Energie-Kommune des Monats: Dollnstein
Dezember 2013
Das oberbayerische Dollnstein liegt in der berühmten Ausflugsregion Naturpark Altmühltal. Die Marktgemeinde mit ihren 2.700 Einwohnern liegt mitten im Tal der Altmühl und bietet den vielen Besuchern neben Teilen der mittelalterlichen Befestigungsanlage und einer freskengeschmückten Pfarrkirche auch Naturdenkmäler wie den Burgsteinfelsen. Seit diesem Jahr hat Dollnstein aber auch noch ein Hightech-Highlight zu bieten, denn Dollnstein beheimatet eines der ersten intelligenten Wärmenetze in Deutschland. „Als Region, die Natur erlebbar machen möchte, sollte der Klimaschutz und damit der nachhaltige Umgang mit den natürlichen Ressourcen im Mittelpunkt der Bemühungen stehen“, betont der 2. Bürgermeister Wilhelm Radmacher. „Die Besucher, die nach Dollnstein kommen, erleben hier nicht nur eine atemberaubende Natur und historische Baudenkmäler, sondern auch neueste Umwelttechnik.“
Natur erleben, Klima schützen
Der Naturpark Altmühltal ist der drittgrößte Naturpark Deutschlands und eines der beliebtesten touristischen Ziele Bayerns. Mehrere Hunderttausend Besucher bewegen sich auf den Spuren des versteinerten Urvogels Archaeopteryx oder erkunden die faszinierende Kulturlandschaft auf dem 240 Kilometer langen Radweg entlang der Altmühl. Seit einigen Jahren wird dabei verstärkt auf E-Bikes gesetzt. Die notwendige Infrastruktur mit den entsprechenden Verleih- und Ladestationen wurde ausgebaut. „Die Radwanderer möchten das Naturerlebnis erhalten und da gehört die Nutzung der sauberen Erneuerbaren Energien dazu“, zeigt sich Wilhelm Radmacher überzeugt. „Ein Vielzahl von Kaminen die Rauch rausblasen sind für Touristen nicht besonders ansprechend.“ Dollnstein setzt dabei neben Photovoltaikanlagen auf ein Nahwärmenetz. „Ein Nahwärmenetz bietet älteren Menschen ein komfortables Heizungssystem, bei dem sie sich nicht mehr selber um die Reparatur des Kessels oder um die Brennstofflieferung kümmern müssen“, erklärt Radmacher. „Außerdem erhoffen wir uns ein attraktives Angebot für junge Menschen und tun damit etwas gegen den demographischen Wandel auf dem Land.“
Flexible Wärme
Die Idee zum Wärmenetz entstand, als 2011 neue Wasserleitungen verlegt werden sollten und die Kommune hier die Möglichkeit sah, die Baumaßnahmen auch für die Verlegung der Wärmenetze zu nutzen. Als erste Option wurde ein Wärmenetz auf der Basis von Biomasse angedacht, aber die Wirtschaftberechnungen zeigten, dass das Netz im Sommer nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte, da es für die durchschnittliche Netz-Temperatur von 80 Grad Celsius keinen entsprechenden Bedarf gab. Die Dollnsteiner suchten daher nach einer Möglichkeit, die Temperatur im Wärmenetz zu flexibilisieren und dem Verbrauch besser anzupassen. „Der engagierte Dollnsteiner Bürger Alfons Kruck brachte uns darauf, die Wärme des Grundwassers zu nutzen und in das Wärmenetz einzuspeisen“, erinnert sich Radmacher. Das bis zu 10 Grad warme Wasser wird mithilfe von Wärmepumpen erhitzt und liefert die „Grundlast“ des Netzes, mit 20-25 Grad. Hinzu kommt Energie aus solarthermischen Anlagen, die auf den Dächern der kommunalen Gebäude und Privatdächern angebracht sind. Dieses Wasser wird dann an den Übergabestationen in den einzelnen Haushalten auf die benötigte Temperatur gebracht. „In den Sommermonaten kann das Netz komplett über die solarthermischen Anlagen laufen und für den Strom der Wärmepumpen reicht die Photovoltaikanlage auf dem Dach der „örtlichen Schule“, erzählt Radmacher.
Smart Heat
Um das Potenzial der Solaranlagen auch dann zur Verfügung zu haben, wenn der Verbrauch da ist, gibt es mehrere Wärmespeicher in Dollnstein. Ein Speicher mit einem Fassungsvermögen von 27.000 Litern und einer Temperatur von 80 Grad sowie ein Speicher mit 15.000 Litern Fassungsvermögen und einer Temperatur von 30 Grad bilden das Rückgrat des Speichersystems. Hinzu kommen noch einige 300-Liter-Tanks in den Privathaushalten. Alle Komponenten sind miteinander verbunden und informieren sich über die jeweilige Wärmbereitstellung und den Bedarf der Verbraucher. „Strom- und Wärmebereitstellung sowie die Verbraucher sind hier in einem intelligenten System miteinander vernetzt“, meint Radmacher. „Man kann hier in Dollnstein schon von einem intelligenten Wärmenetz reden.“ Für Spitzenzeiten gibt es außerdem noch einen Holzhackschnitzelkessel, der direkt in das Wärmenetz einspeisen kann. „Die Investitionskosten in das gesamte Projekt belaufen sich insgesamt auf 1,6 Millionen Euro, die vielen Stunden an ehrenamtlicher Tätigkeit der Beteiligten nicht eingerechnet“, rechnet Radmacher vor. „Träger und Betreiber ist das kommunale Unternehmen Energie Dollnstein, welches neben dem Wärmenetz auch einige Photovoltaikanlagen betreibt.“ Um das Netz wirtschaftlich betreiben zu können, ist ein Verbrauch von etwa einer Millionen Kilowattstunden im Jahr nötig, der durch die Anschlussquote von etwa 75 Prozent übertroffen wurde. „Für die Menschen vor Ort ist insbesondere das unkalkulierbare Risiko der schwankenden Ölpreise entscheidend, um die Heizung auszutauschen“, sagt Radmacher.
Zukunft sichern
Doch es geht den Dollnsteinern nicht nur darum, für die Zukunft vorzusorgen, sondern auch, um in die Zukunft zu investieren. Das Nahwärmeprojekt wird von vielen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Fachhochschule Ingolstadt begleitet und die örtliche Energiegenossenschaft „Neue Energie Dollnstein“ plant die Beteiligung an und die Errichtung von Windenergieanlagen. „Man weckt das Engagement der Menschen über die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen und zu beteiligen“, ist sich der 2. Bürgermeister Wilhelm Radmacher sicher. „Dank wirtschaftlicher Transparenz und Information bringen sich die Bürgerinnen und Bürger in Dollnstein mit viel Einsatz und ehrenamtlicher Arbeit beim Thema Klimaschutz ein.“
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