Energie-Kommune des Monats: Region Bayreuth

Juli 2024

Die Region Bayreuth liegt in Oberfranken, sie umfasst den Landkreis Bayreuth und die kreisfreie Festspiel- und Universitätsstadt Bayreuth. Über wechselseitige Arbeitsplatz- und Wohnortverflechtungen sind Stadt und Umland eng miteinander verbunden – so auch, wenn es darum geht, die Energiewende voranzutreiben. Als Verwaltungsmittelpunkt des Regierungsbezirkes Oberfranken, Universitätsstandort und bedeutendes Wirtschafts-, Kultur- und Schulzentrum ist die Stadt Bayreuth ein Oberzentrum und strahlt auf die Region aus. In der Region liegen 34 Städte, Märkte und Gemeinden mit insgesamt rund 180.000 Einwohner*innen.

Bedingt durch seine ländliche Struktur und die Flächengröße als größter Landkreis Oberfrankens hat der Landkreis Bayreuth ein hohes Potenzial für die Nutzung von Erneuerbaren Energien. Der Landkreis erzeugt aktuell rund 14-mal mehr erneuerbaren Strom als die Stadt Bayreuth. Schon seit 2017 kann der Landkreis seinen Stromverbrauch komplett aus Erneuerbaren Energien decken und erzielt damit jährliche Überschüsse zwischen 20 bis 50 Prozent. Diese Überschüsse werden in das Stromnetz eingespeist und können somit auf kurzen Leitungswegen zur Deckung des Strombedarfes der Stadt Bayreuth genutzt werden, der rund ein Viertel höher ist als der Stromverbrauch im Landkreis. Da durch Elektromobilität und Wärmepumpen der Strombedarf steigen wird, treibt auch die Region Bayreuth den Ausbau der Erneuerbaren weiter voran – und zwar durch erfolgreiche Stadt-Land-Kooperationen beim Klimaschutzmanagement und den Mobilitätsangeboten. Zudem profitiert die Region von ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement, den Energie- und Batterieforschungszentren der Universität Bayreuth, der Transformationsplattform „forum1.5“ sowie den innovativen Zukunftsplänen der Gemeinden im Landkreis und der Stadtwerke Bayreuth.

Foto: Landkreis Bayreuth

Energiewende als Gemeinschaftsaufgabe von Stadt und Landkreis

Für die Erzeugung erneuerbarer Energien wird Fläche benötigt. Daher ist eine enge Zusammenarbeit der Stadt, die durch dichte Bebauung aber vergleichsweise geringe Freiflächen für Energiegewinnung einen hohen Stromverbrauch hat und primär Dach- und Parkplatz-Photovoltaik (PV) sowie integrierte PV zur Stromerzeugung nutzen kann, und des Landkreises mit großen Flächen, die zur Energieerzeugung genutzt werden können, Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Eine Abschätzung des maximal auf Dächern der Stadt und auf einstrahlungsbedingt gut geeigneten Parkplätzen erzeugbaren Stroms würde sich auf circa 350 bis 375 Gigawattstunden pro Jahr belaufen, basierend auf dem Solarkataster der Region.

Mit einer Machbarkeitsuntersuchung wurde 2022 eine gemeinsame Solaroffensive gestartet mit dem Ziel, Liegenschaften von Stadt und Landkreis Bayreuth möglichst umfassend mit PV-Anlagen auszustatten. Diverse Liegenschaften mit insgesamt 121 Dachflächen sowie Parkplätze für die Errichtung von Solarcarports wurden untersucht. Ausgewählt wurden Gebäude, die nicht in den nächsten Jahren generalsaniert werden müssen und nicht denkmalgeschützt sind. Zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der PV-Anlagen wurden Gebäudepläne ausgewertet und Lastgangdaten erhoben. Es zeigte sich, dass bei einem großen Teil der Liegenschaften die Maximalbelegung wirtschaftlich darstellbar ist. 2024 wurden die ersten PV-Anlagen errichtet. Begleitet wird die Aktion mit einer Informationskampagne für Solaranlagen wie etwa Plakaten, Social Media, Kino- und Rundfunkspots sowie einem Online-Solarrechner als wichtiges Planungstool.

Die regionalen Planungsverbände prüfen derzeit die Flächenkulisse für neue Windvorranggebiete. Dabei konnten Kommunen Vorschläge zu Flächen abgeben. Während im Landkreis viele neue Flächen geprüft werden, ist für die Stadt Bayreuth nur ein sehr kleiner Bereich möglich, der nur ein bis zwei Windrädern Platz bietet. Um eine relevante Größe für das Projekt zu erreichen, wurde ein gemeinsamer Flächenvorschlag einer angrenzenden Landkreisgemeinde und der Stadt abgegeben, aus den zwei Einzelflächen ein relevanteres Gebiet gemacht. Der Kontakt war über die zwei Klimaschutzmanagements entstanden. Ob die Fläche ausgewiesen wird, ist noch offen.

