weitere Freiflächenanlage befindet sich auf dem Scherbelberg.

Foto: seecon Ingenieure GmbHUm die noch nicht ausgereizten Potenziale für Solarenergie zu errechnen, wurden in der Katasteranalyse des Klimaschutzkonzeptes 3D-Gebäudemodelle zur Berechnung und Visualisierung verwendet. Nach Abzug von zu kleinen oder denkmalgeschützten Dachflächen ergeben sich etwa 55 Megawatt Peak nutzbares Potenzial. Um dieses auszuschöpfen, ist die Beratung zu Photovoltaik-Dachanlagen ein Teil der Energieberatung, welche die Bewohner*innen kostenlos in Anspruch nehmen können.

Zudem wird auch auf dezentrale Lösungen gesetzt. Zusammen realisieren die Köthen Energie GmbH und die Wohnungsgesellschaft Köthen mbH ein Mieterstromprojekt in einem von der Wohnungsgesellschaft modernisierten und teilweise barrierefreien Wohnblock in der Rüsternbreite in Köthen, welcher ab Mitte September 2021 genutzt werden soll. Über eine Photovoltaikanlage mit knapp 30 Kilowatt Peak erzeugt das Objekt Strom für den Eigenverbrauch der Mieter*innen. Ein notwendiger Reststrombedarf wird durch Ökostromlieferung aus dem öffentlichen Stromnetz abgedeckt, so dass eine Versorgung mit 100 Prozent Ökostrom möglich gemacht wird. Das Mieterstrommodell bietet den Mieter*innen einen stabilen und sicheren Strompreis und steigert gleichzeitig die Attraktivität der Immobilie für die Vermieter*innen. Durch die Umsetzung dieses Projekts positionieren sich Energieversorger und Wohnungsgesellschaft deutlich als Akteure für die Umsetzung der Energiewende auf kommunaler Ebene. Angebote und Serviceleistungen rund um den Einsatz erneuerbarer Energien spielen schon jetzt eine wichtige Rolle und werden in Zukunft weiter ausgebaut.

Aufbau des kommunales Energiemanagements

Nach seinem Amtsantritt konnte Klimaschutzmanager Kantert zudem verstärkt die Einführung eines kommunalen Energiemanagements betreuen. Hierbei werden Einsparpotenziale identifiziert sowie ein Monitoring des Energieverbrauches und der Energiekosten eingerichtet.

Gemeinsam mit der Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt GmbH hat die Stadt für den Aufbau und die Verstetigung eines Energiemanagement-Systems das onlinebasierte Werkzeug Kom.EMS eingeführt. Dieses Online-Tool ist eine gemeinsame Entwicklung der Energieagenturen Sachsen-Anhalts, Sachsen, Baden-Württembergs und Thüringens und bietet die Option der zentralen Evaluation der Energieeinsparerfolge in kommunalen Verwaltungen, um etwa die Wirksamkeit von Förderprogrammen zu überprüfen. Des Weiteren stellt es einen Fundus von Arbeitshilfen bereit, wie beispielsweise Muster-Beschlussvorlagen, Checklisten sowie ein Rechentool zu Energiesparmaßnahmen. Nach dieser Evaluierung von kommunalen Gebäuden sollen zukünftig Sanierungsfahrpläne erarbeitet werden, damit der energetische Gebäudezustand von kommunalen Liegenschaften in Bestand und Neubau als Vorbild für die restliche Stadt dienen kann.

Damit auch die Bürger*innen Köthens ihren Energieverbrauch und Treibhausgasausstoß in privaten Gebäuden verringern, kann eine kostenlose Energieberatung im Rathaus, durchgeführt durch die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt, in Anspruch genommen werden. Das Beratungsangebot umfasst etwa Themen wie die Steigerung der Stromeffizienz, baulicher Wärmeschutz oder den Ausbau der Erneuerbare Energien beispielsweise mit Wärmepumpen, solarer Warmwasserbereitung, Photovoltaik und Pelletheizungen im eigenen Haus bzw. der eigenen Wohnung. Darüber hinaus kann auch Auskunft über passende Förderprogramme von Land und Bund gegeben werden.

Selbst der Sektor Mobilität soll in Köthen klimafreundlicher gestaltet werden. Dafür hat die Stadtverwaltung bereits die Stärkung des Radverkehrs in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommune (AGFK Sachsen-Anhalt) ins Leben gerufen. Ausschlaggebend ist hierfür die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur. In diesem Kontext wurden bereits temporäre Fahrradzählanlagen eingesetzt und die Ertüchtigung von Fahrradboxen sowie die Aufstellung einer E-Bike-Ladesäule steht kurz bevor. Zusätzlich hat die Stadtverwaltung ein Standortkonzept für öffentliche PKW-Ladeinfrastruktur ausgearbeitet um den Aufbau eines Ladenetzes in der Stadt voranzutreiben.

In Köthen ist zudem das Institut für Energie- und Umwelttechnik Köthen e. V. der Hochschule Anhalt angesiedelt. An diesem Standort wird Forschung in den Feldern Umweltanalytik, Wasser- und Abwassertechnik, Photovoltaik und Elektrotechnik unterstützt. Gegründet wurde das Institut im Jahr 1995, Köthen kann jedoch bereits auf eine längere Tradition in der Hochschulausbildung zurückblicken. Seit 125 Jahren wird hier wissenschaftliche Lehre betrieben.

Wissenschaft, Unternehmen, Bürgerschaft sowie Stadtverwaltung: In der Bachstadt Köthen kommen engagierte Akteure zusammen und beteiligen sich an der Umsetzung des Maßnahmenkataloges, damit die Ziele aus dem Klimaschutzkonzept realisiert werden können.

Disclaimer

Um das Engagement des Bundeslandes Sachsen-Anhalt im Bereich der Erneuerbaren Energien zu würdigen und die vielfältigen Best-Practices aufzubereiten, stellen wir in diesem Jahr insgesamt fünf Kommunen aus dem Bundesland als Energie-Kommunen des Monats vor. Unterstützt wird die Kampagne vom Landesverband Erneuerbare Energien Sachsen-Anhalt (LEE) und dem Bundesverband Windenergie Sachsen-Anhalt (BWE). Weitere Infos zu Erneuerbaren im Land finden Sie auf den Seiten des LEE und des BWE.