Energie-Kommune des Monats: Bundesstadt Bonn
Bonn zeigt, wie mit Gestaltungswillen und konsequentem Handeln die kommunale Energiewende vorangebracht werden kann. Klimaneutralität und weitgehende Selbstversorgung mittels Erneuerbarer Energien prägen heute das Selbstbild der ehemaligen Hauptstadt. Geplant ist die Senkung der städtischen CO2-Emissionen um 40 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts. Bis 2035 will die Stadt am südlichen Rand der Metropolregion Rhein-Ruhr endgültig klimaneutral sein. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, unterstützte die Stadt bereits im Mai 2020 Klimaschutzprojekte mit einem Sofortprogramm und einer Anschubfinanzierung von fünf Millionen Euro. Mit einer im letzten Jahr erlassenen Solarpflicht für Neubauten und einem umfangreichen Förderprogramm für Photovoltaik-Anlagen setzt die Stadt die richtigen Impulse, um bis 2035 klimaneutral zu werden. Unterstützt wird sie dabei nicht nur von ihren engagierten Bürger*innen, sondern auch von den Stadtwerken. Diese leisten mit grünen Stromtarifen, nachhaltiger Nahwärme und Investitionen im Verkehrssektor einen wichtigen Beitrag zur Transformation der Stadt.
Mit der Sonne auf dem Weg zur Klimaneutralität
In einem ersten Schritt musste die Stadtverwaltung Bereiche identifizieren, in denen möglichst große Minderungspotenziale bestehen. Aus dem Ergebnis dieser Bilanzierung geht hervor, dass die Stadt auf rund 40 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen hauptsächlich über die Stadtwerke Einfluss nehmen kann. In Anbetracht dessen wird gerade ein Maßnahmenplan aufgestellt. Klimaschutz ist aber immer auch eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung, weswegen im Mitwirkungsverfahren „Bonn4Future – Wir fürs Klima“ Bürger*innen eingebunden werden. Die Stadtverwaltung setzt bei der Umsetzung auf eine Mischung aus Informationsangeboten für Bürger*innen und lokale Unternehmen. Zur reibungslosen Abwicklung können sich Interessierte von der Bonner Energie Agentur seit mittlerweile zehn Jahren kostenlos und unabhängig beraten lassen. Großes Einsparpotenzial gibt es auch beim Strom. Mit 803.000 Tonnen CO2 entfallen über die Hälfte der Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich auf diesen Sektor. 36 Prozent davon entstehen wiederum in privaten Haushalten. Das vorhandene Einsparpotenzial will die Stadt in den nächsten Jahren konstant ausbauen. Dafür hat die Stadt als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen eine kommunale Solarpflicht durchgesetzt. Leider bleibt eine solche Verpflichtung bislang hinter ihrem Potenzial zurück, da abschließende Regelungen auf Landes- bzw. Bundesebene weiter auf sich warten lassen. In Ermangelung einer wünschenswerten überregionalen Gesetzgebung verpflichtet Bonn zumindest alle laufenden und zukünftigen Bauvorhaben im Rahmen des städtischen Gestaltungsspielraumes zum Bau von Photovoltaik-Dachanlagen (PV-Dachanlagen). Diese Pflicht greift für alle Vorhaben, bei denen die Stadt städtebauliche Verträge mit Eigentümer*innen und Investor*innen abschließt. Lediglich Dächer, die nachweislich wirtschaftlich ungeeignet sind, werden davon befreit.
Geeignete Dächer findet man der sonnigen Stadt, die vom Regenschatten der Eifel profitiert, aber genug. Laut dem Solarkataster der Stadt Bonn sind zwei Drittel der Dächer für die Solarenergiegewinnung geeignet. Rechnerisch könnten somit PV-Dachanlagen allein 53 Prozent des Bonner Strombedarfs decken. Neben der Solarpflicht für Neubauten setzt die Stadt bei der Steigerung der Erzeugungskapazitäten auf die Bonner Bürger*innenschaft. Bonner*innen profitieren nämlich seit September 2021 von einer Solarförderung für den Bau von PV-Dachanlagen, Anlagen an Fassaden, Mieterstromanlagen, Hybridkollektoren oder Solarthermie-Anlagen. Das Förderprogramm findet großen Zuspruch. Es konnten in den ersten Monaten des Programms bereits für mehr Anlagen eine Förderung zugesagt werden, als im gesamten Jahr 2021 installiert wurden. Rund 80 Prozent der beantragten Förderungen entfallen bisher auf Einfamilienhäuser. Hier will die Stadt in den nächsten Jahren noch nachsteuern, damit die Förderung auch für weitere Anlagenkonfigurationen noch attraktiver wird. Flankiert wird der Ausbau zusätzlich durch die Solaroffensive der Stadtwerke. Der öffentliche Energieversorger will Bonner*innen für die Möglichkeit einer eigenen PV-Anlage begeistern. Mit dem Angebot BonnPlus PV bietet er ein Modell ohne Investitions- und Anschaffungskosten, das den leichten Einstieg in die eigene PV-Dachanlage ermöglicht.
Die Stadtwerke haben auch schon selbst einiges an Erfahrung im Bereich der Solarenergie vorzuweisen. Sie sind aktuell an fünf Erneuerbare-Energien-Gesellschaften beteiligt, mit denen jährlich 60.000 Megawattstunden erneuerbarer Strom über PV-Anlagen produziert wird. Projekte mit Beteiligung der Stadtwerke und einem Gesamtvolumen von weiteren 40.000 Megawattstunden im Jahr befinden sich aktuell in der Planung. Zusätzlich dazu betreiben die Stadtwerke selbst aktuell PV-Anlagen in Bonn mit einer Gesamtleistung von 550 Kilowatt Peak. Weitere eigene PV-Projekte befinden sich aktuell auf gewerblichen sowie städtischen Gebäuden mit einem Gesamtvolumen von knapp 900 Kilowatt Peak in der Umsetzung.
