Waiblingen

März 2019

EKdM_Waiblingen_AhornwegBei Spaziergängen in der Altstadt von Waiblingen stechen die malerischen Fachwerkhäuser hervor. In der Kreisstadt des Rems-Murr Kreis, die nur zehn Kilometer nordöstlich von Stuttgart entfernt liegt, lohnt aber auch ein Blick von oben. Viele Dächer sind mit Solaranlagen bedeckt und zeigen, dass die Energiewende in der Stadt eine große Rolle spielt. „Waiblingen leistet trotz geringer Fläche einen erheblichen Beitrag zur dezentralen Energiewende in der Stadt“, erklärt Nils Boenigk, stellvertretender Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), zur Auszeichnung der Energie-Kommune des Monats März. So nutzt das stetig wachsende Waiblingen in Baden-Württemberg beispielsweise Neubaugebiete und Sanierungsarbeiten an Dächern, um Erneuerbare Energien zu integrieren.

Eindrucksvoll zeigt Waiblingen, dass die Energiewende trotz geringer Flächenpotenziale in der Stadt mit 56.552 Einwohnerinnen und Einwohnern machbar ist. Die Energie-Kommune des Monats hat sich hohe Ziele gesteckt: Bis zum Jahr 2030 sollen die CO2-Emissionen gegenüber 2005 um 50 Prozent gesenkt werden. Außerdem ist ein Anteil von Erneuerbaren Energien in Höhe von mindestens 25 beziehungsweise 40 Prozent am Endenergieverbrauch bei Wärme und Strom im Stadtentwicklungsplan vorgesehen.

Zur Umsetzung der Ziele wurde bereits im Jahr 2006 eine Solaraufbaupflicht eingeführt, die auch der Gemeinderat von Beginn an mittrug. So war es möglich, bei den Neubaugebieten mindestens 50 Prozent der geeigneten Dachflächen mit Solaranlagen auszustatten. Die Stadt Waiblingen ist in der Regel Eigentümer der Baugrundstücke, weshalb eine Aufbaupflicht im jeweiligen Bebauungsplan sowie eine privatrechtliche Verpflichtung für die Erwerberinnen und Erwerber verankert werden können. Die Wahl zwischen Solarstrom und Solarthermie bleibt freigestellt. Der Startschuss für die Erneuerbaren fällt demnach schon mit dem Bebauungsplan. „Durch die Solaraufbaupflicht schaffen wir einen rechtsgültigen Rahmen für die Energiewende und den flexiblen Ausbau von Erneuerbaren Energien in der Stadt Waiblingen“, erklärt Klaus Läpple, der Leiter der Abteilung Umwelt der Kreisstadt.

Die Solaraufbaupflicht zeigt Wirkung: Seit 2006 sind alleine dadurch bedingt weit über 550 Solaranlagen auf den Dächern der Stadt installiert worden, ein großer Teil davon ist in insgesamt elf Wohnbaugebieten zu finden. Die Stadt Waiblingen hat die erneuerbare Stromerzeugung von 430 im Jahr 2006 auf 8.860 Megawattstunden im Jahr 2018 erhöhen können. Der Großteil der Energie wird in das Stromnetz eingespeist, jedoch haben insbesondere Bürgerinnen und Bürger und auch das Gewerbe den Eigenstromverbrauch mit Erneuerbaren Energien für sich entdeckt. Als Eigenstromverbrauch wird der Stromverbrauch verstanden, der von einem Verbraucher aus eigenen Erzeugungsanlagen wie Solarstromanlagen auf dem Dach, befriedigt wird. Der selbst produzierte Strom wird vor Ort genutzt und nicht in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Klima, Bürgerinnen und Bürger sowie Gewerbe profitieren hier gleichzeitig, denn die Erneuerbaren erzeugen den Strom auf dem Dach in der Regel deutlich kostengünstiger als herkömmliche Anbieter.

Die Stadt zeigt, wie es geht
EKdM_Waiblingen_Karolinger TurnhalleWenn es um Erneuerbare Energie geht, sind die städtischen Gebäude nicht außen vor. 32 kommunale Gebäudedächer sind schon mit Solaranlagen belegt. Die Solaraufbaupflicht gilt nicht nur für den Neubau: Auch bei der Sanierung von städtischen Dächern kommt der Wille zur Energiewende zum Tragen, sodass die Stadt den Aufbau von Solaranlagen auch verwaltungsintern fördert. Zu den bereits genutzten Gebäudedächern gehören unter anderem Schulen und Kindertagesstätten, Turnhallen und das Rathaus, die insgesamt eine Leistung von knapp 1000 Kilowatt Strom erzeugen. Auch die Bürgerinnen und Bürger sind beteiligt und haben die Bürgersolarstromanlage auf dem Rathaus mit einer Verzinsung von rund drei Prozent mitfinanziert.

Für die Stadt Waiblingen gehört das Thema Wärme ebenfalls zur Energiewende. Bürgerinnen und Bürger haben bereits die Möglichkeit, über ein Fernwärmenetz mit Erneuerbaren Energien zu heizen. Dazu wird unter anderem anfallendes Klärgas aus dem Waiblinger Klärwerk verwendet, was auch von den Kommunalgebäuden zum Heizen genutzt wird. Zusätzlich sind an anderer Stelle Holzhackschnitzel-Anlagen sowie eine 700 Quadratmeter Dachflächen-Solarthermieanlage für die Wärmeversorgung verantwortlich. „Die Etablierung von Klimaschutzmaßnahmen – insbesondere auch des Ausbaus der Erneuerbaren Energien – in innovativen Projekten im Strom- und Wärmebereich ist in Waiblingen in der Kommunalpolitik verankert und macht Klimaschutz und Waiblingen zu Gewinnern“, betont der Oberbürgermeister Andreas Hesky.

Neubau wird klimaneutral
Für das Voranschreiten als innovative Stadt werden in Waiblingen derzeit zwei neue Baugebiete bilanziell CO2-neutral gebaut. So schafft das wachsende Mittelzentrum durch die Baugebiete neuen Wohnraum und die Energiewende wird direkt mitgedacht. Sobald ein Bauantrag eingereicht wird, muss mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten Excel-Tools die Klimaneutralität nachgewiesen werden. Ohne Erneuerbare Energien, ob auf dem Dach im Strom- oder im Wärmebereich, ist klimaneutrales Bauen nicht zu realisieren. Hier erhalten Bürgerinnen und Bürger einen transparenten Einblick und werden Teil der Energiewende. „Waiblingen hat durch die Solaraufbaupflicht und auch die neuen klimaneutralen Baugebiete klare Fakten für die Energiewende geschaffen. Es ist noch einiges zu tun, aber wer kann sich den Erneuerbaren noch verschließen“, sagt Klaus Läpple, anlässlich der Auszeichnung zur Energie-Kommune des Monats.

Fotos: Stadt Waiblingen