Energie-Kommune des Monats: Dieburg

April 2020

ekdm_dieburg_fiege_pv-anlageDie hessische Stadt Dieburg hat vor über zehn Jahren begonnen, ihre 16.000 Einwohner*innen in Entscheidungen der Kommunalverwaltung einzubinden und dafür im Jahr 2010 eine Plattform geschaffen. Ausgehend vom 2007 angestoßenen Stadtleitbildprozess fand sich in Dieburg eine Gruppe engagierter Bürger*innen zusammen, die ab 2013 an der Entwicklung eines Klimaschutzkonzeptes für die Stadt mitwirkte. Themen wie Klimaschutz oder Energie- und Wärmewende wurden so weit oben auf die städtische Agenda gesetzt. Mit dem Energiebürgertisch Dieburg konnte sich eine wichtige Plattform etablieren, die dauerhaft allen Bürger*innen die Mitarbeit an der Energie- und Wärmepolitik der Stadt ermöglicht. Die Besetzung wechselt, das Interesse bleibt. In Zusammenarbeit mit der Kommunalverwaltung hat der Energiebürgertisch auch maßgeblich bei der Erstellung des Klimaschutzkonzeptes der Stadt mitgewirkt.  

Der Energiebürgertisch hilft, Projekte möglichst bürgernah zu gestalten, gewährleistet aber auch, dass immer wieder neue Initiativen in den Blick gerückt und so in der Stadt sichtbar werden. So stehen lokale Entscheider*innen auch bei aktuellen Projekten im engen Austausch mit dem Bürgerenergie-Tisch. Im Jahr 2019 wurde dann die Klimaschutzmanager-Stelle geschaffen, um die Projekte weiter voranzutreiben. Dieser Schritt schafft in der Gemeinde die Kompetenz, Maßnahmen auch über lange Zeiträume zu planen und durchzuführen. „Grundsätzlich sieht man, dass gerade beim Thema Wärmewende die Entscheider sensibilisiert werden müssen, dass man bei solchen Projekten die Wirtschaftlichkeit auf den gesamten Lebenszyklus betrachtet und nicht nur die Erstinvestition sieht, da deren Amortisation nicht über 5 Jahre, sondern über einen längeren Zeitraum stattfindet“, betont Dieburgs Klimaschutzmanager Andreas Achilles.

Über Bürgerenergiegenossenschaften zu mehr Akzeptanz 
Achilles plant, den Strombedarf des städtischen Kindergartens über Photovoltaikanlagen zu sichern. Erstmals in der Geschichte der Stadt sollen die Anlagen durch eine Bürgerenergiegenossenschaft finanziert werden. Hierfür soll zuerst den Anwohner*innen die Möglichkeit geboten werden, Anteile zu kaufen und so am Projekt mitzuwirken. „Bei Projekten, bei denen die Leute aktiv mitmachen und sich beteiligen können, entsteht daraus hoffentlich ein Anstoß für Gewerbe ähnlich Projekte umzusetzen“, erklärt Achilles. Heute schon deckt die Stadtverwaltung ihren Energiebedarf über einen regionalen Ökostromversorger und treibt die Installation von Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden konstant voran.

Der Klimaschutzmanager hebt hervor, dass dies ein erster Schritt sei, der im Idealfall den Anstoß zur Umsetzung weiterer privater Wärme- und Energieprojekte gibt. Auch die in Dieburg ansässigen Unternehmen sollen mittelfristig ihre Flächen zur Gewinnung von Energie nutzten, da gerade dort das größte Potenzial für die Erzeugung von Erneuerbarer Energie liegt. Die Strategie geht auf: Vergangenes Jahr ging die größte Photovoltaik-Anlage Hessens in Betrieb. Auf dem Dach der Dieburger Niederlassung des Unternehmens Fiege produziert die Anlage 6,5 Gigawattstunden Erneuerbare Energie pro Jahr und kann damit etwa 1.625 Haushalte nachhaltig mit Strom versorgen. Gleichzeitig werden damit jährlich bis zu 1.193 Tonnen CO2-Emmissionen vermieden. Projekte wie dieses sowie die enge Zusammenarbeit zwischen Bürgern*innen, Gewerbe und Stadt sollen garantieren, dass Dieburg auch in Zukunft zuverlässig, dezentral und immer nachhaltiger mit Wärme und Energie versorgt wird.