Erfolgsfaktor bei der Energiewende: Information und Aktivierung der Zivilgesellschaft

Foto: Bernd RothammelDie Mobilisierung der Zivilgesellschaft findet durch intensive und umfassende Informationskampagnen und Workshops zu Solarenergie, energetischer Sanierung, erneuerbarer Wärme und Elektromobilität für verschiedene Zielgruppen statt. Ein Beispiel ist das jährliche ganztägige Bayreuther Klimaschutzsymposium, die gemeinschaftliche Veranstaltung Frühjahrsforum 2024 mit dem forum1.5 der Universität Bayreuth. In Vortragsreihen mit den Volkshochschulen der Region erläutern Energieeffizienzberater*innen, Wissenschaftler*innen und Beschäftigte der Stadtwerke über aktuelle Energiethemen. Im Umweltbildungsbereich werden Kinder spielerisch an den bewussten Umgang mit Energie herangeführt, zum Beispiel durch die Kampagne „Kleine Klimaschützer unterwegs“, ein Klimakasperletheater, Teilnahme an der CO2-Schulchallenge der Europäischen Metropolregion Nürnberg oder den Klima-Exit-Room.

Durch diese gemeinsame Arbeit im Bereich der Sensibilisierung und Information konnte auch die Gründung der ersten Bayreuther Bürger*innenenergiegenossenschaft für das gesamte Gebiet der Stadt und des Landkreises, der BayTEG eG, angestoßen und unterstützt werden.

Vorteile durch die Zusammenarbeit

„Durch das gemeinsame Agieren von Stadt und Landkreis können mehr Themen abgedeckt und Ressourcen gespart werden. Gerade im Energiesektor ist die Vernetzung über den eigenen Wirkungskreis hinaus wichtig. Dadurch wird nicht nur ein größerer Fundus an Expertise und Know-how ausgetauscht, sondern auch die Reichweite einzelner Maßnahmen deutlich erhöht“, bestätigt Landrat Florian Wiedemann. So gibt es jeweils zwei Klimaschutzmanagementstellen und jeweils eigene Regional- und Verkehrsplaner*innen. In vielen Fällen spart dies personelle Ressourcen für Recherche, Ausschreibung und Projektumsetzung. Um die Chancen einer intensiveren Vernetzung von ländlichem Raum und der Stadt Bayreuth zu nutzen, wurde 2008 ein gemeinsames Regionalmanagement Stadt und Landkreis Bayreuth begründet. Erneuerbare Energien, Klimaschutz und Klimaanpassung sind dabei wichtige Themenfelder.

Strategisch-konzeptionelle Festlegungen bei Mobilität und Energie

Foto: Landkreis BayreuthDas Regionalmanagement, ein Regionalausschuss und abgestimmte Nahverkehrspläne schaffen hierfür den synergetischen Rahmen. So haben die Pläne von Landkreis und Stadt ein einheitliches Kapitel, in dem die synergetische Verknüpfung von Stadt- und Regionalverkehr und die daraus resultierenden Planungs- und Finanzierungsansätze festgeschrieben sind. Die Elektrifizierung der kommunalen Fuhrparks ist in den letzten Jahren maßgeblich vorangeschritten. Der Landkreis Bayreuth wird sein für 2025 gesetztes Ziel, 60 Prozent der Dienstfahrten elektrisch zurückzulegen, deutlich übertreffen, bis 2030 wird eine Quote von 90 Prozent angestrebt. Grundlage ist ein vom Bund gefördertes Elektromobilitätskonzept sowie darauf aufbauend ein integriertes Mobilitätskonzept. Die Stadtwerke Bayreuth haben im Jahr 2023 eine Studie für einen klimafreundlichen Stadtbusverkehr erstellt. Dabei zeigte sich, dass Wasserstoff in Bayreuth vorteilhafter gegenüber dem rein elektrischen Betrieb ist. Daher wollen die Stadtwerke Bayreuth die gesamte Flotte auf Wasserstoffbusse umstellen – bereits 2026 sollen die ersten durch Bayreuth rollen.  Der grüne Wasserstoff soll in einem eigenen Elektrolyseur erzeugt werden, der Strom hierfür aus einem städtischen Solarpark kommen. Derzeit wird ein Mobilitätskonzept in der Stadt ausgearbeitet, das auch den Pendlerverkehr berücksichtigt. Für den Radpendlerverkehr etwa liegt bereits ein Konzept vor, das den Fokus auf den Ausbau sicherer und attraktiver Radpendlerrouten legt. Die Mobilität von und zum Campus der Universität Bayreuth wird durch das Kooperationsprojekt „Postfossil mobile Universität“ optimiert. Gemeinsam bemühen sich Stadt und Landkreis darüber hinaus um die Elektrifizierung der Bahnlinie Sachsen-Franken-Magistrale.