Bonner Stadtwerke stärkt alle Sektoren
Die Stadtwerke überzeugen aber nicht nur mit ihrem Engagement beim Ausbau der städtischen Solarenergie. Mit dem Angebot RegionalStrom werden regionale Erzeuger*innen von erneuerbarem Strom gefördert. Gleichzeitig sollen die Kunden*innen regionale Erzeuger*innen besser kennenlernen. Der Tarif ermöglicht teilnehmenden Erzeuger*innen, ihren Strom direkt an den Kunden zu vermarkten. Besonders Anlagen, die nach 20 Jahren nicht mehr von der EEG-Förderung profitieren, können auf diesem Weg weiterhin wirtschaftlich sowie umweltfreundlich Strom erzeugen. So wird das Portfolio des Tarifs schon in diesem Frühjahr um eine weitere ausgeförderte Windkraftanlage ergänzt. Der Clou des Angebots für die Kunden*innen ist, dass sie gezielt aus einem Angebot verschiedener Erzeuger*innen wählen können. So kann jede*r für sich entscheiden, ob man über seine Stromrechnung Windkraft, Photovoltaik oder doch lieber Biomasseanlagen fördern will. Aber auch alle anderen profitieren vom grünen Strommix der Stadtwerke. Die im Oktober 2021 veröffentliche Stromkennzeichnung weist für den Strommix einen Gesamtanteil von 82 Prozent Erneuerbarer Energien aus.
Ein weiterer wichtiger Baustein für die Klimaneutralität ist der Ausbau einer nachhaltigen Wärme- und Kälteversorgung. Gemeinsam mit der Stadt Bonn sind die Stadtwerke an der Wärmeleitplanung beteiligt, die mittelfristig das Null-Emissionsziel ermöglichen soll. Wichtiger Bestandteil davon ist der Ausbau des Fernwärmenetzes. Dieses ist bereits heute 120 Kilometer lang und versorgt knapp 2800 Haushalte klimaneutral mit Wärme. Momentan werden 520 weitere Anschlüsse auf dem Gelände der Gallwitzkaserne im Osten der Stadt umgesetzt. Die bereitgestellte Wärme wird mittels Kraft-Wärme-Kopplung in einer städtischen Müllverwertungsanlage gewonnen. Dadurch werden jährlich über 194.000 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Aber auch dezentral geht die städtische Wärmewende voran. Seit 2019 versorgt beispielsweise das Biogasblockheizkraftwerk das im Stadtbezirk Bad Godesberg gelegene Neubaugebiet „Siebengebirgsterrassen“ mit nachhaltiger Abwärme aus dem Kraftwerk.
Neben dem Wärmenetz sind die Stadtwerke ebenso am Ausbau des städtischen Ladenetzes beteiligt. Unter dem Motto „Der Mobilitätswende Flügel verleihen!“ hat Katja Dörner – die Oberbürgermeisterin der Stadt – im Rahmen des Dialogs Nachhaltige Stadt schnelleres Handeln von den Regierungen in Bund und Ländern bei der Umsetzung der Verkehrswende gefordert. Ein wichtiger verbindender Baustein, ist das Projekt Emissionsfreie Innenstadt, in dem Stadt und Stadtwerke Bonn mit einem Volumen von gut 14 Millionen Euro, unterstützt durch 80 bis 90 Prozent Landes-Förderung, aktiv sind. So konnten schon Teile der zukünftig 36 Mobilstationen mit E-Ladesäulen, Fahrradparken und Sharing-Plätzen im Innenstadtbereich umgesetzt werden. Für den Privatverkehr soll das Netz aus 180 Ladepunkten um weitere 80 Ladesäulen sowie 14 Schnellladepunkte vor allem auf der rechtsrheinischen Seite der Stadt erweitert werden. Auch dem Rad- und Fußverkehr soll in der Zukunft eine noch zentralere Bedeutung zukommen. Bonn war hier bereits in der Vergangenheit gut unterwegs. Mit dem Beschluss, dem Bürgerbegehren „Radentscheid“ zu entsprechen, sollen noch einmal deutlich mehr gute Radwege, sichere Kreuzungen und mehr Fahrradabstellanlagen entstehen. Daneben wird die Elektromobilität in der Stadt noch durch zusätzliche Angebote wie dem Mietrollerservice Clara der Stadtwerke oder einer geplanten Seilbahn ergänzt. Zentral für eine emissionsfreie Innenstadt ist natürlich auch der öffentliche Nahverkehr. Hier wird aber die Elektrifizierung der Busflotte des Nahverkehrs schnellstmöglich vorangetrieben. Ziel ist es, dass ab 2024 ausschließlich emissionsfreie Busse beschafft werden. Gleichzeitig wird auch die Infrastruktur wie der Betriebshof Friesdorf im Stadtteil Bad Godesberg im Süden der Stadt an die neuen Erfordernisse angepasst. Die Transformation des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hin zur Emissionsfreiheit soll bis spätestens 2035 vollzogen sein. Damit wäre dann auch der ÖPNV entsprechend der Zielsetzung der Stadt klimaneutral.
Disclaimer
Um das Engagement der Nordrhein-westfälischen Kommunen im Bereich der Erneuerbaren Energien zu würdigen und die vielfältigen Best-Practices aufzubereiten, stellen wir in diesem Jahr insgesamt drei Kommunen aus dem Bundesland als Energie-Kommunen des Monats vor. Unterstützt wird die Kampagne vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V. (LEE NRW).
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