Vom Hallenbad bis zum Neubaugebiet – Dieburgs Ambitionen in der Wärmewende
EKdM_Dieburg_BHKWDie Wärmewende ist ein wichtiger Pfeiler im Klimaschutzkonzept der Stadt.  Einige Gebäude werden schon jetzt über Hackschnitzelanlagen oder Pelletheizungen klimafreundlich versorgt und die städtische Kläranlage verfügt seit 2017 über ein Blockheizkraftwerk. Mittels Klärgas, das bei anaeroben Abbauprozessen im Faulturm entsteht, werden dort jährlich bis zu 255 Megawattstunden (MWh) Strom und 363 MWh Wärme nachhaltig erzeugt. Der Großteil des Wärmebedarfs der Stadt wird aber noch aus fossilen Energieträgern gedeckt, es besteht also weiterhin großes Potenzial durch den Einsatz neuer Technologien, die Wärmeversorgung immer nachhaltiger zu gestalten.

Beispielsweise gelingt es dem Freibad der Stadt noch nicht, seinen Wärmebedarf komplett durch den Einsatz von Solarthermie zu decken. Das soll mit dem Bau des neuen Hallenbades mit Wärmeleitzentrale geändert werden. Ende September 2021 soll das neue Hallenbad in Betrieb gehen. Gemeinsam mit dem regionalen Energieversorger wird zurzeit ein Konzept entwickelt, das nicht nur die Versorgung des Hallenbades, sondern auch des benachbarten Freibades mit nachhaltiger Wärmeenergie sicherstellen soll. Für die Wärmewende in Dieburg ist dieses Vorhaben nicht nur wegen seines Beitrags zur nachhaltigen Nutzung von Energie wichtig, sondern auch dessen vollständige Finanzierung durch einen lokalen Wassersportverein hat Vorbildcharakter. „Wir als Gemeinde schauen, dass wir alle Beteiligten an einen Tisch bringen, um dort dann auch zu vermitteln“, so der Klimaschutzmanager. Durch diese Zusammenarbeit zwischen Anwohner*innen und Verwaltung wird dabei nicht nur die Wärme- und Energiewende vorangetrieben, sondern auch die Akzeptanz von erneuerbaren Energieträgern innerhalb Dieburgs gefestigt. Auch die Installation eines intelligenten Heizungssystems im städtischen Rathaus ist Bestandteil des Wärmewende-Konzepts der Stadt. Über 140 Thermostate regeln die Wärmezufuhr des Gebäudes intelligent, so soll der Wärmebedarf um bis zu 15 Prozent reduziert werden. Während solche Maßnahmen einen ersten Schritt darstellen, betont der Verantwortliche, dass gerade bei der Umsetzung der Wärmewende langfristige Planung notwendig sei, um eine wirtschaftliche und nachhaltige Versorgung gewährleisten zu können. Dahingegen lassen sich andere Schritte wie beispielsweise die Nachrüstung der städtischen Gebäude mit energiesparenden Leuchten deutlich schneller umsetzen.

Ein Zukunftsprojekt ist das geplante Neubaugebiet Dieburg-Süd. Noch ist das Projekt in der Konzeption. Ziel ist es, in wenigen Jahren auf einem 40 Hektar umfassenden Gebiet 150 Wohneinheiten und ein angeschlossenes Gewerbegebiet über ein kaltes Nahwärmenetz zentral und nachhaltig mit Wärme zu versorgen. Für solche langfristigen Projekte müssen Bürgerschaft und kommunale Entscheider*innen eng zusammenarbeiten. „Dabei hat die Gemeinde Glück, dass sie schon immer dem Klima positiv eingestellte Amtsträger hatte. Aktuell rückt das Thema aber immer mehr in den Fokus, weil man mittlerweile erkannt hat, dass man nicht nur rein die Wirtschaftlichkeit sehen kann, wenn es um die Energieversorgung geht“, resümiert der Klimaschutzmanager.

Fotos: Fiege Gruppe; Stadt Dieburg

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