In Bayreuth versorgt zudem ein Biomasse-Nahwärmenetz des Bezirks die größte Wohnanlage der Stadt, mehrere Schulen, Ämter und die Landwirtschaftlichen Lehranstalten. Im Landkreis gibt es vergleichbare Projekte, unter anderem wird eine Therme mit Biomasse-Blockheizkraftwerk (BHKW) beheizt. Das Weltkulturerbe Markgräfliches Opernhaus in Bayreuth wurde über mehrere Jahre saniert und dabei energetisch optimiert. Man nutzt das Wasser des unter dem Opernhaus verlaufenden Mühlkanals, um eine Wärmepumpe zu betreiben, die sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen eingesetzt werden kann.

Als Initialzündung gemeinsamen Agierens gilt die Bewerbung Bayreuths als eine der 25 Bioenergie-Modellregionen in 2008. Mit Hilfe von Bundes-, Landes und EU-Mitteln konnte bis 2025 am weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien gearbeitet werden, insbesondere bei der umwelt- und sozialverträglichen Nutzung von Biomasse sowie bei der Konfliktvermeidung um die Landnutzung. Durch Netzwerkaktivitäten, Öffentlichkeitsarbeit und konkrete Projekte wie der Bioenergieregion und dem kommunalen Klimaschutzmanagement wurde das Bewusstsein für die Vorteile Erneuerbarer Energien in der Region Bayreuth gestärkt.

Auch Windenergieanlagen (WEA) haben bereits Tradition in der Region: Schon Ende der 1990er Jahre wurden in Speichersdorf zwei WEA als Bürger*innenenergieanlagen errichtet, heute hat etwa die Stadt Pegnitz mit der Errichtung von vier WEA eine wichtige Vorreiterrolle: Durch Eingliederung in einen Eigenbetrieb wurde eine 100-prozentige Bürger*innenbeteiligung für den größten kommunalen Windpark Bayerns erreicht, der Strom für 7.500 Haushalte liefert. Aktuell sind 49 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 122 Megawatt (MW) im Landkreis Bayreuth installiert. Darunter auch ein Windpark am  Weitere drei Megawatt aus Wind liefern vier Anlagen am Stadtrand von Bayreuth, dessenas Areal um den Windpark wird als Naherholungsgebiet gut angenommen wird.

Foto: Bernd Rothammel

Die Stadt Bayreuth hat sich intensiv mit Energiedatenmanagement beschäftigt. „Die Erfassung geht zurück bis 2001 und damit sind wir Vorreiterkommune“, weiß Oberbürgermeister Thomas Ebersberger. Jährlich werden 25 Schulen, zwei Rathäuser, der Stadtbauhof, drei Kindertagesstätten, vier Sportanlagen, drei Mehrzweckgebäude, die Stadtbibliothek und VHS, das Richard-Wagner-Museum und zwei Erweiterungsgebäude im Energiebericht erfasst. „Insgesamt haben wir so knapp 10 Millionen Kilowattstunden Strom eingespart“, ergänzt der OB.

Seit 2022 betreiben die Stadtwerke Bayreuth auf dem Unicampus das bundesweit erste innovative KWK-System. Dieses iKWKS kombiniert BHKW, Wärmepumpen und elektrische Wärmeerzeuger für maximale Flexibilität bei der Energiebereitstellung. Ein Neubau beherbergt ein BHKW mit 3,35 MW elektrischer und 3,3 MW thermischer Leistung sowie zwei Luft-Wärmepumpen mit je 650 Kilowatt Heizleistung. Eine integrierte Power-to-Heat-Anlage mit 6 MW elektrischer Leistung und drei Heißwasser-Pufferspeichern (je 800 Kubikmeter) nutzt überschüssigen Strom für die Wärmebereitstellung. So vermeidet das iKWKS jährlich etwa 5.000 Tonnen CO2-Emissionen.

Zwischen der Universität und der Region Bayreuth ist ein konstanter und intensiver Austausch vorhanden. Nicht nur sind in der Lenkungsgruppe Klimaschutz des Landkreises und im Beirat für nachhaltige und stadtklimagerechte Planung und Stadtentwicklung Wissenschaftler*innen der Universität intensiv eingebunden, es besteht auch ein reger Austausch in temporären Projekten in den Feldern Stadtplanung, Energiewende, Mobilität und Innovation.


Die Auszeichnung zur Energie-Kommune des Monats steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.