Prenzlau

August 2009

Die Stadt Prenzlau mit ihren rund 20.000 Einwohnern produziert schon seit vielen Jahren mehr Strom aus Erneuerbaren Energien als sie selbst verbraucht.  Die Stadt leistet besonders in der Strom- und Wärme- speicherung Pionierarbeit: Mit Tiefengeothermie, Biogas und einem geplanten Erdwärmespeicher wird schon bald die gesamte Innenstadt weitgehend mit Erneuerbaren Energien beheizt. Darüber hinaus soll ab 2010 mit Hilfe von Wasserstoff auch Windstrom gespeichert werden.

Prenzlau: Stadt der Erneuerbaren Energien

„Die Stadtverordnetenversammlung hat ein Leitbild beschlossen, nach dem Prenzlau eine Stadt der Erneuerbaren Energien sein soll“, sagt Prenzlaus ehemaliger Bürgermeister Hans-Peter Moser. Zwar hat die Stadt keine riesigen Fördersummen zu vergeben. Doch sie sieht es als ihre Aufgabe, Unternehmen und Bürger zu unterstützen, wenn sie die Initiative ergreifen. Beispielsweise bezuschusst die Stadt Prenzlau jährlich 20 private Solaranlagen mit je 500 Euro. Außerdem hat sie als Service für mögliche Investoren ein Dächerkataster erstellt. Hier bekommen Bürger eine Übersicht über die Dächer der öffentlichen Gebäude, die für eine Nutzung von Solarenergie in Frage kommen.

Wärme für den Winter speichern

Ekdm_Prenzlau_Gemeinde_PrenzlauNeu in Planung ist derzeit ein Erdwärmespeicher. Die ganzjährig anfallende Wärme der mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerke (BHKW) soll künftig in der warmen Jahreszeit einen Erdspeicher aufheizen und dort für die kalte Jahreszeit gespeichert werden. „Durch dieses Vorhaben wird die komplette Prenzlauer Innenstadt schon in Kürze nahezu ausschließlich mit Erneuerbaren Energien beheizt“, freut sich Hans-Peter Moser.

Für die Speicherung der Abwärme der Biogas-BHKWs wird auf einen Aquifer-Wärmespeicher in mehreren hundert Meter Tiefe zurückgegriffen. Die Wärme wird unterirdisch direkt in Wasser führende Gesteinsformationen gebracht. Um die Wärme zu speichern, wird über eine „kalte Bohrung“ Grundwasser entnommen, welches oberirdisch durch Wärme, z.B. von Blockheizkraftwerken oder Solaranlagen, erwärmt wird. Über eine zweite „warme Bohrung“ wird das erwärmte Wasser zurückgeführt. Soll die Wärme im Winter in einem Nahwärmenetz genutzt werden, wird das erwärmte Wasser aus dem Aquifer wieder an die Erdoberfläche gepumpt.

Die agri.capital, ein Unternehmen aus Münster, hat eine große Biogasanlage in Prenzlau gebaut und ist somit ein wichtiger Wärmelieferant. Zu der Biogasanlage gehören vier Blockheizkraftwerke mit einer elektrischen Leistung von 2 Megawatt. Abzüglich des Eigenverbrauchs, wird eine Wärmeleistung von 1,6 Megawatt eingespeist. „Die Stadtwerke haben mit der agri.capital einen Vertrag über die Abnahme von Wärme geschlossen“, erklärt Harald Jahnke, Geschäftsführer der Stadtwerke Prenzlau. „Für eine solche Anlage ist es wichtig, einen Wärmeabnehmer zu haben. Wir nehmen dem Betreiber im Jahr die Wärme aus 4.500 Stunden Volllastbetrieb ab. Manchmal werden Befürworter Erneuerbarer Energien ja als Rebellen dargestellt, die sich gegen die Energiewirtschaft auflehnen“, so Harald Jahnke. „Wir nutzen regenerative Energien jedoch, weil es energiewirtschaftlich sinnvoll ist.“

Erdwärme angezapft

EkdM_Prenzlau_Alexandra_SpitzaFür die Wärmeerzeugung wird in Prenzlau auch die Erdwärme genutzt. Eine Sonde, die bis in eine trockene Salzschicht in 2800 Meter Tiefe ragt, zapft die Erdwärme an. Die Sonde besteht aus einem doppelwandigen Rohr, in dem Wasser einen geschlossenen Kreislauf bildet. Im äußeren Ring des Rohres wird Wasser nach unten gepumpt und erhitzt sich im 108 Grad heißen Salzstock. Durch das Innenrohr wird das heiße Wasser zur Heizzentrale an die Oberfläche gepumpt. Die Wärme wird in ein Fernwärmenetz gespeist, das einen Teil der Prenzlauer Innenstadt heute schon mit Wärme und Warmwasser versorgt. „Der Betrieb ist sehr zuverlässig, wartungsarm und kostengünstig“, erklärt Harald Jahnke.

Wasserstoff als Windkraftspeicher

Am 21. April 2009 legte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Grundstein für ein völlig neues Projekt: Ein Prenzlauer Unternehmen will bis 2010 in der Nähe von Prenzlau ein neuartiges Hybridkraftwerk bauen. Dessen Kern bildet ein Wasserstoffkraftwerk, das aus Windkraft gewonnenen Strom dazu nutzt, durch Elektrolyse Wasserstoff herzustellen. Je nach Bedarf kann der Wasserstoff dazu genutzt werden, in zwei ebenfalls geplanten Blockheizkraftwerken Strom und Wärme zu erzeugen oder direkt als Kraftstoff für Wasserstoffmotoren Autos anzutreiben. Der Markt befindet sich gerade im Aufbau. Das Hybridkraftwerk, das neben Wind und Wasserstoff auch von Bauern aus der Region angeliefertes Biogas verwertet, ist in seinem industriellen Maßstab das Erste seiner Art. Bundeskanzlerin Merkel bezeichnete deshalb das Projekt als „qualitativen Meilenstein“ bei der Nutzung regenerativer Energien. Vorteil der 21 Millionen teuren Anlage ist, dass sie auf Windschwankungen sehr flexibel reagieren und genau jene Menge Energie ins Stromnetz einspeisen kann, die benötigt wird. Ist das Stromnetz ausgelastet, kann die Windenergie entsprechend gespeichert und zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt verwendet werden.

Zum Hybridkraftwerk in Prenzlau gehören drei Windräder, die über eine Gesamtleistung von 6 Megawatt verfügen, eine Biogasanlage, die von 21 Landwirten mit Mais beliefert wird, und ein Blockheizkraftwerk, das aus Biogas und Wasserstoff Strom und Wärme erzeugt.

Fotos: Alexandra Spitza und Gemeinde Prenzlau